Pinneberg. Drittliga-Volleyballer des VfL Pinneberg unterliegen dem Bundesligisten SVG Lüneburg glatt mit 0:3. 400 Fans sind dennoch begeistert

21.15 Uhr – die Drittliga-Volleyballer des VfL Pinneberg und auch ihr noch zahlreich anwesender Anhang stecken die Köpfe zusammen und fangen an zu lachen. Was sie da auf dem Smartphone lesen, amüsiert sie. Kurz nach Spielende vermeldet die offizielle Internetseite des Deutschen Volleyball-Verbandes (DVV) einen 3:0-Kantersieg für die Pinneberger. Ein Drittligist wirft den Erstligisten und ehemaligen Euroleague-Teilnehmer SVG Lüneburg aus dem DVV-Pokal – was nach einer absoluten Sensation klingt, ist in Wahrheit ein bloßer Eingabefehler; man hat schlichtweg die Zuordnung vertauscht.

Dennoch hatten die rund 400 Pinneberger bei diesem Pokal-Achtelfinale in der proppenvollen Arena an der Richard-Köhn-Straße eine Menge Spaß. Noch nie wollten so viele Zuschauer ein Heimspiel der ersten Volleyball-Herren miterleben. Was der VfL Pinneberg schon lange als „Spiel des Jahres“ angekündigt hatte, sorgte für breites Zuschauerinteresse – bereits 45 Minuten vor Spielbeginn gab es auf dem umliegenden Schulgelände keine freien Parkplätze mehr.

Neben einer kleinen Lüneburger Fraktion sorgte vor allem das heimische Publikum für eine festliche Geräuschkulisse. Zum Rahmenprogramm zählten erstmalig auch die Starlets Cheerleader aus Norderstedt. Die sieben dynamischen Tänzerinnen aus dem SV Fried­richsgabe überbrückten die Spielunterbrechungen mit Showeinlagen.

Auf dem Spielfeld standen sich zwei Teams gegenüber deren Klassenunterschied auch Laien leicht erkannten: Während das Dress der Lüneburger mit Sponsoren-Logos gesäumt war, trugen die Pinneberger schlichtes Schwarz mit goldener Rückennummer. Außerdem waren die Niedersachsen im Schnitt um einen Kopf größer als die Hausherren.

Hallensprecher André Kulisch war selber bis vor zwei Jahren Spieler im ersten Team
Hallensprecher André Kulisch war selber bis vor zwei Jahren Spieler im ersten Team © Ulrich Stückler | Ulrich Stückler

Grund für die VfL-Fans, ihre Helden umso mehr anzufeuern. André Kulisch fungierte dabei als Antreiber der guten Stimmung. Der Hallensprecher war ergriffen von den Zuschauern, die sich mit Spielende von den Sitzen erhoben und beiden Teams stehend, lang anhaltenden Applaus spendeten: „Das Spektakel kam für mich zwei Jahre zu spät.“ Kulisch hatte bis dahin selbst im ersten Team gespielt und war zu der Zeit nur rund 50 Zuschauer gewohnt.

VfL verschenkt Punkte durch Aufschlagfehler

Die ausgelassene Stimmung blieb ungetrübt, was auch an der realistischen, sportlichen Erwartungshaltung lag: Zumindest 33 Punkte wollten die Volleyballer um Cheftrainer Daniel Prade holen; das Match sollte über eine Stunde dauern. Beide Ziele waren nach 77 Minuten Nettozeit und 48 gewonnenen Ballwechseln (18:25, 14:25, 16:25) erfüllt.

Mit dem Klassenunterschied nichts zu tun hatte das verbesserungswürdige Aufschlagspiel der Gastgeber: Insgesamt 14 Punkte verschenkten Kapitän Sebastian Tanner & Co. durch Bälle, die entweder im Netz oder hinter der Seitenlinie landeten und zuvor erkämpfte Punkte zunichte machten. Umso größer der Jubel, als Pinnebergs Peter Hoffmann der einzige Aufschlagpunkt gelang – bei Lüneburg waren es sechs.

Doch es waren Aktionen der Hausherren, die für die größten Jubelstürme sorgten. Als ein mächtiger Block von Stefan Radke, Florian Sievers und Max Voigt für einen direkten Punkt sorgte, stand die Halle Kopf; dabei war es doch „nur“ das 14:21 im letzten Satz. „Aber die Atmosphäre war die ganze Partie über großartig“, sagte VfL-Kapitän Sebastian Tanner. „Das Publikum hat uns großartig unterstützt; ich denke, wir haben gute Eigenwerbung betrieben.“

Aber auch für einen Gästespieler war dieses Event ein ganz besonderes: Florian Krage. Der Youngster wechselte im Sommer vom VfL zur SVG und gab an alter Wirkungsstätte sein Pflichtspieldebüt. „Die Halle war noch nie so voll wie heute“, sagte der Neu-Lüneburger, der mit Beifall empfangen und von Kulisch als „verlorener Sohn“ begrüßt wurde. Im Spiel versuchten ihn die ehemaligen Kameraden durch gezielten Blickkontakt zu verunsichern. „Das hat auch Mal geklappt“, räumte Krage ein. Doch er überzeugte im ersten Saisonauftritt, den er sich laut Trainer Stefan Hübner durch gute Trainingsarbeit verdient hatte. Sein ehemaliger Coach Prade wählte ihn am Ende – etwas augenzwinkernd – sogar zum Mann des Abends auf Seiten der Lüneburger.

Über besondere Stärke seiner Ex-Kollegen hatte das Trainerteam den 19-Jährigen nicht ausgefragt. „Dafür sollte ich den schnellsten Weg durch die Baustellen ansagen.“ Krages Plädoyer für den Elbtunnel erwies sich als richtig. Gerne wäre er nach der Partie noch kurz nach Hause gegangen, zu Fuß liegt es knapp zehn Minuten entfernt. Doch auch er stieg letztlich in den Bus nach Lüneburg – in Richtung neue Heimat...