Elmshorn. Im Gespräch erörtern Bündnis 90/Die Grünen und Kreissportverband Auswirkungen der Corona-Krise. Ein Thema: nicht beantragte Hilfsgelder
Die Corona-Krise und deren Folgen für Sportverbände und Vereine waren Anlass des Gesprächs, das Jens Herrndorff, Vorstandssprecher BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Kreis Pinneberg, mit dem Geschäftsführer des Kreissportverbands Pinneberg, Karsten Tiedemann, und dessen Team führte.
Aktuell sind mehr als 180 Vereine mit rund 80.000 Mitgliedern im Kreissportverband Pinneberg (KSV) organisiert. Viele Ehrenamtliche engagieren sich in Organisation und Ausführung der Sportangebote. Damit stellt der Sport mit seinen vielfältigen Aufgaben einen wichtigen Rückhalt unserer Zivilgesellschaft dar.
Nachdem lange Zeit Stillstand bei den Vereinen herrschte, haben diese ihren Kurs- und Übungsbetrieb wieder aufgenommen. Karsten Tiedemann dazu: „Wir haben uns im Kreissport bis zur jetzigen Aufhebung der Regel strikt an die Landesverordnung gehalten. Diese besagte ja, dass Gruppen von bis zu zehn Personen auch ohne Einhalten der Abstandsregeln Sport ausüben durften. Wir sind sehr froh, dass mit der aktuellen Lockerung nun auch Mannschaftssportarten wieder regulär ausgeübt werden können.“
Stillstand brachte Einschnitte auch für die Gesellschaft
Das temporäre Aus für die Vereine in vielen Städten und Gemeinden bedeutete auch schmerzliche Einschnitte des gesellschaftlichen Lebens. „Moderne Vereine sind mehr als lediglich Bereitsteller von Sportstätten und Übungsangeboten: Sie sind identitätsstiftend, integrativ und fördern gesellschaftlichen Zusammenhalt. Im Alltag, der immer bewegungsärmer wird, leisten sie einen wichtigen Beitrag zu Gesunderhaltung und Rehabilitation“, fasste die Gesprächsrunde zusammen.
Auch wenn die Vereine im Kreisgebiet während der letzten Monate keine nennenswerten Austritte zu verzeichnen hatten, so fehlt es jedoch derzeit fast vollständig an Neueintritten. „Eine Quote von fünf Prozent Ein- und Austritten pro Quartal ist eigentlich normal, aber aktuell gewinnen wir keine neuen Mitglieder, was sich natürlich negativ auf die Finanzsituation auswirkt“, sagte KSV-Mitarbeiter Mark Müller.
Furcht vor möglichen Rückzahlungen hemmt Vereine bei Beantragung von Fördermitteln
Besonders bedauerlich findet KSV-Geschäftsführer Tiedemann, dass von den 12,5 Millionen Euro Soforthilfe, die das Land bereits im April zur Verfügung gestellt hat, nur ein Bruchteil von den Vereinen und Verbänden abgerufen worden sei. „Da war das Land wirklich schnell“, sagte Tiedemann, „aber viele Vereine haben sich da nicht ran getraut.“ Zu groß sei die Befürchtung gewesen, einmal zugewiesene Mittel zurückzahlen zu müssen oder sich sogar des Subventionsmissbrauchs schuldig zu machen. Gerade vielen Ehrenamtlichen in Vereinen fehle es hier an kaufmännischem Knowhow, zudem seien Entscheidungsprozesse in den Vorständen oft recht langwierig, räumte Tiedemann ein.
Mitglieder zeigen sich mit ihrem Verein solidarisch
Allerdings haben auch einige Vereine deswegen keine Mittel abgerufen, weil sie durch die Solidarität ihrer Mitglieder durch diese harte Zeit getragen worden sind. „Wir haben das alles durchkalkuliert, hatte alle Zahlen präsent und hätten im Fall der Fälle auch die Hilfsmittel beantragt“, sagte Peter Kortwinkel, Vorsitzender beim Pinneberger Tennisclub. „Aber unsere Mitglieder haben auf Rückerstattung der in Vorkasse bezahlten und während des Lockdowns nicht verfügbaren Hallenplätze verzichtet. So haben wir die Krise mit Eigenmitteln überstanden.“
Auch das Aus- und Weiterbildungsprogramm des KSV hat unter den Einschränkungen gelitten. „Zum Glück wurden viele zeitlich begrenzte Lizenzen, deren Erwerb oft mit hohen Kosten verbunden ist, von den Dachverbänden automatisch verlängert“, sagte Christa Nordwald vom KSV. Mittlerweile laufen die Fortbildungen unter Berücksichtigung der Hygienemaßnahmen wieder an und würden erfreulicherweise stark nachgefragt.
Länderübergreifend nicht einheitliche Regeln sind ein wichtiger Kritikpunkt
Kritisch sieht Tiedemann unterschiedliche Hygienekonzepte, die für Schulen und Vereine gelten: „Vereine müssen Sportgeräte nach Nutzung desinfizieren, für Schulen gilt das nicht. Das ist nur schwer vermittelbar und sollte vereinheitlicht werden.“ Auch der Föderalismus mit landesspezifischen Regeln für die Ausübung des Sports war für Vereine und Funktionäre schwer nachvollziehbar. Während in Schleswig-Holstein lange Zeit die Gruppengröße von zehn Personen galt, zog Niedersachsen diese Grenze bei 50. „Das führte zur absurden Situation, dass Fußballvereine aus Schleswig-Holstein für Freundschaftsspiele nach Niedersachsen gefahren sind. So ein Sporttourismus ist bestimmt nicht im Sinne des Gesetzgebers“, sagte KSV-Mitarbeiter Mark Müller.
Einig sind sich alle Gesprächsteilnehmer in einem Punkt: „Die Corona-Pandemie wird Vereine und Sporttreibende noch für geraume Zeit begleiten.“