Stefan Permien rechnet sich bei den Kitesurf-Weltmeisterschaften auf der Nordsee Titelchancen aus
Pinneberg. Bei Windstärke fünf und dementsprechend hohen Wellen würden sich viele gar nicht erst ins Meer trauen. Für den in Schenefeld aufgewachsenen Stefan Permien sind aber genau diese Voraussetzungen perfekt, um seinen Sport, das Kitesurfen, auszuüben. Bei dieser Trendsportart steht der Sportler auf einem Board und wird von einem Kite (englisch für "Lenkdrachen") über das Wasser gezogen. Die Fortbewegung erfolgt dabei, ähnlich wie beim Surfen, durch den Wind.
"Jeder Tag ist anders auf dem Wasser, es ist nie dasselbe. Beim Fußball oder Handball läufst du im Prinzip stets die gleichen Strecken. Beim Surfen hingegen bist du immer anderen Verhältnissen ausgesetzt", sagt der 26 Jahre alte Wassersportler. Der wechselnde Wind, das Wasser und die Temperaturen machten diesen Sport sehr abwechslungsreich. "Es gibt einem ein ungemeines Freiheitsgefühl, sich auf dem Meer fortbewegen zu können. Dias macht den Sport für mich so besonders."
In diesem Jahr hat die Internationale Kiteboard-Vereinigung (IKA) zum ersten Mal die Weltmeisterschaft nach Deutschland vergeben: Von Freitag, 6. Juli, bis zum 15. Juli geht es in St. Peter-Ording um den Titel im Surfen mit Lenkdrachen. Dort ist neben Stefan Permien noch ein weiterer Kitesurfer aus dem Kreis vertreten: Rick Jensen, 24, ist in Lutzhorn aufgewachsen und betreibt den Kitesport aus einer anderen Motivation heraus. "Ich mag es, wenn alles etwas lockerer ist. Ich mache bei vielen inoffiziellen Wettkämpfen mit, bei denen im Wasser Rampen aufgebaut sind und so noch spektakulärere Sprünge zustande kommen."
Doch zu diesem Großereignis an der Nordsee zieht es auch ihn. Stefan Permien wäre schon mit einer Qualifikation für die Hauptrunde zufrieden: "Es nehmen etwa 150 Kitesurfer aus mehr als 20 Nationen an diesem Turnier teil. Es ist das größte Event mit dem höchsten Medieninteresse beim Kitesurfen." Die Weltcup-Veranstalter rechnen mit mehr als 130 000 Zuschauern, es geht um Preisgelder von rund 52 000 Euro.
Die beiden Wassersportler aus dem Kreis starten in der Disziplin Freestyle, in der eine hohe Anzahl von Sprüngen und Tricks gefragt ist. Drei bis fünf Punktrichter bewerten Schwierigkeitsgrad, Ausführung und Variabilität der einzelnen Aktionen. Kitesurfer springen, indem sie den Drachen bei voller Fahrt nach hinten lenken und somit über den Zenit in den anderen Windfensterrand gelangen. Durch den Auftrieb des Kites wird er schließlich in die Luft gehoben. "Es lassen sich auf diese Weise große Sprünge - teils schon Flüge - vollbringen", so Stefan Permien.
Bereits als kleiner Junge faszinierte ihn der Wassersport. In Dänemark fing er mit dem Windsurfen an, eine im Vergleich zum Kitesurfen wesentlich schwieriger zu erlernende Sportart. Seit zehn Jahren betreibt der 26-Jährige die relativ neue Trendsportart und ist mittlerweile so erfolgreich, dass er mit Hilfe des Sports sein Chemie-Studium finanzieren und vor kurzem seine Diplomarbeit einreichen konnte.
2005 bestritt Permien erstmals einen Wettbewerb und erreichte auf Anhieb den zweiten Platz der Gesamtwertung bei der Deutschen Meisterschaft. 2009 gewann er den World-Cup, lernte dabei Länder wie Südafrika, Mauritius und Kanada kennen. "Das war bislang der größte Erfolg für mich, ich war stolz wie Oskar." Bei der diesjährigen Europa-Tour ist Stefan auch dabei: Ende Mai wurde er in Österreich Fünfter, mit Sylt, den Niederlanden, Spanien und Frankreich warten noch weitere vier Etappen.
Seine Freundin Annika Sellin, 26, kennt er schon aus der Schulzeit. Sie unterstützt ihn in jeder Hinsicht und steht auch selber gerne auf dem Brett. 2009 holte sie den Titel Deutsche Meisterin in der Disziplin Kursrennen, die 2016 sogar olympisch wird. Jetzt schwingt sie sich aus Zeitgründen aber nur noch als Hobby durch die Luft. "Es ist schön ein gemeinsames Hobby zu haben. Ich gönne Stefan den Erfolg, er ist sehr ehrgeizig und trainiert hart", so Annika Sellin, die im Pinneberger Ortsteil Waldenau aufgewachsen ist.
Stefan Permien ist viel in Kiel, seinem derzeitigen Wohnsitz, und Umgebung unterwegs. In der Außenförde Laboe, einem für Kitesurfer sehr beliebten Ostseestrand, ist er am häufigsten anzutreffen. Bei windstillen Tagen hält sich Stefan unter anderem in der Wasserski- und Wakeboard-Arena Pinneberg fit. "Hier kann man einige Grundlagen für das Kiten lernen und Tricks einstudieren." Eine kompakte Haltung und eine hohe Körperspannung seien "sehr wichtig für gelungene Bewegungen".
Die Ausrüstung, das heißt Brett, Bar (Lenkstange) und Drachen, kosten zusammen gebraucht etwa 1000 Euro. Wer das Kitesurfen erlernen möchte, kann sich in Fachgeschäften in Hamburg und Umgebung informieren und an Einsteigerkursen teilnehmen. Ein Grundkurs erstreckt sich über neun Stunden. "Der Sport ist relativ schnell zu erlernen, nach den ersten Trainingsstunden kann man schon relativ sicher mit dem Kite umgehen", sagt Permien. Für perfekte Sprünge bräuchte man hingegen "etwas mehr Zeit".
Gemeinsam mit Freundin Annika hat sich Stefan Permien für dieses Jahr viel vorgenommen. "In Österreich war der Wind nicht so gut, ich hab durchaus noch Luft nach oben." So langsam aber fände er zu seiner Form. Es bleibt also abzuwarten, ob er bei der WM in St. Peter-Ording einen ähnlich großen Erfolg wie vor drei Jahren beim World-Cup feiern kann.