Nach dem AKW-Stresstest wird mehr Erdbebensicherheit an norddeutschen Standorten gefordert. Planungen in Brokdorf laufen bereits.

Kiel. Das von der EU empfohlene Erdbebenfrühwarnsystem für Atomkraftwerke soll am schleswig-holsteinischen Standort Brokdorf eingeführt werden. Dies bekräftigte der Leiter der schleswig-holsteinischen Atomaufsicht, Wolfgang Cloosters, nach der Bekanntgabe der Ergebnisse des europaweiten Stresstests am Donnerstag. „Die Abstimmungen dazu laufen zwischen der Atomaufsicht und den Betreibern des Brokdorfer Kernkraftwerks schon seit Monaten“, sagte Cloosters. Der Betreiber E.ON stelle sich den neuen Anforderungen. „Wir sind dabei, das zu installieren“, bestätigte eine E.ON-Sprecherin.

Nach dem bislang gültigen „nationalen kerntechnischen Regelwerk“ sei ein solches System für die Anlagen im Norden nicht vorgeschrieben gewesen, erläuterte eine Sprecherin des Kieler Umweltministeriums. EU-Experten hatten zuvor in Brüssel erklärt, bei den Atomkraftwerken in Norddeutschland in puncto Erdbebenwarnung Handlungsbedarf zu sehen. Zunächst müsse der Bericht sorgfältig ausgewertet werden, bevor weitere Schlüsse gezogen werden, so Cloosters.

Die Atomaufsicht befasst sich nach eigenen Angaben – gerade nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima – auch mit der Verbesserung der Notfallmaßnahmen. „Verschiedene Maßnahmen sind da auch schon realisiert worden, aber das Themenfeld ist noch nicht abgeschlossen“, sagte Cloosters.

Insgesamt bemängelt der EU-Bericht auch sechs Anlagen in Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Im Norden ist nur Brokdorf noch aktiv. Bundesweit waren zwölf Standorte mit 17 Reaktoren untersucht worden. Betreiber und Experten verweisen darauf, dass kaum noch Anlagen in erdbebengefährdeten Gebieten in Deutschland betrieben werden. So wurde etwa das umstrittene hessische Atomkraftwerk Biblis im erdbebengefährdeten Rheingraben vom Netz genommen. Der EU-Bericht bemängelt zudem, dass die deutschen Betreiber die internationalen Leitlinien für schwere Unfälle bei allen Anlagen nicht umgesetzt hätten.

Beim EU-Gipfel am 18./19. Oktober werden sich die Staats- und Regierungschefs mit den Ergebnissen befassen. Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) versprach in Wien, Schlussfolgerungen aus dem Bericht zu ziehen: „Der Stresstest darf nicht einfach ad acta gelegt werden. Die Ergebnisse müssen Konsequenzen nach sich ziehen.“