Pinneberg/Tornesch. Pinneberg und Tornesch fusionieren. 70.000 Menschen sind bei Energie, Wärme und Trinkwasser betroffen. Was sich ändert.

Im Kreis Pinneberg wird es zum Jahreswechsel nur noch acht statt bisher neun kommunale Energieversorger geben. Die beiden Stadtwerke Pinneberg und Tornesch schließen sich zu den Stadtwerken Südholstein am Standort Pinneberg zusammen und werden damit nach den Stadtwerken Elmshorn, die 120 Millionen Euro im Jahr umsetzen, der zweigrößte kommunale Energieversorger im Kreis.

Das Kundenzentrum in Tornesch bleibt aber bestehen. Beide Ratsversammlungen haben dieser Fusion zum 1. Jahr 2024 erst vor wenigen Tagen zugestimmt. Das neue Unternehmen versorgt 70.000 Menschen in beiden Städten mit Strom, Gas, Fernwärme und Trinkwasser und beschäftigt 135 Mitarbeitende, von denen Tornesch lediglich fünf Mitarbeitende einbringt.

Fusion der Stadtwerke: Beiden Kundenzentren in Pinneberg und Tornesch bleiben

Das liegt daran, dass das operative Geschäft für die Tornescher Stadtwerke seit 25 Jahren eine Tochtergesellschafter des E.on-Konzerns abgewickelt hat. Dessen 49-Prozent-Anteil habe die Stadt nun mit einem „einstelligen Millionenbetrag“ vor der Fusion zurückgekauft, sagte am Freitag die Tornescher Bürgermeisterin Sabine Kählert. Den genauen Betrag wollte sie auf Nachfrage des Abendblatts nicht nennen.

Die Fusion erfolge bei beiden Stadtwerken aus einer Position der Stärke heraus, betonten beide Bürgermeisterinnen Kählert und Urte Steinberg für Pinneberg. Wobei der kommunale Energieversorger der Kreisstadt den weitaus größeren Anteil einbringt und nun auch 82,1 Prozent an der neuen Gesellschaft hält, während Tornesch mit 17,9 Prozent an den Stadtwerken Südholstein beteiligt ist.

Rückkauf der Anteile von E.on hat Tornesch einen Millionenbetrag gekostet

Die Gewinne und Gewerbesteuereinnahmen würden demnächst dann auch in diesem Verhältnis von 1 zu 4,6 auf die beiden Kommunen verteilt, sagte der künftige Werkleiter Thomas Behler, der seit zwei Jahren die Stadtwerke Pinneberg leitet. Der neue Aufsichtsrat besteht aus elf Personen, zwei Mitarbeitenden sowie sieben Vertretern aus Pinneberg und zwei aus Tornesch.

Die Stadtwerke Südholstein würden künftig einen Jahresumsatz von 100 Millionen Euro umsetzen. Im Jahr 2021 erzielte die Stadtwerke Tornesch einen Jahresüberschuss von knapp 800.000 Euro bei einem Umsatz von 14 Millionen Euro. In Tornesch werden etwa 4300 Kunden mit Energie und Wärme versorgt.

Die neuen Stadtwerke Südholstein versorgen etwa 25.000 Kunden

Die Stadtwerke Pinneberg erwirtschafteten 2021 einen Gewinn nach Steuern von 2,7 Millionen Euro bei einem Umsatz von 57,5 Millionen Euro. In diesem Jahr liege der Gewinn jenseits der fünf Millionen Euro, sagte Geschäftsführer Behler. Die Stadtwerke Pinneberg versorgten bisher 20.000 Strom-, 9000 Gas- und 2500 Fernwärmekunden.

Für die Kunden beider Stadtwerke ändere sich im Prinzip nichts, außer dem neuen Namen ihres Energieversorgers, sagte Bürgermeisterin Steinberg. Allerdings würden die Tarife für Strom, Gas und Wasser aufeinander angepasst, die zurzeit noch unterschiedlich seien, sagte Behler.

