Pinneberg. Karsten Tiedemann ist seit 1983 Geschäftsführer im Kreissportverband Pinneberg. Er weiß, was gut läuft und was sich ändern muss

Wohl die meisten der beruflich- und ehrenamtlich in Sportvereinen Engagierten haben ihn schon Mal angerufen. Und zur Begrüßung gehört: „Tiedemann! Kreissportverband Pinneberg!“ Die Stimme hat etwas Frisches, Kompetentes, Einnehmendes. Selbst wenn man das allererste Mal mit Karsten Tiedemann telefoniert – nach wenigen Minuten ist da etwas Vertrautes, als habe man schon auf der Schulbank neben ihm gesessen. „Ja, die Kommunikation und die Netzwerkarbeit, das sind Stärken von mir“, sagt der Mann, der seit ewigen Zeiten die Geschäfte des rund 81.000 Mitglieder starken Kreisverbandes führt.

Und dabei oft genug mit dem Mikrofon in der Hand moderiert und lobt und ehrt. Wie bei den Verbandstagen, wenn er silberne und goldene Ehrennadeln verleiht. So wie vor zwei Jahren in Elmshorn. Da allerdings wurde Karsten Tiedemann von Hans-Jakob Tiessen, dem Präsidenten des Landessportverbandes selbst zu einer besonderen Ehrung in den Mittelpunkt geschoben. „Das war schlimm“, reagiert Karsten Tiedemann noch jetzt hinter seinem Schreibtisch in den Räumen des Kreisportverbandes in Pinneberg. „Ich wollte in den Boden versinken. Zum einen bin ich selbst vorher nie geehrt worden. Zum anderen ist meine Arbeit doch auch mein Beruf. Dafür werde ich doch bezahlt.“

Bei der Ehrung gibt es Applaus von allen Seiten

Aber als dem leitenden Angestellten die Silberne Ehrennadel angesteckt wurde, erhoben sich die Repräsentanten der Vereine und sagten mit Dauerapplaus „Danke“. „Das war natürlich schön“, sagt Karsten Tiedemann jetzt. Und nach kurzer Pause: „Ja, da hatte ich Tränen in den Augen.“

Es war ein mutiger und ein zukunftsweisender Schritt, als die Führung des Kreissportverbandes 1983 den jungen Verwaltungsangestellten aus Elmshorn als Geschäftsführer anwarb. Den Job hatte es vorher nicht gegeben. „Ich war der erste Geschäftsführer in ganz Schleswig-Holstein“, sagt der inzwischen 55-Jährige. „Damit bin ich auch Dienstältester im Landesverband.“

Zufällig und überraschend ist es nicht, dass der Sport – vor allem auch die Jugendarbeit – das Zentrum im Leben des heimatverbundenen und bodenständigen Elmshorners ist. „Mehr als 50 Jahre bin ich aktives Mitglied im Elmshorner MTV“, blättert Karsten Tiedemann zurück. Schon mit zwölf Jahren organisierte der kleine Schwimmer nebenbei Filmabende, war mit 15 Jugendgruppenleiter, mit 16 Jugendwart und mit 22 Schwimm-Abteilungsleiter. Auch beruflich zeichnete er als stellvertretender Kreisjugendpfleger in der Kreisverwaltung für die Förderung von Jugendgruppen verantwortlich.

„Sind Sie also der geborene Funktionär?“ Wer allerdings den engagierten Antreiber und Vorwärtsdenker mit dieser Frage provozieren will, bekommt eine sehr nachdenkliche Antwort: „Die Liebe zum Sport und zur Jugendarbeit bestimmen mein Leben. Ich weiß, wie prägend der Sport und das Erwachsenwerden in einer Gemeinschaft für Mädchen und Jungen sein kann. Jugendarbeit im Verein, das ist eine kostengünstige Förderfürsorge für unsere ganze Gesellschaft. Niederlagen weg­stecken, sich immer wieder aufrappeln, auch Rücksicht auf den anderen nehmen und dass einen die Gemeinschaft stark macht. Diese Erfahrungen nimmt man mit. Und in den Jugendgruppen finden sich Freundschaften, die oft für’s ganze Leben halten.“ Wie bei ihm und Volker Hatje, dem Bürgermeister von Elmshorn.

„In der Sportförderung ist unser Land Schlusslicht“

Was freut den Mann denn besonders, der sozusagen im Hintergrund die Entwicklung und die Zukunft des Vereinssports mitplant und vorantreibt? „Wenn wir beispielsweise 70.000 Euro zusammenbekommen, um das Feriencamp des Kreissportverbandes in Neukirchen zu modernisieren. Wenn es also auch auf politischer Ebene gelingt, Projekte durchzusetzen. Wir hier in Pinneberg haben das umfangreichste Aus- und Weiterbildungsprogramm für Übungsleiter und ehrenamtliche Führungskräfte in ganz Schleswig-Holstein aufgebaut. Das macht mich schon stolz“.

Was ist ein ewiger Ärger? „Dass die Politik auf kommunaler wie auch auf Landesebene zu wenig Geld für den Sport locker macht. Was die Sportförderung betrifft, ist Schleswig-Holstein Schlusslicht in Deutschland.“

Und wohin müssen sich die Sportvereine entwickeln? „Sie müssen umdenken. Übungsräume müssen kleiner und variabler aufgeteilt werden. Auch das System der Mitgliedschaft gehört flexibler gestaltet. Was andererseits die oft verschmähte Vereinsmeierei betrifft, auch unsere kommerzielle Konkurrenz spricht ja wieder von der Gemeinschaft der Mitglieder.“

Bei Karsten Tiedemann und Ehefrau Wiebke sind und bleiben dies der EMTV und dessen großes Fitnesszentrum, das Vie Vitale.