Die “Kieler Nachrichten“ berichtet, dass bei der Großrazzia gegen den Rockerclub Hells Angels ein Folterkeller in einer Werkstatt entdeckt worden sei. Leichensuche zunächst unterbrochen.

Kiel. Nach der Razzia gegen den Rockerclub Hells Angels in Norddeutschland hat die Polizei in Altenholz bei Kiel am Freitag die Suche nach einer Leiche zunächst erfolglos fortgesetzt. Den ganzen Tag hatten Beamten mit Spezialgerät das Fundament einer Halle untersucht, die von den Rockern genutzt wird. Die Polizisten suchten nach den menschlichen Überresten eines 47-Jährigen aus Kiel, der seit Frühjahr 2010 verschwunden ist. Bis zum frühen Abend verlief die Suche aber ohne Ergebnis, wie eine Polizeisprecherin sagte.

Der 47-jährige Familienvater soll Medienberichten zufolge in Drogengeschäfte mit den Rockern verwickelt gewesen sein. Die Razzia hatte am frühen Donnerstagmorgen begonnen, als 1.200 Beamte mehr als 80 Lokale und Wohnungen des seit Anfang des Jahres verbotenen Hells-Angels-Ablegers in Kiel durchsuchten. Insgesamt wurden fünf Mitglieder festgenommen, darunter auch Anführer. Zahlreiche Schusswaffen, Messer, Macheten, Computer und Handys wurden beschlagnahmt. Die Beamten begannen am Freitag mit der Sichtung von Beweismaterial.

Nach Informationen der „Kieler Nachrichten“ gebe es Hinweise, dass die Rocker einen Folterkeller betrieben haben. Er soll sich auf dem Gelände einer Kfz-Werkstatt in Kiel befinden, berichtet die Zeitung. Dort sei vor zwei Jahren Tekin Bicer mehrere Stunden misshandelt und anschließend getötet worden. Das gehe aus dem Durchsuchungsbeschluss der Polizei hervor, heißt es in dem Artikel der „Kieler Nachrichten“. Weder Landeskriminalamt noch Staatsanwaltschaft wollten sich auf Anfrage zu dem Bericht äußern.

An der Razzia am Donnerstag waren auch Mitglieder der Anti-Terror-Einheit GSG 9 und der Staatsanwaltschaft beteiligt. Auch die Wohnung eines Rockers in Hamburg wurde durchsucht. Zudem hatten Spezialeinheiten das Anwesen von Hells-Angels-Chef Frank Hanebuth bei Hannover gestürmt und dabei dessen Hund erschossen. Dem niedersächsischen Innenministerium zufolge sollten mit den Durchsuchungen Verbindungen der Kieler Hells Angels nach Niedersachsen aufgedeckt werden, um ein Verbot auch dort durchzusetzen.

Hanebuths Anwalt, Götz von Fromberg, warf den Behörden am Freitag vor, sie hätten mit der Razzia seinen Mandanten diskreditieren wollen. „In Hannover hat man nichts gegen ihn in der Hand, deswegen ist man den Umweg über Kiel gegangen“, sagte er dapd. Das Vorgehen der Beamten sei überzogen gewesen. Die Annahme, dass Hanebuth etwas mit den Vorgängen in Schleswig-Holstein zu tun habe, sei „völliger Quatsch“. Oberstaatsanwältin Birgit Heß sagte, dass gegen Hanebuth im Zusammenhang mit der gesuchten Leiche nicht ermittelt werde.

Derweil pocht Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann auf ein Verbot der Hells Angels auch in Niedersachsen. Er hofft auf neue Beweise aus der Razzia, die ein solches Verbot rechtfertigen.

Die Rocker der Hells Angels gibt es in zahlreichen Ländern. Sie werden mit Rotlicht- und Drogenkriminalität in Verbindung gebracht, weltweit werden immer wieder Mitglieder strafrechtlich verurteilt. Zudem kommt zu gewaltsamen Auseinandersetzungen mit rivalisierenden Rockerclubs wie den Bandidos. Markenzeichen der Hells Angels sind Lederjacken mit dem Club-Emblem – ein geflügelter Totenschädel - sowie das Fahren von Harley-Davidson-Motorrädern.

Mit Material von dapd und dpa