Wedel. Der 18-Jährige absolviert ein Freiwilliges Ökologisches Jahr. Das sind seine Aufgaben in der Nabu-Vogelstation Wedeler Marsch.

Zwei Lehrer sind schuld, dass Thore Fröhlich jetzt ein Freiwilliges Ökologisches Jahr (FÖJ) an der Nabu-Vogelstation Wedeler Marsch absolviert. „In der achten Klasse haben wir mit unserem Biologie-Lehrer Fledermauskästen gebaut und in der Oberstufe hat unsere Lehrerin uns viel über Moore beigebracht“, sagt der 18-Jährige über die Zeit, in der sein Interesse an Flora und Fauna geweckt worden war. Nach dem Abitur am Goethe-Gymnasium in Lurup ist er nun nach Wedel umgezogen, um sich ein Jahr lang vor allem mit den gefiederten Freunden in der Marschregion zu beschäftigen.

Wedel: Freiwilliges Ökologisches Jahr beim Nabu in der Elbmarsch

Und auch mit sich selbst, denn ein genauer Berufswunsch steht bei ihm bislang noch nicht fest. „Es geht auch dar­um, mich selbst ein bisschen zu finden. Und im Gegensatz zu manchen Freunden von mir, die eher noch ein wenig abhängen wollen, möchte ich meine Zeit sinnvoll nutzen“, sagt der FÖJler, der seit Anfang August seinen Dienst in der Wedeler Marsch nahe des Deichs angetreten hat. Fröhlich hat generell großes Interesse an der Natur. „Das möchte ich einfach vertiefen. Ich war schon immer gern draußen und habe beobachtet. In Kiel hat meine Familie auch ein Segelboot, mit dem wir viel unterwegs sind“, berichtet er.

Die Bekassine gehört zur Familie der Schnepfenvögel.
Die Bekassine gehört zur Familie der Schnepfenvögel. © Sommerfeld | Rudolph

Ein paar Vogelnamen und -arten kannte er bereits vorab, aber er müsse sich das ganze Wissen noch Stück für Stück beibringen. Eine wichtige Eigenschaft kann ihm aber schon attestiert werden. „Er geht hier mit seiner offenen Art direkt auf die Besucher der Station zu und bietet seine Hilfe an“, sagt Stationsleiter Marco Sommerfeld.

Sechs von zwölf Interessenten nutzten die Chance und schauten beim Bewerbungsgespräch vorbei. Darunter waren auch ein Belgier, ein Schotte und ein Georgier. Letztendlich konnte Fröhlich die Bewerbungsjury am meisten überzeugen. Jetzt arbeitet er da, wo etwa Graugänse, Kiebitze oder Krickenten leben.

Thore Fröhlich (Mitte) absolviert bis Ende Juli 2023 sein Freiwilliges Ökologisches Jahr. Er wird betreut von Lavinia Buchwald. Marco Sommerfeld ist Stationsleiter.
Thore Fröhlich (Mitte) absolviert bis Ende Juli 2023 sein Freiwilliges Ökologisches Jahr. Er wird betreut von Lavinia Buchwald. Marco Sommerfeld ist Stationsleiter. © Frederik Büll | Frederik Büll

Wedeler Marsch: Was Fröhlich in der Vogelstation zu tun hat

Der Naturschutzbund Hamburg beschäftigt aktuell insgesamt vier FÖJler, die sich mit der Arbeit dieser Organisation vertraut machen. Er ist der einzige in der Station Wedeler Marsch, die einen guten Kilometer Fußmarsch von Fährmannssand entfernt liegt. Fröhlich ist auch für sämtliche Reparatur- und Streicharbeiten der kleinen Anlage oder auch das Mähen zuständig – oder eben auch für das Verteilen von Leih-Ferngläser des Sponsors Swarowski Optik. 14 Freiwillige vor ihm haben sich schon in den Dienst der Natur gestellt und den Lebensraum geteilt. Diese seien mittlerweile alle „flügge“.

