Appen. Hausherr im Derby-Park Klein Flottbek:Klaus Meyer (81) führt seit 31 Jahren den Norddeutschen und Flottbeker Reitverein,
Seine Leidenschaft sind Sportpferde und das, seitdem er denken kann. „Die Tiere faszinieren und begeistern mich“, sagt Klaus Meyer. Der
81 Jahre alte Appener ist eine Institution im deutschen Reitsport. Er hat dreimal am legendären Deutschen Springderby in Klein Flottbek teilgenommen (1958 und 1959 mit zwei Pferden), ist seit mehr als sechs Jahrzehnten Mitglied des Norddeutschen und Flottbeker Reitvereins und führt ihn seit 31 Jahren als Vorsitzender.
Damit ist er Hausherr im Derbypark in Klein Flottbek. Meyer, der sich heute in Appen auf seinem Dorotheenhof um seine zwei Zuchtstuten und um seine beiden Fohlen kümmert, ist immer noch mit großer Begeisterung dabei und brennt für den Sport, ganz besonders für den Springsport. Gerade erst hat Klaus Meyer zum 26. Mal das Jugend- und Amateurturnier in Klein Flottbek organisiert – es ist für ihn eine Herzensangelegenheit.
Ein Leben für den Reitsport: Klaus Meyer erinnert sich. Sein Vater Hans gründete 1928 jenen Reitverein. Im Zweiten Weltkrieg wurden die Stallungen erst zu einem Pferdelazarett umfunktioniert, dann wurden dort Sperrballons, die feindliche Piloten behindern sollten, hergestellt. „Kurz nach dem Krieg plünderten die Flottbeker komplett die Halle und die Stallungen. Alles, was nicht niet- und nagelfest war, wurde dreist geklaut“, sagt Meyer.
Selbst die Holzbande wurde aus der Reithalle herausgerissen und verfeuert. „Es gab ja nichts zum Heizen.“ Nun hieß es anpacken und nicht lange schnacken. Mit vereinten Kräften wurde alles wieder hergerichtet. „Natürlich mussten wir viel improvisieren.“
Schon Meyers Vater Hans war ein echter Pferdenarr
Sein Vater war die treibende Kraft. „Er war schon verrückt nach den edlen Tieren und hat es mir mit allen Mitteln ermöglicht, dass ich mit 14 Jahren ein eigenes Pferd besitzen konnte. Ich glaube, er hat dafür sogar ein kleines Grundstück verkauft. Und das in der Nachkriegszeit, als es kaum etwas zu essen gab.“ Gucken war für den jungen Meyer auf dem Hamburger Derbyplatz erlaubt, das Turnier durfte er zu diesem Zeitpunkt allerdings noch nicht reiten. Dafür musste man volljährig, also 21 Jahre alt sein.
„Es gab ab 1950 eine Prüfung für Jugendliche, am Start waren wir im Schnitt mit zwölf Teilnehmern.“ Das Derby der „Herrenreiter“ wurde schnell nicht nur zu einem sportlichen, sondern auch zu einem gesellschaftlichen Höhepunkt. „Tolle, elegante und schöne Frauen reisten an“, schwärmt Meyer, „dazu Adelige und eine Handvoll Berufsreiter.“
An großartigen Luxus wie Pferdetransporter war nicht zu denken, das Personal machte sich mit den Pferden an der Hand auf den Weg zum Turnier. In der ehemaligen Baumschule von Ehren wurden die Vierbeiner in einer hergerichteten Lagerhalle untergebracht. „Zwei Pferde eines Teilnehmers knabberten wertvolle Platanen an, die Baumschuler Johannes und Lorenz von Ehren waren stocksauer und schickten unserem Verein eine saftige Rechnung“, erzählt Meyer und lacht. Die gute Allianz mit dem Baumschuler von Ehren war abrupt beendet.
Vor allem Jagdreiten war in den 1950er-Jahren angesagt
Das Jagdreiten war in den 50er-Jahren der Kick schlechthin, besonders rund um Flottbek, das damals noch von Landwirtschaft geprägt und in großen Teilen unbebaut war. „Hinter dem Botanischen Garten ging es durch die Wiesen, auf denen seit 1966 das Elbe-Einkaufszentrum steht, am heutigen Autohaus Leseberg vorbei, damals war es eine Schmiede. Dort überquerten wir die Osdorfer Landstraße, dann ging es rüber nach Schenefeld in den Klöven-steen.“ Erst da war der gemeinsame Start für die acht bis neun Kilometer lange Jagdstrecke. „Für die Reiter gab es eine Erbsensuppe und Schnaps. Nach der Jagd ging es nach Klein Flottbek zurück“, sagt Meyer. Diese Ausflüge umfassten immer mehr als 25 Kilometer. „Für Reiter heute unvorstellbar.“
Der Reitersmann breitet seine Arme aus und erzählt: „Zwei Kutschpferde zogen uns auf einem Allzweckanhänger von Flottbek zum Turnier, hinten saß ich, und zwei Sportpferde liefen am Halfter hinterher, die ich brav festhielt.“ Für Ross und Reiter gab es beim nächsten Bauern immer eine Unterkunft, auch in Wedel, Elmshorn oder Bad Segeberg waren aufwendige Touren von Improvisation geprägt.
Beständiger war dagegen der Parcours auf dem Derbyplatz in Klein Flottbek mit den klassischen Hindernissen wie den irischen Wällen, Pulvermanns Grab, dem Birkenoxer und dem großen Wall. Doch: „Alle Hindernisse haben wir im Laufe der Zeit entschärft, die Unfälle waren einfach zu heftig“, sagt Parcourschef Meyer. Ganz besonders denkt er an den großen Wall, dahinter stand eine feststehende Planke. Sprang das Pferd mittig, waren schwere Verletzungen wie Brüche und offene Wunden die Folge. „In dieses spezielle Hindernis habe ich ein Kugelgelenk eingebaut, es klappt nach vorne weg.“
Auch für die Amateure im Spring- und Dressursport ist es ein Traum, endlich auf diesem legendären Derby-Platz an den Start gehen zu können. Der Immobilienkaufmann organisiert seit 1992 mit seinem Team jedes Jahr das Jugend- und Amateurturnier, rund 1300 Startplätze sind für 24 unterschiedliche Prüfungen vergeben.
Ein Highlight ist die Qualifikation zur deutschen Amateur-Meisterschaft, eine Herzensangelegenheit des Vorsitzenden Meyer sind das Kostümspringen und der Reiterwettbewerb mit den ersten Sitzübungen im Sattel. Hier ist der Nachwuchs besonders engagiert und kreativ. Pippi Langstrumpf, Indianer, Libellen, „Königin“ der Löwen und
Lucky Luke sausen mit ihren Ponys über den Parcours und geben alles. Der Ritt wird mit einer Stilnote bewertet und zusätzlich das Siegerkostüm prämiert. Über diesen Preis freut sich Maja Wäller (11) aus Elmshorn mit ihren Banditen besonders. „Als Lucky Luke habe ich vier böse Gauner im Schlepp, der Aufwand hat sich gelohnt“, sagt Maja.
„Ich möchte mal Springreiterin werden.“ Als Klaus Meyer das hört, leuchten seine Augen. „Die Begeisterung der Kinder ist meine schönste Belohnung.“