Wedel/Itzehoe. Zwei Schwerverletzte und eine Anklage wegen versuchten Totschlags – Das ist die traurige Bilanz eines WG-Streits in Wedel.
Am Anfang stand offenbar ein Streit um eine unsauber hinterlassene Klobrille. Am Ende lagen die beiden WG-Bewohner aus Wedel schwer verletzt im Krankenhaus. Vor der Schwurgerichtskammer des Landgerichts Itzehoe läuft derzeit die juristische Aufarbeitung des Vorfalls, der sich am 22. Mai in einem Mehrfamilienhaus an der Rudolf-Breitscheid-Straße abgespielt hat.
Wedel: Streit zwischen Mitbewohnern eskaliert – Zwei Verletzte
Auf der Anklagebank sitzt Bülent O. (42), der sich wegen versuchten Totschlags in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung verantworten muss. Am Mittwoch traf er erstmals seit der folgenschwere Attacke auf Hüseyin D. (30), der als Opfer der Auseinandersetzung gilt. Das war allerdings nicht immer so: Nach seiner Flucht aus der Wohnung hatten die Beamten zunächst den 30-Jährigen als den Aggressor im Visier, erst zwei Tage nach der Bluttat präsentierte die Polizei Bülent O. als wahren Täter. Der sitzt seitdem in Untersuchungshaft.
Sein einstiger WG-Partner, der nach dem Vorfall aus der Wohnung ausgezogen ist und sich als Nebenkläger dem Verfahren angeschlossen hat, sagte als Zeuge vor Gericht aus. Das erwies sich als nicht ganz einfach, weil Hüseyin D. im Gegensatz zum Angeklagten kein Deutsch spricht und seine Worte von einer Dolmetscherin übersetzt werden mussten. Richter Johann Lohmann wies zudem mehrfach auf die Unterschiede zur polizeilichen Aussage des Zeugen hin, die dieser mit möglichen Fehlern des damaligen Dolmetschers zu erklären versuchte.
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Wedel: Morddrohungen wegen einer dreckigen Toilette?
Laut dem 30-Jährigen lag er an dem Tattag, einem Sonntag, auf seinem Bett und telefonierte mit der Türkei. Dann habe nachmittags Bülent O. an die Tür geklopft und ihn aufgefordert, das Badezimmer zu reinigen. Er habe erwidert, dass das Reinigungsmittel leer sei. „Ich sagte, ich kaufe morgen welches und mache dann sauber.“ Daraufhin habe der Mitbewohner die Tür des Badezimmers abgeschlossen, ihm die weitere Benutzung untersagt und massive Beleidigungen gegen ihn ausgestoßen.
Er habe vorgeschlagen, einen Freund anzurufen, um den Streit zu schlichten. Als es wenig später erneut an seiner Tür klopfte, habe er gedacht, dass es der Freund sei und aufgesperrt. Stattdessen sei Bülent O. erschienen und auf ihn losgegangen. „Er griff mich mit dem Messer an, traf mich am Ohr und am Hals.“ Laut der Anklage reichte ein Schnitt im Nacken bis auf den Knochen.
Er habe sich dann geduckt, sodass drei weitere Stichversuche des Kontrahenten nicht trafen und diesen aus dem Zimmer drängen können. „Dann habe ich die Tür verschlossen.“ Als er einige Minuten danach die Stimme des eingetroffenen Freundes gehört habe, sei er aus der im Keller gelegenen Wohnung geflüchtet. Im Bereich der Garagen sei er auf den Freund und auf Bülent O. getroffen. „Er drohte, uns umzubringen, trat in Richtung meines Bauchs und traf mich auch.“ Nach seiner Flucht habe ihn ein anderer Freund ins Krankenhaus gefahren, so Hüseyin D..
Wedel: Beide Beteiligte widersprechen sich in ihren Aussagen
Dorthin kam auch Bülent O., der an der rechten Hand operiert werden musste. Der schmächtige Mann mit der Halbglatze hatte seine Version der Geschehnisse bereits vorher dem Gericht geschildert – und die unterschied sich von der Aussage seines ehemaligen Mitbewohners. So gab Bülent O. an, Urinspuren auf der Klobrille entdeckt, diese Hüseyin D. gezeigt und ihn zum Reinigen aufgefordert zu haben. Weil der das Ansinnen mit Verweis auf fehlendes Reinigungsmittel abgelehnt habe, sei es zu einem Streit gekommen, in dessen Verlauf er mit dem Abschließen des Badezimmers gedroht habe. Dann habe Hüseyin D. gerufen „Wo ist mein Messer?“ und sei auf sein Zimmer gegangen.
Er sei mit einem Messer zurückgekehrt, Bülent O. will auf sein Zimmer geflüchtet sein und sich eingeschlossen haben. Weil es keinen Fluchtweg aus der Kellerwohnung gab, habe er sich dann seinerseits mit einem Messer bewaffnet. Im Flur sei es dann zu einem Gerangel gekommen und er habe mit dem Messer nach dem Kontrahenten geschlagen, um sich aus dessen Griff zu befreien.
Wem die Schwurgerichtskammer letztlich Glauben, entscheidet sich voraussichtlich am 24. Januar. Bis dahin haben die Richter noch drei weitere Prozesstage angesetzt.