Elf Spieler aus dem Kreis Pinneberg haben Wolfgang Helm in der Rückrunde besonders überzeugt. Vier Akteure vom Oberligisten VfL dabei.
Sechs Jahre war er der verlängerte Arm von Trainer Ralf Palapies auf dem Spielfeld. Kaum jemand in der Fußball-Oberliga zog so clever die Fäden wie Jan Melich (33), Kapitän des SV Rugenbergen. Der Regisseur und Taktgeber war auch so schlau, sich zum richtigen Zeitpunkt aus Hamburgs höchster Spielklasse zurückzuziehen.
Zum Schluss hatte er Kunstpausen eingelegt oder sich gequält, das hohe Tempo mitzuhalten. Die Bönningstedter danken einem klassischen Dirigenten, der als Anerkennung seiner Leistungen für den „Dorf-Club“ in der Top-Elf des Fußballs im Kreis Pinneberg nach der Winterpause nicht fehlen darf. Melich konzentriert sich auf eine neue berufliche Herausforderung, die es ihm verbietet, sich an vier von sieben Wochentagen dem Fußball zu widmen.
Vermissen wird ihn Stürmer Pascal Haase (23), der oft von Melichs Steilpässen und Ideen lebte, aber ebenfalls durch Mannschaftsdienlichkeit besticht. Mit 15 Saisontreffern fiel Haases Ausbeute zwar nur durchschnittlich aus. Trainer Palapies misst ihn an seinem stets hohen läuferischen Einsatz und einwandfreien Auftreten ohne Allüren. „Pascal hat mein uneingeschränktes Vertrauen. Bei mir ist er gesetzt.“
Tim Vollmer, ein Jahr jünger als Jan Melich, stand dem VfL Pinneberg verletzungsbedingt 2017 überhaupt nicht mehr zur Verfügung. An seiner Stelle übernahm Jan-Philipp Zimmermann (24) die Kapitänsbinde, die Lufthoheit im eigenen Strafraum und die Organisation der Hintermannschaft - mit Erfolg. Von 16 Partien zwischen dem 4. Februar und dem 16. Mai gewannen die Pinneberger neun. Das reichte allemal, sich nach großen enormen Schwierigkeiten während der Hinrunde souverän den Klassenerhalt zu sichern. Zimmermann hatte großen Anteil daran, wechselt nun allerdings ebenso wie Teamgefährte Flemming Lüneburg zu Union Tornesch in die Landesliga. Das Duo geht damit den umgekehrten Weg wie Björn Dohrn (22), der nach 38 Saisontreffern für den FC Union bei Altona 93 seinen zweiten Versuch unternimmt, höherklassig Fuß zu fassen.
Ursprünglich hatte sich die SVHR die Dienste des Torjägers gesichert. Aufgrund des Abstiegs griff dann die Ausstiegsklausel. Von der Halstenbeker Startelf beim 1:2 im Oddset-Pokalfinale gegen Eintracht Norderstedt hätten aufgrund überragender mannschaftlicher Geschlossenheit fast alle ins Dreamteam gehört. Doch HR-Spieler tauchen in der Auswahl nicht auf. Zu ernüchternd waren oftmals die Leistungen in der Punktrunde. Zu den ganz sachlichen Innenverteidigern zählt Sven Worthmann(23/SV Rugenbergen), der diese Position einnahm, als sich Steven Tegeler und Niklas Stahlbock verletzten. Als linker Verteidiger oder im linken Mittelfeld verschafft er sich noch mehr Geltung.. An „Mr. Zuverlässig“ vorbeizukommen, das war sogar für Daniel Diaz (22) während der Saison 2012/2013 ein aussichtsloses Un-terfangen. Gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder Luis zog er nach nur einem Jahr die Konsequenzen daraus - Wechsel zum VfL. Beide Spaßkicker, die sich wie ein Ei dem anderen ähneln, lieben den Kombinations-Fußball und setzen bei den Pinnebergern die spielerischen Akzente. Teamgefährte Alexander Borck (24) gibt unterdessen auf der rechten Seite das Kraftpaket. Der Fitness-Trainer aus Altona schaffte es mit seinen energischen Vorstößen (und zwölf Torerfolgen) sogar auf die Wunschliste von Regionalliga-Clubs. Nach wochenlangem Schwebezustand entschied er sich doch wieder für den VfL.
Auch Mark Hinze(26) hatte sich entschlossen, seinem Club (Wedeler TSV) die Treue zu halten. Der sportliche Leiter Frank Ockens bescheinigte dem torgefährlichen Mittelfeldspieler, rechte Seite, eine „überragende Saison“. Andere teilten diese Auffassung. Hinze ist jetzt Spieler von Regionalliga-Aspirant FC Altona 93, der ihn mit einem Vertragsamateur-Vertrag versah und so alle zwischen Hinze und Wedel getroffenen Vereinbarungen außer Kraft setzte. Die Wedeler sind wütend, dass der AFC hinter ihrem Rücken an Hinze „baggerte“. Andererseits steht der Vorwurf aus Halstenbek im Raum, die Wedeler hätten beim Wechsel von Sturmtalent Fernando Roesler zum WTSV Spielregeln verletzt. Jeder ist sich selbst der Nächste, dieses Sprichwort wurde in der Oberliga längst Realität.
Die Wedeler trösteten sich mit der Weiterverpflichtung von Eric Agyemang (37) über den großen sportlichen Verlust hinweg. Der früherer Drittliga-Profi reichte beim Aufsteiger zwar nicht an seine Torquote (15) in seinen drei Jahren bei der TuS Dassendorf heran. Mit seiner Fitness, seiner Präsenz auf dem Rasen und seinem Erfahrungsschatz gilt der Deutsch-Ghanaer aber als leuchtendes Vorbild vor allem für seine jüngeren Teamgefährten. Die wirkten nach bitteren Niederlagen wesentlich stabiler, als Stefan Steen am 19. Februar (1:1 gegen den TuS Osdorf) nach langer, verletzungsbedingter Pause zwischen die Pfosten zurückgekehrte. Steen strahlte die Ruhe aus, die von Lucas Albracht und Niklas Marten (noch) nicht ausging.
Die Top-Elf nach der Winterpause (4-3-3): Steen – Borck, Worthmann, Zimmermann, Daniel Diaz – Hinze, Melich, Luis Diaz – Haase, Agyemang, Dohrn.
Neun Spieler sitzen auf der Reservebank der Top-Elf
Solide bis gut im Tor waren auch die drei Kreisrivalen besetzt, wenngleich es für Jannis Waldmann (SVR), Norman Baese (VfL) und Mirco Oest (HR) genauso wie für die WTSV-Nachwuchskeeper Albracht und Marten reichlich Einschläge hagelte. Diesmal gebührt Waldmann als Mann der Zukunft nach dem Ende der Ära Dennis Schultz der Platz auf der Reservebank, wie sich die meisten Oberliga-Trainer wohl auch mit Niklas Siebert, Tim Jeske, Marcel Schöttke, Christian Okafor (SVHR), Jan Eggers, Marlo Steinecke (Wedeler TSV), Jan-Henrik Kaetow und Christian Kulicke (VfL) glücklich schätzten.