Henstedt-Ulzburg. Chiara Pawelec und Tomke Dziesiaty kicken seit dieser Saison bei Zweitligist SV Henstedt-Ulzburg. Sie überspringen so drei Spielklassen
Die Geschichte von Chiara Pawelec und Tomke Dziesiaty klingt wie ein kleines Fußballmärchen. Möglicher Titel: „Von zweien, die auszogen, um die Bundesliga zu erobern.“ Hintergrund: Das im positiven Sinn fußballverrückte Duo feilte noch in der vergangenen Spielzeit bei den männlichen B-Junioren des FC Union Tornesch an seiner Fußballtechnik und -taktik. Die höchste, selbst erlebte Spielklasse: Bezirksliga.
Und nun? Eine völlig neue Welt für Chiara und Tomke. Von den ersten drei Partien der Frauen des SV Henstedt-Ulzburg in der Saison 2016/2017 der 2. Bundesliga Nord haben die 16 Jahre jungen Kickerinnen jede bestritten, die letzten zwei Matches gar jeweils in der Startformation. Ein Traum ist wahr geworden, und das früher als erhofft – geschweige denn geplant.
„Wir sind eigentlich für die B-Juniorinnen nach Henstedt-Ulzburg gekommen, schließlich sollte das unser erstes Team im rein weiblichen Bereich werden“, sagte Chiara Pawelec, die aus Appen kommt und die 11. Klasse der Theodor-Heuss-Schule in Pinneberg besucht. Chiara ist zwar wie Tomke Dziesiaty schon in die Hamburger Jahrgangs-Juniorinnenauswahl berufen worden, doch Trainings- und Liga-Alltag fanden bislang nur im Kreis ihrer männlichen Altersgenossen statt. „Wir sind zwar zum SVHU gegangen, weil da zwei starke Frauenteams sind und uns eine Perspektive bieten, aber so schnell?“
Doch das Duo wurde in seinen ersten Trainingseinheiten auch von Tobias Homp beobachtet. Der ehemalige Bundesliga-Profi des HSV und seit Sommer 2015 Trainer der SVHU-Frauen, erkannte das Potenzial der Neuzugänge. „Ich habe sie gleich zum Frauentraining eingeladen, weil mir gefiel, wie sich Tomke und Chiara präsentierten“, sagte Homp. „Ich hatte da zwar noch nicht das Gefühl, dass sie sofort in den Spielkader aufrücken könnten, aber den Eindruck haben sie durch ihre Trainingsleistung bald geändert.“ Wohlwollendes Interesse, das die Tornescherin Tomke Dziesiaty, Zehntklässlerin an der Klaus-Groth-Schule, ziemlich überraschte. „Das war schon ein positiver Schreck für mich, dass so schnell dieses Angebot von Tobias Homp kam“, sagte die Vollblutfußballerin. Seit ihrem fünften Lebensjahr tritt sie, „angefixt“ durch ihren älteren Bruder, gegen das Kunstleder. „Ich sehe das als große Chance für uns, dass wir hier auf einem ganz anderen Level lernen können.“
Und Engagement attestiert Tobias Homp seinen jüngsten Neuzugängen gern. „Die beiden haben eine Top-Einstellung: Sie geben im Training alles, sind lernwillig, hören zu und sind teamfähig.“ Letzteres wird dem Duo nach eigener Einschätzung leicht gemacht. „Wir sind richtig gut aufgenommen worden, wir fühlen uns von Anfang an wohl, wie vollwertige Teammitglieder“, sagt Innenverteidigerin Chiara Pawelec. Homp: „Wir haben mit Bianca Weech und Maria Marrocu auch zwei tolle Führungsspielerinnen im Kader, die sehr viel für den Zusammenhalt tun. Teamgeist muss in dieser Saison, in der es nur gegen den Abstieg gehen kann, unsere Stärke sein.“
Und nicht zuletzt die Qualitäten der Neuen aus Tornesch. „Man merkt Chiara und Tomke an, dass sie die letzten Jahren mit und gegen Jungs gespielt haben. Sie verfügen über gute Zweikampfhärte, Athletik und Schnelligkeit“, sagt Homp. Der hat Tomke Dziesiaty indes aus dem für sie gewohnten rechten Mittelfeld in die rechte Abwehr zurückbeordert. „Vorne sind wir gut aufgestellt, in der Defensive hilft sie uns mehr“, sagt der Coach, nimmt die Qualität seiner Youngster aber nicht um jeden Preis in Anspruch. „Bei so jungen Spielerinnen bin ich gefordert, sie nicht zu verheizen und sie auch mal aussetzen zu lassen.“
Aber wohl nicht am Sonntag, wenn um 14 Uhr das noch punktlose Schlusslicht FSV Gütersloh beim SVHU gastiert. „Die sind wesentlich besser, als ihr Tabellenstand, und wir haben ja auch erst nur einen Sieg auf dem Konto“, sagt Homp. „Da ist es wichtig, dass unsere Abwehr steht.“
Und das voraussichtlich mit dem Duo aus Tornesch...