Pinneberg. Nachkomme des 9,5 Millionen Euro teuren Totilas siegt. Darum macht er seinen Züchter Paul Schockemöhle noch reicher.
Zwei kraftstrotzende Hengste mit der Lizenz zur Fortpflanzung zeigten sich im großen Viereck bei der anspruchsvollen Dressurprüfung der Klasse S*** auf dem Pinneberger Anakenenhof. Jeder Reiter musste 30 unterschiedliche Lektionen präsentieren. Die Hengste Titolas und Total Hope waren die Stars in der anspruchsvollen Dressur. Optisch sind die beiden zehn Jahre alten pechschwarzen Vierbeiner mit den weißen Fesseln und Füßen ein Wurf, obwohl sie unterschiedliche Mütter haben. Aber sie haben beide denselben Vater: den mittlerweile verstorbenen weltberühmten Dressurhengst Totilas. Dieser hatte jahrelang bei internationalen Turnieren so ziemlich alles abgeräumt und war so kostbar, dass Ex-Spingreiter und Züchter-Mogul Paul Schockemöhle (77) die Rekordsumme von 9,5 Millionen Euro für ihn bezahlte.
Auf dem Anakenenhof stand Totilas Nachwuchs nun im Rampenlicht
Doch sein Sohn Titolas mit dem bewusst gewählten Buchstabendreher im Namen erfüllte nicht die Erwartungen seiner Reiterin und Besitzerin Susanne Krohn. Vor knapp vier Wochen hatte das Paar noch bei der Landesmeisterschaft von Schleswig-Holstein und Hamburg in Bad Segeberg die Bronzemedaille geholt; jetzt patzte Titolas. Er war aufgewühlt und unkonzentriert, es war einfach nicht sein Tag. Letztlich verzichtete die Reiterin entnervt per Handzeichen auf die Wertnote.
Da kam sein Halbbruder Total Hope ins Spiel. Der bildschöne Hengst präsentierte sich mit seiner norwegischen Reiterin Isabel Freese in Topform. „Das ist ein Hingucker, der kann sich bewegen“, sagte Turnier-Richter Peter Olsson (60) aus Oldenhütten, Kreis Rendsburg-Eckernförde. Seit 25 Jahren ist er im großen Sport dabei. Total Hope holte drei goldene Siegerschleifen und gab damit seine Visitenkarte als Zuchthengst ab.
Schockemöhle hat allein Mecklenburg etwa 5000 Pferde
Genau darauf setzt sein Züchter Paul Schockemöhle. Der Pferdehändler aus Mühlen im Kreis Vechta treibt mit Total Hope den Hype um den ehemaligen Wunderhengst Totilas geschickt voran. Niemand ist in dem Business so erfolgreich wie der 77-Jährige. Er hat sich in Mühlen und in Mecklenburg ein Pferdeimperium aufgebaut; allein in Mecklenburg hält er nach eigenen Angaben rund 5000 Pferde. Insgesamt kommen laut Schockmühle etwa 1000 Fohlen pro Jahr dazu, rund 30.000 Pferde habe er in seinem Leben verkauft.
Schockemöhle ergreift jede Chance und keine Wege sind ihm zu weit, wenn es um seine Marketingstrategie geht. Vielleicht wird das Interesse von Züchtern oder von Reitern im Kreis Pinneberg geweckt. Ein Black-Beauty-Traum könnte mit dem talentierten Vererberhengst Total Hope greifbar werden. Deshalb hat Schockemöhle Total Hope nach Pinneberg geschickt. 300 bis 400 Fohlen sollen in der kommenden Decksaison von Total Hope gezeugt werden, mit einer Portion Sperma können 15 bis 20 Stuten besamt werden.
Mindestens 1800 Euro kostet einen Züchter eine Portion Erbgut
Für Paul Schockemöhle ist Total Hope inzwischen eine Lizenz zum Gelddrucken. Die Besamung kostet einen Züchter zunächst 1800 Euro plus sieben Prozent Umsatzsteuer, wenn die Stute tragend ist und ein gesundes Fohlen hat, werden weitere Raten fällig. Insgesamt bietet Schockemöhle fast 100 Deckhengste an.
Der Erfolg von Total Hope ist das Resultat harter Arbeit. Seit sieben Jahren trainiert Isabel Freese (43) das Prachtexemplar des Züchters Schockemöhle. „Ich kenne ihn sehr genau, auch wenn er seine Macho-Allüren hat, weiß ich, was ich zu tun habe“, sagt die charmante Norwegerin, die auf Schockemöhles riesigem Anwesen in Mühlen lebt.
Wenn Total Hope die Halle ganz für sich allein hat – und nicht von anderen Pferden abgelenkt wird – ist es sogar möglich, ihren dreieinhalb Jahren alten Sohn Noah mit in den Sattel zu nehmen. Zwischen Turnieren, Zuchteinsatz und dem Entspannungsprogramm wird in der Planung genau unterschieden. „Der Hengst muss immer bei Laune gehalten werden, Abwechslung ist das Zauberwort“, sagt der erfahrene internationale Trainer Holga Finken (59) aus Oldenburg. Seit mehr als 22 Jahren coacht er Isabel Freese. Es ist ein Mix aus Freundschaft und Respekt. Nach dem Sieg in Pinneberg gibt es für Freese ein schnelles Freudenbussi. „Zweimal in der Woche fahre ich auf die Reitanlage in Mühlen zu Paul Schockemöhle. Wir feilen dann an den ganz hohen Lektionen weiter“, sagt Finken.
Isabel Freeses Handy klingelt; es ist eine Anfrage aus Oslo für das internationale Turnier in ihrer Heimatstadt Mitte Oktober. „Ich bin dafür, Schockemöhle entscheidet. Uns gibt es nur im Vierer- Team mit der Pferdepflegerin Christin Geske“ sagt Finken. Eine klare Mission wird verfolgt: Siegen. Die Voraussetzung dafür ist bestens.