Wedel. Ein Vortrag in der Stadtbücherei beleuchtet die Geschichte einer Hinrichtung. Die Erkenntnisse werden am 27. Januar präsentiert.
Der 58 Jahre alte Sven Hüber ist nicht nur Polizeihauptkommissar und stellvertretender Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, sondern auch studierter Gesellschaftswissenschaftler, der sich intensiv mit den Gräueltaten der NS-Zeit und deren Aufarbeitung beschäftigt. Am Holocaust-Gedenktag am Freitag, 27. Januar, hält er von 18 Uhr an in der Stadtbücherei Wedel den Vortrag „Unerwartete Antworten – Das vergessene Hinrichtungsopfer Albert Jacob und die Wedeler Lehrerin Margret Bechler“. Organisiert wird die Veranstaltung vom Stadtarchiv Wedel.
Die Erinnerungen der ehemaligen Wedeler Lehrerin Margret Bechler, die unter dem Titel „Warten auf Antwort“ veröffentlicht worden waren, hat viele Leserinnen und Leser gefunden. Während eines Projekts der politischen Bildungsarbeit der Polizeigewerkschaft recherchierte Hüber das Schicksal von Albert Jacob sowie Margret Bechler und deren Ehemann Bernhard, einem Wehrmachtsoffizier. Dabei stieß Hüber auf Widersprüche in den Memoiren Margret Bechlers und förderte Erkenntnisse zutage, die Bechlers Rolle während jener Zeit in ein komplett neues Licht rücken.
Margret Bechler zog nach einer mehrjährigen Haftstrafe nach Wedel
Am Nachmittag des 17. Juli 1944 starb der Bergwerksheizer Albert Jacob im Zuchthaus Brandenburg-Görden unter dem Fallbeil. Der Zwickauer hatte zuvor im Rundfunk des „Nationalkomitee Freies Deutschland“ gehörte Lebenszeichen deutscher Kriegsgefangener an deren Angehörige weitergegeben. Unter anderem auch an Bechler, die Ehefrau eines gefangenen Wehrmachtsmajors.
Doch statt sich darüber zu freuen, dass ihr Mann noch lebt, hielt sie Jacob deswegen fest und übergab ihn der Gestapo. Der Volksgerichtshof wertete die Vorgehensweise Jacobs als Verbrechen und verurteilte ihn zum Tode. Bechler musste später wegen der Denunziation von Albert Jacob nach fünfjähriger sowjetischer Internierung in der DDR eine weitere sechsjährige Haftstrafe verbüßen, bevor sie schließlich begnadigt wurde.
Sie siedelte nach Wedel über und arbeitete in der Stadt an der Elbe viele Jahre als Lehrerin an der Albert-Schweitzer-Schule. Sven Hüber suchte in zahlreichen Archiven nach Spuren Albert Jacobs und Margret Bechlers mit überraschenden, bisher unbekannten Einsichten und historischen Details. In seiner Veröffentlichung zeigt er auch auf, wie Zwickauer Nachbarinnen mit Bürgersinn couragiert für Albert Jacobs Leben eintraten. 2002 verstarb Margret Bechler im Alter von 88 Jahren in der Rolandstadt.
Der gebürtige Görlitzer Hüber engagiert sich seit vielen Jahre in der Gedenk- und Erinnerungsarbeit, etwa als Initiator der „Stelen der Erinnerung“ für Opfer der Herrschaft der Nationalsozialisten auf dem Jüdischen Friedhof in Görlitz.