Wedel. Die ehemalige FDP-Politikerin zog sich 2021 aus dem Bundestag zurück. Über die Hintergründe berichtet sie in ihrem Buch.
„Es ist Donnerstagnachmittag, Tag zwei einer Doppelsitzung der Hamburgischen Bürgerschaft. Wie schon am Tag zuvor, bin ich auch heute für eine Parlamentsrede eingeplant. Mir geht es überhaupt nicht gut, es geht mir sogar richtig schlecht. Am Morgen hat mich der Wecker aus einem unruhigen Schlaf gerissen. Ich fühle mich wie gerädert und möchte nichts lieber, als einfach liegen bleiben und weiterschlafen. Ich möchte mich verstecken, unsichtbar sein, niemanden sehen. Vor mich hinvegetieren und hoffen, dass der nächste Tag Besserung bringt.“
Wedel: Ex-Politikerin Katja Suding liest in der Stadtbücherei
Das schreibt Katja Suding in ihrem Buch „Reißleine. Wie ich mich selbst verlor – und wiederfand“, das im April bei Herder erschien. An diesem Tag im Jahr 2013 ist sie seit zwei Jahren FDP-Fraktionsvorsitzende. Sie wird auf der Toilette des Rathauses einen Heulkrampf haben und darüber nachdenken, sich die Treppe zum Plenarsaal hinunterzustürzen, um nicht ihre Rede halten zu müssen. Bis sie die Reißleine zieht, werden aber noch einige Jahre vergehen.
2021 beendet sie als Bundestagsabgeordnete und stellvertretende Parteivorsitzende der FDP ihre politische Laufbahn. Aus freien Stücken. Und überraschte damit Weggefährten und Kontrahenten gleichermaßen. Natürlich stellte sich sofort die Frage: Was steckt dahinter? Geht es hier um ein Zerwürfnis in der Partei? Kommt Suding, die als eines der größten Talente in der deutschen Politik gilt, einem Rauswurf zuvor? Zieht sie die Reißleine, ehe irgendein noch unbekannter Skandal auffliegt und die Partei in Mitleidenschaft zieht?
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Wedel: Warum Katja Suding als Politikerin die „Reissleine“ zog
Nichts davon ist der Fall, so Suding. Die Wahrheit sei einfacher. Die Politikerin war an einem Punkt angekommen, an dem sie erkennt: Das exzessive Leben in der Top-Etage der Politik unter permanenter öffentlicher Beobachtung hat sie von sich selbst entfremdet. Sie beschließt, ihren Abschied aus der Politik und zu neuen Ufern aufzubrechen.
In „Reißleine“ erzählt Katja Suding, warum sie ausgestiegen ist, durch welche Täler sie auf dem Weg zurück zu sich selbst gegangen ist, und wie sich ihr Leben fortan gestaltet. Am Donnerstag, 20. Oktober, von 19.30 Uhr liest sie in der Stadtbücherei Wedel. Moderiert wird der Abend von dem Journalisten und Autor Thomas Frankenfeld. Das Duo war bereits im April diesen Jahres im Wedeler Reepschlägerhaus zu Gast. Die Lesung war ausverkauft. Wer kein Ticket mehr bekam, hat nun erneut die Möglichkeit.
Katja Suding, geboren 1975, arbeitete nach einem Studium der Kommunikations- und Politikwissenschaft lange Jahre als selbstständige Kommunikationsberaterin, bevor sie 2011 in die Politik ging. Sie war von 2011 bis 2017 Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft und Vorsitzende der FDP-Fraktion sowie von 2014 bis 2021 Landesvorsitzende der FDP Hamburg. Von 2015 bis 2021 war sie auch stellvertretende Bundesvorsitzende ihrer Partei und von 2017 bis 2021 Mitglied des Deutschen Bundestages und dort stellvertretende Fraktionsvorsitzende der FDP.
Lesung und Talk mit Katja Suding Do 20.10., 19.30, Rosengarten 6, Eintritt 8 Euro, Vorverkauf: Stadtbücherei Wedel, 04103/935 90 und im Buchhaus Steyer, Bahnhofstraße 46, 04103/91 93 70