Elmshorn. Bei GFL-Aufsteiger Fighting Pirates nehmen die Coaches Nommensen und Hauff sowie Sportchef Paatz den Hut. Eine neue Liga lockt das Trio

2020. Es sollte eigentlich das Jahr der Elmshorn Fighting Pirates werden. Der Aufsteiger sah sich gut gerüstet für die Erstliga-Premiere im American Football nach Vereinsgründung im Jahr 1991. Der Kader war mit vielversprechenden deutschen Talenten, Nationalspielern und einigen Imports verstärkt worden. Patrick Esume, Deutschlands bekanntestes Football-TV-Gesicht und erfolgreicher Ex-Footballer, sollte die Defense koordinieren. Selbstbewusst war die Teilnahme an den Play-offs ausgerufen worden. Dann kamen Corona und die Absage der Saison.

Patrick Esume ist Mitbegründer einer europäischen Konkurrenzliga

Nun gibt es den zweiten großen Kanonenschuss vor den Bug des Piratenschiffs. Esume gründet federführend eine europäische Football-Liga (European League Football, ELF), in der zunächst sieben deutsche Teams sowie die Wroclaw Panthers (Polen) im Sommer 2021 loslegen sollen. In dieser Franchise-Liga, die als Konkurrenz parallel zur GFL an den Start geht, gibt es ein Hamburger Team, das im TV und Online auf den Feldern zu sehen sein soll.

Pirates-Sportdirektor Max Paatz sucht künftig sein Glück in der in Gründung befindlichen ELF.
Pirates-Sportdirektor Max Paatz sucht künftig sein Glück in der in Gründung befindlichen ELF. © HA | Frederik Büll

Die Hiobsbotschaft für die Elmshorner: Andreas Nommensen, bisheriger Offense-Coordinator, sowie Runningback-Coach Sören Hauff und Sportdirektor Max Paatz haben nun ihren Wechsel Richtung ELF bekanntgegeben.

Eigentlich müssten sich die Pirates bis Mitte November erklären, ob sie im kommenden Jahr prinzipiell für eine GFL -Saison zur Verfügung stünden. „Bis dahin müssten wir unsere Lizenzunterlagen einreichen. Mit dieser neuen Liga sind eine neue Wettbewerbssituation und auch eine neue Konkurrenzsituation entstanden. Ich rechne damit, dass wir uns Ende November erklären müssen. Wir führen Gespräche mit Sponsoren. Bestehenden und auch neuen“, sagt Pirates-Headcoach Jörn Maier.

Nur wenn es sportlich und wirtschaftlich Sinn macht, wollen die Elmshorner den zweiten Versuch unternehmen, in der höchsten Spielklasse des American Football-Verbandes Deutschland anzutreten – sofern die Corona-Situation einen regulären Spielbetrieb im kommenden Sommer überhaupt zulässt.

Maier sieht in der deutschen Football-Szene Bedarf für neue Strukturen

Dem Vernehmen nach war ursprünglich den Pirates bei der noch zu gründenden Hamburger Football-Organisation die Rolle des Protagonisten angedacht worden, ehe sich dieses Gedankenspiel letztendlich doch wieder zerschlug. Das möchte Maier nicht kommentieren. „Grundsätzlich haben wir alle im Football im Sommer viele Überlegungen angestellt, wie wir den Sport in seinen Strukturen reformieren können und haben uns gefragt, ob es Sinn macht, eine neue Liga zu gründen oder wie man die GFL in ihrer Organisationsform vielleicht ändern könnte“, sagt der 49 Jahre alte Cheftrainer der Piraten.

Maier ist seit Jahrzehnten dem Football leidenschaftlich verbunden, aber die Geschehnisse innerhalb des Clubs und den Ausgang der kommenden Wochen sehe er „emotionslos“. „Natürlich ist es schon schade, weil wir das hier in den vergangenen sechs Jahren aufgebaut haben. Rund vier Jahre hat Nommensen das Ganze hier maßgeblich vorangetrieben“, meint der Bänker.

Seit 2017 führt der Weg der Fighting Pirates beständig nach oben

Aus der Regionalliga ging es über die 2. Liga kontinuierlich nach ganz oben. 2017 stiegen die Pirates als Regionalliga Meister in die GFL 2 auf, 2018 gab es in der 2. Liga einen dritten Platz, 2019 folgten Meisterschaft und das gewonnene Aufstiegsduell gegen den Erstligisten Düsseldorf Panther. Nun droht das jähe Ende der Erfolgsstory. Falls die Entscheidung pro GFL -Teilnahme fallen sollte, müssen im schlimmsten Fall 30 oder mehr neue Akteure verpflichtet werden.

Auch Offense-Coordinator Andreas Nommensen (r.) zieht es zu neuen Ufern. 
Auch Offense-Coordinator Andreas Nommensen (r.) zieht es zu neuen Ufern.  © HA | Frederik Büll

„Es war eine sportlich sehr erfolgreiche Zeit bei den Piraten. Ich habe mein Ausscheiden bei den Pirates schon vor Wochen offiziell dort bekannt gegeben. Also bevor diese neue Liga letztendlich gegründet wurde“, sagt der 45 Jahre alte Halstenbeker Andreas Nommensen. Viele Footballer, die nach Elmshorn wechselten, kamen auch aufgrund seiner sportlicher Expertise im Angriffsbereich der US-Sportart. Wie in einer Ehe, die in die Brüche geht, habe „man sich in Elmshorn auseinander gelebt.“ Dinge liefen in jüngerer Vergangenheit nicht optimal.

Eine dreckige Scheidung in der Öffentlichkeit soll es aber nicht geben, deshalb halten sich Maier und Nommensen mit Informationen bedeckt. Der Abschied des Trios wird auf der Pirates-Homepage etwas unterkühlt in fünf Sätzen abgehandelt. Zudem hat Geschäftsführerin Anißa Nowak ihr Amt zum 1. November niedergelegt – diese Entscheidung stand indes bereits seit Monaten und unabhängig von der jetzigen Entwicklung fest. Derzeit führt Herwig Eggerstedt, Gründer des Hauptsponsors Das Futterhaus, die Elmshorner.

Theoretisch ist ein Aderlass von 90 Prozent des Kaders möglich

Bis zu 90 Prozent der Piraten-Truppe, ein Großteil wohnt zudem in Hamburg, könnte es ebenfalls zu jenem Hamburger Team in die ELF ziehen. Das Piratenschiff ist sportlich in ordentliche Schieflage geraten und die Verantwortlichen sind fleißig dabei, die entstandenen großen Löcher zu flicken, um es wieder seetüchtig zu machen.