Die Schuldenbremse übererfüllen oder mehr Schulden zugunsten der Bildung machen? An dieser Frage scheiden sich in Kiel die Geister.

Kiel. Der Wahlkampf hat die Gräben in der Haushaltspolitik zwischen CDU und Grünen wieder vertieft. Mit Ausnahme der Linken wollen alle Fraktionen im Kieler Landtag von 2020 an keine neuen Schulden mehr aufnehmen. Die tiefen Differenzen über den richtigen Weg dorthin offenbarte am Mittwoch eine Debatte über die Haushaltspolitik. Die Opposition will Spielräume aus den Vorgaben der Schuldenbremse stärker ausreizen als die CDU/FDP-Koalition. Auf 550 Millionen Euro von 2013 bis 2020 bezifferte Grünen-Finanzexpertin Monika Heinold den Unterschied.

Finanzminister Rainer Wiegard (CDU) beharrte, die Differenz betrage insgesamt 1,8 Milliarden. „Wir haben schon genug Schulden; wir brauchen nicht noch mehr“, betonte er. Wiegard verwies auf den riesigen Schuldenberg, der in den vergangenen Jahrzehnten aufgetürmt wurde: Rechne man zu den 27 Milliarden Euro des Landes und 3 Milliarden der Kommunen noch den Anteil des Landes an den Bundesschulden hinzu, habe Schleswig-Holstein 75 Milliarden zu schultern. Dies entspreche etwa dem ganzen Bruttoinlandsprodukt, das der Norden erwirtschafte.

+++ Streit über Bildungspolitik im Kieler Landtag +++

Heinold betonte wie SPD-Fraktionschef Ralf Stegner die Notwendigkeit, nicht nur zu sparen, sondern auch zu investieren, vor allem in Bildung. „Haushaltskonsolidierung ist Voraussetzung für Zukunftsfähigkeit“, meinte dazu der Finanzminister. Mit den Stimmen von CDU/FDP beschloss der Landtag ein Haushaltsgesetz, das die Umsetzung der Schuldenbremse konkret regelt. „Dem Wahlkampf geschuldet ist die CDU in die alten Rituale zurückgefallen und diffamiert die Opposition pauschal als charakterlose Schuldenmacher“, rügte Grünen-Finanzexpertin Heinold. Wer aber Politik auf Sparen beschränke, könne sie auch gleich dem Rechnungshof überlassen. Der Koalitionskurs bedeute Harakiri.

Nach Ansicht des CDU-Finanzpolitikers Tobias Koch denken SPD, Grüne und SSW die Schuldenbremse vom falschen Ende her. Es könne nicht darum gehen, Verschuldungsspielräume so weit wie möglich auszureizen, sondern darum, die Herausforderungen mit möglichst wenig Schulden zu meistern. Vollkommen naiv sei es, wenn Stegner zwischen guten und schlechten Schulden unterscheiden wolle. Die Opposition wolle den Konsolidierungskurs aufweichen, sagte Koch.

Stegner warf der Koalition vor, sie spare auf Kosten der Kinder und der Schwächsten in der Gesellschaft. „Ihr ureigenes Einsparvolumen ist hingegen gering und wird durch hektische und weitgehend nutzlose Vorwahlaktionen konterkariert.“ Als Beispiel nannte der SPD-Fraktionschef Millionenausgaben für den Lehrer-Vertretungsfonds sowie die Schaffung von mehr Abteilungsleiterposten und sonstigen Stellen.

Sparen dürfe kein Selbstzweck sein, meinte auch FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki. „Wir müssen sparen und gleichzeitig wirtschaftliches Wachstum verstärken.“ Dafür müssten die Bedingungen für mehr Wirtschaftswachstum verbessert werden. Wer etwa den Weiterbau der A20 verhindern wolle, behindere Wachstum.

„Die Finanzlage an sich ist keine Begründung für kurzfristige Streichungsorgien welcher Art auch immer“, befand Lars Harms vom SSW. „Vielmehr kommt es doch darauf an, die Finanzlage dauerhaft positiv zu beeinflussen und Spielräume zu nutzen, wo es denn geht.“ Kurzfristiges Wegsparen von Strukturen in der Bildung, im Sozialbereich oder bei der Kultur nützten nichts. „Wenn wir einsparen wollen, dann nicht bei der Bildung, sondern bei den Strukturen der Verwaltung.“ Uli Schippels von der Linken erklärte: „Unsere Schuldenbremse ist und bleibt eine solide Vermögenssteuer, die auf einen Schlag das strukturelle Defizit unseres Landes beseitigen kann.“