Wedel. Hannes Grabau erinnert an zwei Abenden auf der „Batavia“ an die Katastrophen in den 60er- und 70er-Jahren. Die Details.
Hannes Grabau erinnert sich noch genau an die Nacht des 3. Januar 1976, als der Orkan „Capella“ über Wedel hinwegfegte. Der Sturm drückte das Wasser immer höher. „Es wurden alle Poller herausgerissen, keine einzige Leine hielt mehr“, sagt der Intendant des Wedeler Theaterschiffs „Batavia“. Nur durch den beherzten Einsatz dreier Männer konnte die „Batavia“ gerettet werden: Mit einer Leine schwammen sie hinüber zur großen Weide, schlangen sie um einen Ast und sicherten so das Schiff.
Sturmflut: „Batavia“-Kapitän erlebt beide Überschwemmungen
An jenem verhängnisvollen Tag brachen die Deiche allein im Kreis Pinneberg zwischen Hetlingen und Holm an neun Stellen. Die Fluten bahnten sich ihren Weg durch die Marsch, in die Dörfer hinein bis in die Straßen Wedels. Der Wedeler Hafen stand unter Wasser. In Wedel verloren 20 Menschen ihr Zuhause. In Hetlingen wurden 86 Menschen eingeschlossen, harrten in den oberen Etagen ihrer Häuser oder in der höher gelegenen Grundschule aus.
Grabau (81) hat die beiden Sturmfluten 1962 und 1976 erlebt, sammelt seit Jahren Material darüber. Seit 28 Jahren veranstaltet er jedes Jahr Sturmflut-Abende. Diesmal lädt er zu zwei Terminen: an den Freitagen 14. und 28. Januar. Unter dem Titel „Die großen Sturmfluten – Die Nacht als die Deiche brachen“ zeigt er Filmaufnahmen der Flut 1962 in Hamburg und der Flut 1976 in Wedel, dazu Fotos und Filme über Deichbau und Küstenschutz. Zu hören sind Tondokumente von Feuerwehr und Polizeifunkaufnahmen von 1962 in Hamburg.
Sturmflut: Teile von Wedel, Uetersen und Elmshorn unter Wasser
„Danach zeigen wir den Film ,Halligleben in alter Zeit’, ein Filmdokument von Langeneß aus dem Jahr 1936“, sagt Grabau. Das Landesfilmarchiv und das Nordfriisk Institut haben den Film herausgegeben. „Sie sehen darin eine Quelle von herausragendem Wert zur Geschichte und Kultur der Halligen.“ Es war ein Glücksfall, als sich vor Jahren der ehemalige Flensburger Konrektor Anton Petsch an das Landesfilmarchiv in Schleswig wandte und eine Filmrolle von 1936 überreichte, die das Leben auf Langeneß zeigte. Teile der Aufnahmen lagen im Landesfilmarchiv vor – ohne Hinweis, von wem sie stammten. Petsch wusste, dass sein Lehrer Jess Feddersen damals die Kamera geführt hatte, kannte Örtlichkeiten und Personen. So entstand der Schwarz-Weiß-Film.
Die Sturmflut am 16. Februar 1962, die sich zum 60. Mal jährt, verwüstete Teile Hamburgs. Mitten in der Nacht rollte von der Nordsee eine Flutwelle die Elbe hinauf, zerstörte Deiche und kostete 315 Menschen in Hamburg das Leben. Im Kreis Pinneberg starb niemand, doch Teile von Wedel, Uetersen und Elmshorn standen unter Wasser.
Sturmflut: Filmaufnahmen und Originaldokumente auf der „Batavia“
Grabau war in jener verhängnisvollen Nacht gegen 22 Uhr auf dem Weg von seiner Verlobten in Eimsbüttel zurück zur Hamburger Howaldt-Werft, wo er arbeitete, und gabelte auf St. Pauli noch seinen betrunkenen Freund auf. Zusammen nahmen sie die letzte Fähre an den Landungsbrücken. An der Werft halfen sie der Feuerwehr, ein losgerissenes Schwimmdeck zu befestigen, ehe sie sich im Männerwohnheim aufs Ohr legten.
„Wir wunderten uns am nächsten Morgen, warum wir kein fließendes Wasser hatten und der Strom ausgefallen war“, sagt Grabau. Verdächtig auch die Totenstille. „Als wir aus dem Fenster blickten, sahen wir erst das Chaos.“ Der Schuppen mit dem Werkzeug war fort. Den Vormittag waren Grabau und sein Kumpel damit beschäftigt, sich Wege durch die Trümmer zu bahnen.
„Die große Sturmflut“: Fr 14. und 28.1., 19.30 Uhr, „Batavia“, Brooksdamm, Karten 8 Euro, 04103/858 36, www.batavia-wedel.de