Eine Schafstelze singt an der Nabu-Station Wedeler Marsch. 
Eine Schafstelze singt an der Nabu-Station Wedeler Marsch.  © NABU | Buchwald

„Wir wollen den Besuchern hier die Welt der Vögel näherbringen, ohne diese dabei zu stören. Aber uns ist natürlich auch bewusst, dass es hier ein Ausflugsziel ist“, sagt der 50 Jahre alte Diplom-Landschaftsökologe Sommerfeld. Schon seit 2005 ist der Hamburger in der Wedeler Marsch beruflich zu Hause. Der Eintritt, um sich Vögel und auch Nachwuchs im und am See anzuschauen, ist frei. Eine Spende an den Naturschutzbund ist aber selbstverständlich immer erwünscht.

Ist das Wetter gut, sind oft auch weniger Besucher da. Aktuell schauen sich sonnabends und sonntags bis zu 100 Naturfreunde und diejenigen, die es vielleicht noch werden wollen – oder aber einfach nur Ruhesuchende – an der idyllisch gelegenen Vogelstation um. Das Areal lockt zudem auch täglich viele begeisterte Natur-Fotografen an. Monatlich erhält Sommerfeld circa 70 Bilder. Zeitnah sollen diese auch auf den sozialen Medien genutzt werden.

Wedeler Marsch ist ein Paradies für Zugvögel

In einer fast vergessenen Vor-Corona-Zeit lagen die jährlichen Besucherzahlen nach Angaben des Stationschefs bei etwa „10.000 bis 12.000“. Aufgrund bekannter Gründe seien zuletzt weniger Schulklassen vor Ort gewesen. Der Stationsleiter hofft, dass sich das mittelfristig wieder ändern wird. Geschätzt sind bis zu 3000 Vögel täglich zu bestaunen. Sorgen bereiten den Naturschützern derzeit der Kiebitz. „Es werden zwar aktuell wieder mehr von ihnen, aber trotzdem ist der Bestand insgesamt sehr gering“, sagt Sommerfeld. Auch das Thema Vogelgrippe müsse weiter im Auge behalten werden. Aktuell gibt es immerhin keine Fälle an der Station.

Der Kiebitz-Bestand ist in Deutschland stark gefährdet.
Der Kiebitz-Bestand ist in Deutschland stark gefährdet. © NABU | NABU

Der Gang in die Natur ist auch gut für die Seele. „Es bringt einfach Spaß, die Schönheit der unterschiedlichen Vögel genau zu beobachten. Es ist immer viel vom großen Wort Achtsamkeit die Rede. Hier kann man das ausreizen. Einfach nur sitzen und schauen“, sagt Lavinia Buchwald, die FÖJler Fröhlich betreut. Und zu sehen gibt es viel: Nil-Gänse, Bekassinen oder Flussuferläufer und zig andere Vögel. Sie alle zu erkennen soll Aufgabe der Experten sein, der Laie kann das bunte Treiben auch einfach nur auf sich wirken lassen. Fröhlich weiß stundenlange Beobachtungen auch vom Angeln zu schätzen – und er freut sich darauf.

Informationen zum FÖJ: Bewerben kann sich jeder, der bis zum 1. August noch nicht 26 Jahre alt ist. Die wichtigste Eigenschaft ist Engagement. Neben einem Jahr ökologischer Bildung gibt es ein Taschengeld und Zuschüsse zur Unterkunft und Verpflegung, eine Sozialversicherung und 26 Urlaubstage. Bewerbungsschluss ist jährlich am 28. Februar. www.oeko-jahr.de oder www.umweltjahr.de

Die nächsten vogelkundlichen Führungenin der Wedeler Marsch: Mittwoch, 17. August, 11 Uhr, Sonnabend, 10. September, 11 Uhr. Anmeldung: www.nabu-hamburg.de/termine