Elmshorn. Holsteiner Pferdetage: Nachfahre von Elite-Hengst Casall bringt nur 6000 Euro Erlös. Nachwuchs überzeugt beim Landeschampionat
Auf einmal hat das sonst eher beschauliche Elmshorn internationales Flair. Belgier, Dänen, Schweden und Italiener sind gekommen, um drei Tage lang beim Holsteiner Landeschampionat der Nachwuchspferde und bei der Fohlenauktion an der Westerstraße das Schaulaufen der jungen Elite zu begutachten – oder sogar einen Hoffnungsträger zu ersteigern.
26 junge Fohlen wechseln bei der Auktion die Besitzer, die Preisspanne überrascht. Während das teuerste Fohlen für 20.000 Euro versteigert wird, bringt ein drei Monate altes Stutfohlen des Weltelite-Hengstes Casall dem Züchter Hans Peter Petersen aus Tating gerade einmal 6000 Euro.
Viele Bieter geben sich zurückhaltend und pokern. Ein älterer Züchter aus dem Kreis Segeberg, der lieber ungenannt bleiben möchte, schüttelt frustriert den Kopf. „Ich habe drei Zuchtstuten, mit diesen Preisen macht das Züchten gerade keine Freude“, sagt der Fachmann. Denn Aufwand und Kosten sind beträchtlich: Eine Stute ist fast elf Monate tragend, eine Portion Sperma eines jungen Hengstes kostet mindestens 350 Euro. Bei dem legendären Casall liegt die Einstiegsrate bei 700 Euro. Die gleichen Summen werden jeweils noch einmal fällig, sobald die Stute tragend ist und wenn das Fohlen geboren worden ist. Hinzu kommen tierärztliche Untersuchungen bei der Stute, da ist ein Züchter schnell ein paar Tausend Euro los. In diesem Fall zahlt der Züchter aus Tating drauf.
Auktionator Günther Friemel aus dem niedersächsischen Oyten hält immer wieder nach neuen Geboten Ausschau. Und schon kommt die nächste Überraschung. Plötzlich bietet ein Mann aus einem geparkten Autos heraus für ein drei Monates altes Stutfohlen mit. Die Holsteiner Züchter haben schon einiges erlebt, doch diese Situation ist für sie ganz neu. Auktionator Friemel wendet sich dem Mann zu, das Auto wird zur Bühne.
Der Bieter ist der Italiener Alessandro Mingoli (59), er ist mit seiner Familie aus Rom gekommen, um für seine Kunden Ausschau nach sportlichem Nachwuchs zu halten. „Es ist mir etwas zu kalt und zu windig“, gesteht der lebensfrohe Italiener. „Und von meinem Fahrersitz aus ist die Sicht doch geradezu perfekt“, sagt Mingoli im charmanten Sprachmix aus Deutsch, Englisch und Italienisch. Bei 8000 Euro bekommt er den Zuschlag, den Kaufvertrag für das noch namenlose Fohlen unterschreibt er ebenfalls im Auto. Mit Mehrwertsteuer und Auktionsgebühren summiert sich der Kaufpreis auf mehr als 10.000 Euro.
Mit internationalen Springreitern arbeitet Mingoli zusammen, zum Beispiel mit Harrie Smolders. Ein herausragender niederländischer Springreiter, der seit Jahren zur Weltspitze gehört. „Ich kaufe im Auftrag von meinen Kunden und nur nach der genetischen Erbgutlinie“, sagt Mingoli. Und das passt bei der jungen Stute. Die bleibt zunächst in der Aufzucht von Carmen Hinrichsen-Bockmeyer in Kropp. Weitere Entscheidungen stehen erst in drei Jahren an, wenn die junge Stute gesattelt werden kann.
Vierjährige Pferde meistern einen kleinen Parcours
Züchter, Reiter und Pferdeliebhaber sehen sich ebenfalls gerne bei den älteren Pferden um, die zum Beispiel schon mit vier Jahren einen kleineren Parcours meistern können. In 14 unterschiedlichen Prüfungen präsentieren vorwiegend Berufsreiter drei bis sieben Jahre alte Vierbeiner, die nach Alter, Können und Ausbildungsstand eingeteilt sind. Dazu gehören die Qualifikationsprüfungen der drei und vier Jahre alten Dressurpferde für das Bundeschampionat im September in Warendorf.
Roland Metzler (39) aus Tornesch ist Ausbilder von jungen Nachwuchspferden und reitet selbst Dressur bis zur hohen internationalen Klasse S*(schwer). Sein vier Jahre alter Siegerhengst Carbon ist das, was Experten ein „komplettes Pferd“ nennen. Es geht in dieser Prüfung um Disziplin und Konzentration, um Charakter und Bewegungen im Schritt, Trab und Galopp.
Im Vorjahr glänzte Carbon ebenfalls als Sieger, in diesem Jahr erreicht er mit Metzler am Zügel die Note 8,2. Die Höchstnote 10 wird in der Praxis kaum vergeben. Die schönste und eleganteste Holsteiner Stute heißt Hevita und stammt aus dem Besitz von Reimer Detlef Hennings aus Bendorf. Hevita kann alle 50 Konkurrentinnen übertrumpfen.
Spannend und rasant geht es auf dem neuen Sandplatz zu, der nun wetterbeständig ist. „500.000 Euro hat der Holsteiner Verband dafür mithilfe von Spendern investiert“, sagt Präsident Thies Beuck. Der Parcours ist für das Finale des Landeschampionats der sechsjährigen Springpferde aufgebaut. Kriterien sind das Tempo, das korrekte Anreiten der Hindernisse und die Kunst, enge Wendungen zu reiten, um wertvolle Sekunden zu sparen.
„Ich bin heute nicht die Siegerin, allerdings haben sich die drei Tage für unsere sechs jungen Pferde gelohnt. Mit Escada kam ich sogar auf den vierten Platz“, sagt Kristin Kirchner aus Friedrichshulde. Den Championats-Titel sicherte sich der Japaner Takashi Haase Shibayama aus Klein Offenseth mit dem Wallach Casallantum.