Schleswig-Holsteins Kommunen fordern Millionen für die Krippenbetreuung vom Land. Landesregierung könnte helfen.
Schleswig. Kommunen und das Land Schleswig-Holstein wollen versuchen, den Streit um die Betreuungskosten für Kinder unter drei Jahren außergerichtlich zu lösen. Darauf verständigten sie sich am Freitag bei einer mündlichen Verhandlung vor dem Landesverfassungsgericht in Schleswig. Stellvertretend für alle Kommunen im Land waren Lübeck und der Kreis Schleswig-Flensburg vor das Gericht gezogen. Mit einer Verfassungsbeschwerde wollen sie erreichen, dass das Land ihnen Mehrkosten für die Kleinkinderbetreuung ausgleicht. Es geht um Millionen – um wie viele, ist aber umstritten.
Nun sollen die Beteiligten bis Ende Januar 2013 dem höchsten Gericht im Norden signalisieren, ob eine Einigung möglich ist. Ist das nicht der Fall, sind die Schleswiger Richter wieder am Zug. Dann könne ein Urteil ohne eine weitere mündliche Verhandlungen gefällt werden. „Es ist eher eine Frage, die die Politik lösen muss“, sagte Gerichtspräsident Bernhard Flor. Dabei kann der Regierungswechsel nächste Woche helfen. Eine vom ehemaligen Kieler Oberbürgermeister Torsten Albig (SPD) geführte Landesregierung von SPD, Grünen und SSW will sich laut Koalitionsvertrag an den Betriebskosten für die Krippenkinderbetreuung beteiligen: ab 2013 mit 15 Millionen, bis 2017 auf 80 Millionen Euro steigend. „Unser Ziel ist es, mit den Kommunen eine einvernehmliche Lösung zur Finanzierung der U3-Betreuung zu finden“, heißt es in dem Papier.
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Streitpunkt sind die Folgen des Gesetzes zum Krippenausbau von 2008, mit dem Eltern einen einklagbaren Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz für Kleinkinder erhielten. Nach Angaben der Kommunalverbände im Norden steigt dadurch der Bedarf deutlich. Zusätzliche Kosten für die Städte und Gemeinden seien das Ergebnis. Dafür müsse das Land aufkommen. „Wer die Musik bestellt, muss sie auch bezahlen“, sagte vor Gericht der Anwalt der Kommunen, Prof. Joachim Wieland. Das ergebe sich aus dem in der Landesverfassung verankerten Konnexitätsprinzip: Kommunen müssen einen finanziellen Ausgleich bekommen, wenn sie durch neue Aufgaben belastet werden.
Aber haben die Kommunen überhaupt eine neue Aufgabe? Der Anwalt des Landes sieht das nicht so. Schon vorher seien die Kommunen zum bedarfsgerechten Krippenausbau verpflichtet gewesen, Nur gebe es jetzt ein Mittel, das zu erzwingen, sagte Prof. Mathias Nebendahl. Allein dadurch würden aber nicht mehr Krippenplätze gebraucht, sondern aufgrund gesellschaftlicher Veränderungen. „Wenn der objektive Bedarf durch gesellschaftliche Veränderungen erhöht ist, dann gibt es keinen Besteller.“
Strittig ist auch, um wie viel Geld es geht. Die Kommunen nennen 136 Millionen Euro an zusätzlichen Betriebskosten, wenn sie 17.000 neue Krippenplätze zur Verfügung stellen müssen, um 35 Prozent der Kleinkinder zu versorgen. Davon übernehmen Bund und Land in diesem Jahr zusammen 46 Millionen Euro. Längerfristig rechnen die Kommunen sogar mit einem Bedarf von teilweise 70 Prozent. Das Land will aber genauere Zahlen zu den behaupteten Mehrkosten. Auch dem Gericht greifen die Berechnungen zu kurz. Bis Ende September sollen Land und Kommunen deshalb mitteilen, ob sie sich zumindest über eine Zahlengrundlage einigen können – die Mindestvoraussetzung für eine Einigung. (dpa)