Wedel. Eine neue Ausstellung widmet sich dem Klöppeln. Es ist die Handwerkskunst, aus der „der Stoff, aus dem die Säume sind“ hervorgeht.

Alles fing mit einer kleinen Aufmerksamkeit zu Weihnachten 2020 an, die Heidi Müller (79) dem Stadtmuseumsleiter Holger Junker überreichte – ein kleiner, selbst geklöppelter Weihnachtsbaum mit Perlen. Diesen präsentierte der 46-Jährige auch in seinem Youtube-Format Museumsreif. Es gab positive Resonanz – ehe die Corona-Pandemie die allmählich entstehende Idee einer möglichen Sonderausstellung erst einmal wieder in den Hintergrund schob. Im vergangenen Dezember einigten sich Junker und die Wedelerinnen Müller und Ursula von Brocke (70) während eines Kaffeekränzchens im Museumsgarten endgültig darauf, die Handwerkskunst Klöppeln im Stadtmuseum Wedel an der Küsterstraße vorzustellen und zu würdigen. Danach ging es schnell.

Ausstellung: Die Kunst des Klöppelns in Wedel

Am morgigen Freitag, 14. Januar, eröffnet nun die Ausstellung „Alles Spitze – Der Stoff, aus dem die Säume sind“ mit vielen modernen und klassisch-geprägten Handarbeitsexponaten. Parallel sind Exponate und Videos der Ausstellung auch im Internet unter der Rubrik Stadtmuseum auf www.wedel.de zu sehen. Die Online-Sammlung wird laufend erweitert. Geplant ist eine Audio-Führung des Museumsleiters.

Ausgestellt im Stadtmuseum sind Werkstücke, Klöppelbriefe, Klöppelkissen und Kunstklöppeleien. Zu sehen gibt es Filmausschnitte zum Thema aus dem gesamten europäischen Raum. Eines der zentralen Ausstellungsstücke ist ein Kleid aus edler Calais-Caudry-Spitze, das die französische Partnerstadt Caudry der Rolandstadt zum 800. Geburtstag 2012 geschenkt hatte. Es soll ursprünglich als Modellkleid für das britische Supermodel Kate Moss angefertigt worden sein und steht normalerweise im Büro des Bürgermeisters.

Ausstellung: Caudry gilt weltweit als „Stadt der Spitze“

Ratsherr Olaf Wuttke, zuständig für die Städtepartnerschaft, überreichte zudem ein roséfarbenes Spitzentuch für die Haarpracht, das in Caudry hergestellt wurde. Caudry gilt weltweit als „Stadt der Spitze“, begründete einst ihren Reichtum durch die maschinell hergestellte Spitze im ausgehenden 19. Jahrhundert. Noch heute ist die Textilindustrie ein wichtiger Arbeitgeber der Stadt, die ein Museum zur Spitzenherstellung beherbergt.

Ursula von Brocke, einst beruflich auch in der Textilgestaltung aktiv, bietet bereits seit 1982 Klöppelkurse über die Volkshochschule Wedel an – ein neuer Kursus beginnt am 31. Januar. Müller erlernte es dank ihrer fachkundigen Anleitung und ist auch schon 27 Jahre mit der Handarbeit vertraut, bei der mittels Spulen und aufgespannten Garnen mit flinken Fingern kleine und große Kunstwerke entstehen. Beide lieferten den Löwenanteil der Ausstellungsstücke. „Im Winter klöppele ich schon wöchentlich bis zu 25 Stunden“, erzählt Müller, die auch ehrenamtlich im Stadtmuseum arbeitet.

Klöppelspitze ist mehr als die schnöde Tischdecke und war auch Ausgangsmaterial für feine Unterwäsche. In der Live-Rollenspieler-Szene sind geklöppelte Details an den oft mittelalterlich geprägten Kostümen sehr beliebt. Klöppeln wird in der Reha nach Schlaganfällen eingesetzt und hilft gegen Arthrose.

Ausstellung: „Mehr Heimatmuseum geht nicht“

Das Handwerk des Klöppelns stellte nach seiner Entstehung zu Beginn der frühen Neuzeit in Europa, etwa nach der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus 1492, einen bedeutsamen Wirtschaftsfaktor dar, welcher im folgenden Zeitalter des Kolonialismus eine weltweite Verbreitung erfuhr. Mit Veränderungen der Mode wird in der heutigen Zeit hauptsächlich privat geklöppelt.

„Klöppeln ist auf den ersten Blick ein Thema, bei dem man sagt: Mehr Heimatmuseum geht ja gar nicht. Aber sobald man sich eingehender mit dem Thema beschäftigt, entdeckt man einen ganzen Kosmos aus kultureller Identität, Sozial- und Wirtschaftsgeschichte, Handwerk, Kunst und dem ganzen Leben selbst“, sagt Museumsleiter Junker, der für den geschichtlichen Kontext zuständig ist. Neben Junker sind Stefanie Otto und Martina Pein-Schmidt für das Wedeler Stadtmuseum tätig.

Um die Ansteckungsgefahr durch das Coronavirus soweit wie möglich zu reduzieren, müssen Besucher die 2G-Regel beachten. Alternativ muss der Nachweis der Genesung belegt werden. Ausgenommen von den Maßnahmen sind Kinder bis zur Einschulung und Minderjährige, die einen Testnachweis vorlegen oder im Rahmen des Schulbesuchs regelmäßig getestet werden. In den Innenräumen gelten Abstandsregeln und Maskenpflicht.

Die Ausstellung ist zu den Öffnungszeiten freitags von 14 bis 17 Uhr, sonnabends 14 bis 17 Uhr und sonntags von 11 bis 17 Uhr zu sehen. Sie dauert bis zum 3. April. Der Eintritt ist frei.