Piraten feilten am Sonnabend auf dem Landesparteitag in Henstedt-Ulzburg am politischen Profil und einer besseren Parteistruktur.
Henstedt-Ulzburg. Ein Jahr vor der Bundestagswahl wollen die Nord-Piraten wieder zurückfinden zum Erfolgskurs. Bei manchen Parteien wisse man schon vorher, was kommt – „stellt euch breiter auf“, riet am Sonnabend in seinem Grußwort zur Eröffnung des Landesparteitags der Bürgervorsteher von Henstedt-Ulzburg (Kreis Segeberg), Carsten Schäfer, der schleswig-holsteinischen Piratenpartei.
Genau dazu waren am Sonnabend rund 100 der fast 1100 Parteimitglieder ins Bürgerhaus gekommen – im Hinterkopf die jüngsten bundesweiten Umfragewerte von nur noch vier Prozent für die Piraten. Der Durchmarsch durch die Landesparlamente von Berlin, dem Saarland, Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen hin zum Bundestag 2013 ist damit unsicher. In Schleswig-Holstein wollen die Piraten im nächsten Frühjahr ihre Kandidaten für die Bundestagswahl bestimmen.
Zuvor gilt es, das programmatische Profil zu schärfen. Erste Bausteine für ein Grundsatzprogramm des Landesverbandes sollten bei dem zweitägigen Treffen beschlossen werden. Mehr als 40 Programmanträge standen zur Debatte – zu fast allen politischen Themen, von der Umwelt, über Bildung und Verkehr bis zur Landwirtschaft. Aber auch ein Antrag „Jeder Mensch hat das Recht auf die eigene Macke“ war dabei. Zahlreiche Arbeitsgemeinschaften stellten sich vor und baten um Mitarbeit von Parteimitgliedern.
Spannung im Saal kam am Sonnabendnachmittag auf, als Fraktionschef Patrick Breyer der Basis über die Arbeit der Landtagsfraktion berichtete: Anträge für das Landtagswahlrecht ab 16, für die Streichung der Elternbeteiligung an Schulfahrtkosten, zu den Gema-Gebühren, zum Schutz der Privatsphäre und Freiheit im Internet. Höhepunkt aus seiner Sicht seien aber die umstrittenen Geschäftsordnungsanträge der Piraten für mehr Transparenz und Mitbestimmung im Parlament und Ältestenrat.
„Ein gewisses Donnergrollen war wohl notwendig, damit die anderen Parteien uns ernstnehmen.“ Im Streit um mehr Transparenz der bisher vertraulichen Sitzungen des Ältestenrats deutete Breyer Kompromissbereitschaft der Piraten an: „Eine Lösung könnte sein, dass zumindest die Tagesordnung und die Ergebnisse der Sitzungen im Nachhinein veröffentlicht werden.“ Für die kommende Wochen habe die Fraktion „noch zwei, drei Knaller“ auf Vorrat, die er aber aus taktischen Gründen noch nicht nennen wolle.
Die fünf anwesenden Fraktionsmitgliedern standen danach auf der Bühne den Parteimitgliedern Rede und Antwort. Was habt ihr bisher gemacht, wie ist der Kontakt mit anderen Parteien, gibt es Lobby-Kontakte, wonach richtet sich euer Abstimmungsverhalten? lauteten Fragen. Direkte Demokratie, keine Hinterzimmerpolitik, ein ständiger Austausch und die Rückkopplung zwischen Basis und Abgeordneten – das gehörte auch in Henstedt-Ulzburg zum Kern des Selbstverständnisses der Piraten.
„Es ist wohltuend, dass der bei Piraten-Treffen nicht selten aggressive Kommunikationsstil diesmal nicht unseren Parteitag prägt“, sagte ein Parteimitglied. Fast familiär wirkte der Umgangston, Jeans, T-Shirts und Nickis prägten das Outfit. Viele Mitglieder hatten ihre Laptops mit. Bis zum Sonnabendnachmittag wurden inhaltliche Anträge nicht verabschiedet.