Pinneberg. Der Oberliga-Tabellenletzte ist auch beim Ligasiebten TuS Osdorf komplett überfordert. VfL-Coach Krauze setzt auf den Nachwuchs

„Einen Torerfolg würde ich ihnen gönnen.“ Katrin H. (34) hat eine Schwäche für die Schwachen. Im Winter füttert die Osdorferin, die regelmäßig Heimspiele des TuS besucht, Vögel und Eichhörnchen. Nun erwecken die Oberliga-Fußballer des VfL Pinneberg beim 0:10 (0:4) am Blomkamp ihre Anteilnahme. So weit ist es also gekommen. Der Tabellenletzte, der seine Auswärtspartien davor mit 0:14, 0:3 und 0:8 verloren hatte, erntet schon längst keine Punkte mehr. Sondern nur noch Mitleid.

VfL-Verteidiger George Hastedt, der mit zwei Aussetzern binnen drei Minuten das 0:5 und das 0:6 verschuldet hatte, war für eine Stellungnahme nicht zu haben. „Ich gebe keine Interviews.“ Umso tapferer äußerte sich der neue Trainer Wojciech Krauze zur Lage. „Ich setzte bewusst auf die jungen Spieler, die Erfahrungen sammeln sollen. Diesmal waren es allerdings extrem bittere Erfahrungen.“ Eine Rückkehr auf das Spielfeld kommt für den ehemaligen Regisseur des FC Elmshorn nach eigener Aussage zunächst nicht infrage. Ganz klar benötigen die Pinneberger unbedingt eine Führungspersönlichkeit auf dem Feld.

Fehlpass vor dem eigenen Strafraum. Schwer zu erkennen, wer es gewesen ist, denn einige VfL-Trikots und die dazugehörigen Rückennummern sind mittlerweile arg ausgeblichen. So ging es los, das Dilemma. Mehmet Eren „zimmerte“ anschließend den Ball hoch in die rechte Ecke – 1:0 für Osdorf. Gespielt waren da genau drei Minuten und 40 Sekunden.

Anschließend hatte Dominic Lemcke gleich zweimal großes Pech. Bei einem Pinneberger Überzahlangriff blieb der Ball bei seinem Querpass an der Hacke eines Osdorfer Verteidigers hängen (15.). Da hatte das 1:1 in der Luft gelegen. Als der Ball nach einem katastrophalen Ballverlust von Leopold Neu in den Strafraum flog, überwand Lemcke im brachialen Zweikampf mit Jeremy Wachter möglicherweise den eigenen Torhüter. Schiedsrichter Jischkowski (VfL 93) wertete das 0:2 (28.) jedenfalls als Eigentor.

Die schlimmem Fehler und hilflosen Aktionen hörten einfach nicht auf. Lion Strauß vertändelte den Ball und wusste sich dann nur noch auf Kosten eines Elfmeters zu helfen, den Wachter zum 4:0 verwandelte. Beim 8:0 köpfte der eingewechselte Kevin Beyer den Ball direkt vor die Füße des Torschützen Samuel Amoah, der vergangene Saison noch dem VfL-Aufgebot angehörte und es an diesem Tag auf drei Einschläge brachte. Seinem 10:0 ging ein kapitaler Fangfehler von Keeper Timo Herrmann voraus – sein einziger übrigens.

Nur nach der Pause präsentiert sich der VfL auf Augenhöhe

Für die Begriffe von TuS-Manager Cemil Yavas bewegten sich die Pinneberger, die früh ihren verletzten Abwehrchef Edward Haustein eingebüßt hatten, auf „Kreisliga-Niveau“. Nur die ersten sieben Minuten nach der Pause haben sich die Pinneberger so präsentiert, wie Wojciech Krauze sie sehen will. „Da haben wir die Osdorfer früh angelaufen und sie so im Spielaufbau zu Fehlpässen gezwungen.“

Die Marschroute hatte sich in der 52. Minute erledigt. Enis Ay handelte sich die Rote Karte ein. Der Mittelfeldspieler soll TuS-Kapitän Bennet Krause eine Backpfeife verpasst haben. Schiedsrichter Leif Jischkowski gab später eine „grobe Unsportlichkeit“ zu Protokoll. Ay zog das Trikot über den Kopf und schlich in die Kabine.

„Natürlich werde ich das Team aufzurichten und neu zu motivieren versuchen“, kündigte Wojciech Krauze an. „Leicht wird das aber nicht.“ Katrin H., die Psychologie studiert hat, spricht das Schlusswort. „Den Pinneberger Jungs wünsche ich, dass sie bis zum bitteren Ende eisern zusammenhalten. Das wäre dann wohl ihr größter Sieg in einer völlig verkorksten Saison.“