Elmshorn. So läuft die Frühjahrsauktion des Holsteiner Verbandes: Gesundheits-Check und Ausbildung geben den Ausschlag, ob ein Verkauf zustande kommt.

Carsten Lauck, Bernd Mohr und Horst-Henning Lienau, etablierte Pferdezüchter aus dem Kreis Pinneberg, erwarten die Holsteiner Frühjahrsauktion mit großer Spannung. „Wir können vorab eigentlich nicht wissen, ob unsere Preisvorstellungen mit denen der internationalen Käufern übereinstimmen wird“, sagt Carsten Lauck vom Reitverein am Bilsbek. Schweizer, Italiener, Engländer, Spanier, Türken, Amerikaner und Mexikaner schauen gespannt nach Elmshorn. 29 Springpferde im Wert von mehreren Hunderttausend Euro – 14 Stuten, 15 Wallache und drei Hengste – stehen zum Verkauf.

Bevor die Springsportler einen neuen Besitzer finden, gibt es einen Pferde- TÜV. Der beginnt mit der Standarduntersuchung für Augen, Lunge, Herztöne und Gelenke. Darüber hinaus werden Röntgenbilder gemacht, die in verschiedenen Klassifizierungen von eins (sehr gut) bis fünf (mangelhaft) eingeteilt sind. Diese Untersuchungen gehören beim Pferdekauf zum Alltagsgeschäft für Tierärzte.

Eine davon ist Brigitte Otto aus Breitenburg, die auf der Anlage an der Westernstraße in Elmshorn alle 32 Holsteiner Pferde betreute, die für die Auktion angemeldet waren. Ein Pferd lahmte bei der Anlieferung im Februar und konnte die Box nicht beziehen. In der Trainingsphase fielen zwei weitere Vierbeiner aus.

Acht Bereiter, Pfleger und ein zahlenmäßig starkes Organisationsteam des Holsteiner Verbandes sorgte dafür, dass 28 Springpferde – eines wurde nicht verkauft – jetzt neue Besitzer in der ganzen Welt gefunden haben. „Mein Hengst hat es gut getroffen, ein internationaler Springstall in Belgien hat meinen vierjährigen Sportler erworben“, sagt Züchter und Stallbetreiber Carsten Lauck. Gar aus fernen Ländern kam der Australier Jake Swanston, der in Elmshorn für drei Monate viel über Zucht, Haltung und Auktionsabläufe lernt. Im Mai ist seine Zeit um, bis dahin will er noch möglichst umfangreiche Erfahrungen sammeln. Natürlich würde der Reiter gern wiederkommen.

Spielregel lautet: Erst Geld, dann das Pferd für die Käufer

Zwölf Springpferde der Auktion bleiben übrigens in Deutschland, vier davon wechseln im Kreis Pinneberg die Stallungen. „Wir sind mit den Verkaufsergebnissen sehr zufrieden, der Pferdekauf zieht langsam wieder an“, sagt Jan Lüneburg (Hetlingen), praktizierender Arzt aus Pinneberg und Präsident des Holsteiner Verbandes.

Das teuerste, sechsjährige Pferd Coleen, brachte mit seinen Turniererfahrungen satte 72.000 Euro. Der Käufer muss außerdem die Auktionsgebühren, Steuer und den Transport nach England bezahlen. Die Stute war bereits im Vorfeld als Favoritin gehandelt worden. Die Käufer aus den Nicht-EU-Ländern müssen sich allerdings noch in Geduld üben. „Nicht alle Pferde können sofort mitgenommen werden, zunächst muss das Geld auf dem Konto eingegangen sein“, sagt Sigrun Günther vom Verband. Das dauert in der Regel nach den jeweiligen Auslandsbestimmungen und Behördenabwicklung vier bis sechs Wochen.

In den EU-Ländern funktioniert das reibungsloser. Dann steht der Transport bevor. Wer eine größere Stecke vor sich hat, muss den Flieger nehmen. Der Käufer bestimmt, welche Route das Pferd über Frankfurt oder einen Flughafen in Belgien mit der Cargo-Maschine nehmen soll. „Es ist gar nicht so einfach, mal eben einen Platz im Flieger zu bekommen“, erklärt Mitarbeiterin Günther, eine Wartezeit müsse einkalkuliert werden. „Darauf sind wir eingestellt. Wir betreuen und bewegen die Pferde“, erklärt die Elmshornerin, die seit 37 Jahren für den logistischen Ablauf verantwortlich ist.

Unter den 28 Auktionsanwärtern sind zehn Sportpferde über eine Telefonauktion an den Mann gebracht worden. Dabei herrschte blindes Vertrauen, denn vor der Auktion waren nur vier von zehn Bietern kurzfristig in Elmshorn. Das anschließende Ergebnis: Drei Pferde treten die Reise in die Türkei an und jeweils eines nach Mexiko und in die USA. „Das funktioniert nur über Vertrauen. Pferd und Reiter müssen einfach passen, da braucht man viel Gefühl und Erfahrung“, sagt Sigrun Günther. Im Schnitt kostet ein Pferd 23.660 Euro. Das sind 1525 Euro mehr als im Vorjahr. Insgesamt wurden bei der Holsteiner Auktion 662.500 Euro umgesetzt.

Am Anfang aller Verkaufsbemühungen steht indes die Qualifizierung, alle Pferde die den Besitzer wechseln, müssen als Schlachtpferd oder Sportpferd eingestuft werden.

Schlacht- oder Sportpferd?

Dementsprechend müssen sich Besitzer und Züchter entscheiden, denn:l „Ist kein Vermerk im Pferdepass, muss das Tier medikamentös anders behandelt werden“, sagt Tierärztin Otto.

Das gilt für alle Vierbeiner: Ponys, Zucht, Freizeit- und Sportpferde.

Hintergrund ist, dass Sportpferde medizinisch mit anderen Wirkstoffen behandelt werden, die einem Schlachtpferd nicht zur Verfügung stehen.

Denn das Fleisch könnte Rückstände aufweisen, die nicht immer als uneingeschränkt unbedenklich für den Menschen gelten. Hintergrund von allem ist die Viehverkehrsordnung, die auch bei der Rinder- und Schweinehaltung angewandt wird.

Die Entscheidung ob ein Tier als Sport- oder Schlachttier eingetragen wird, fällt der Besitzer mit seinem Tierarzt. Das wird mit Stempel und Unterschrift beurkundet, der Eintrag kann nicht widerrufen werden. Daher überprüft jeder Tierarzt ganz genau, besonders wenn sie die Tiere und Besitzer noch nicht kennen. „Unsere Pferde sind immer als Sportpferde eingetragen, da Behandlungen vereinfacht sind und Arzneimittel ansonsten nicht auf Vorrat gehalten werden dürfen“, sagt Günther..Tragisches Beispiel: Das Freizeitpferd ‚Lotti’ hatte keinen Eintrag im Pass und galt somit als Schlachtpferd. Lotti bekam eine Huferkrankung, der Tierarzt wurde gerufen. Die Krankheit, war nicht in den Griff zu bekommen. Durch die verabreichten Medikamente muss eine Wartezeit eingehalten werden. Die Schmerzen setzten wieder ein, und um Lotti weiteres Leid zu ersparen, musste sie in ihrem Heimatstall eingeschläfert werden.