Bürgermeisterin Urte Steinberg: Für die Kunden ändert sich zunächst nichts

Die Fusionsverhandlungen seien immer „auf Augenhöhe“ geführt worden, betonten beide Seiten. Wobei Tornesch schon seit mehr als zwei Jahren auf der Suche nach einem kommunalen Partner gewesen sei, erklärte Kählert. „Unsere Stadtwerke waren einfach zu klein“, um insbesondere die künftigen Herausforderungen bei der Wärmeversorgung der Bevölkerung zu finanzieren.

Zumal der Großkonzern-Mitgesellschafter die Partnerschaft bei Investitionen eher so ausgelegt habe, sagte Kählert: „Können wir machen, wenn wir verdienen und ihr das Risiko übernehmt.“ In dieser Hinsicht seien kommunale Stadtwerke nun einmal „dichter dran für die Daseinsversorgung der Bürgerinnen und Bürger“, sagte die Bürgermeisterin von Tornesch, die wir ihre Amtskollegin im nächsten Jahr freiwillig aus dem Amt scheiden wird.

Bürgermeisterin Kählert: Kommunaler Partner besser für die Daseinsvorsorge

Vor allem die Umstellung der Wärmeversorgung von überwiegend Gas auf Fernwärme werde eine riesige Herausforderung für alle Energieversorger hierzulande, erklärte Werkleiter Behler. Die bisherigen Investitionen von etwa zwölf Millionen Euro in Pinneberg und etwa vier Millionen Euro im Jahr in Tornesch würden dafür längst nicht mehr ausreichen.

„Das wird allein für unser Versorgungsgebiet in Pinneberg und Tornesch einen mittleren dreistelligen Millionenbetrag kosten. Das ist gigantisch“ und sei eine Aufgabe für zwei Generationen. Dabei würden auch die Städte und Gemeinden und nicht nur die Stadtwerke eng miteinander kooperieren müssen, ist Elmshorns Stadtwerkechef Sören Schuhknecht überzeugt, den das Abendblatt dazu befragte.

Auch wenn jetzt schon etwa 15 Prozent der Pinneberger Kunden mit Fernwärme vom Müllheizkraftwerk in Tornesch-Ahrenlohe versorgt würden, ergänzte Behler. Wobei auch Tornesch künftig von dem dann dort neu gebauten Müllheizkraftwerk ebenfalls mit Fernwärme versorgt werden soll, sagte Bürgermeisterin Kählert.

Fusion erfolge aus einer Position der Stärke und sei auf Augenhöhe

Eine entsprechende Vereinbarung mit der Gesellschaft für Abfallbehandlung GAB sei bereits getroffen worden. In weniger dichtbesiedelten Gebieten würden aber wohl eher Luftwärmepumpen für die Wärmeversorgung der dortigen Bürger die erste technische Lösung sein, sagte Behler.

Um diese großen Investitionen finanzieren zu können, sei diese Fusion ein guter Schritt in die Zukunft, sagte Geschäftsführer Behler. Das Einsparpotenzial für beide Werke liege bei weit über einer Million, die sich allein für Tornesch ergeben würde, erklärte Kählert. Zudem werde es wohl auch einen „Anschlusszwang“ an das Fernwärmenetz für die in dem jeweiligen Gebiet wohnenden Menschen geben müssen, sagte Stadtwerkechef Behler. Sonst seien diese Investitionen nicht zu finanzieren.

Gigantische Investition in Fernwärme wird Anschlusszwang bedeuten

In der Breitbandversorgung arbeiten die beiden Städte allerdings weiterhin zweigleisig. Pinneberg beliefert seine Bürger über das hauseigene pinnau-com-Glasfasernetz mit dem schnellen Internet. In Tornesch wird nun der Norderstedter Vorreiter auf diesem Gebiet, wilhelm.tel, das Stadtgebiet mit Glasfaserleitungen ausstatten, sagte Kählert. Die Norderstedter Stadtwerketochter habe die Ausschreibung dafür gewonnen.

Die Stadtwerke Südholstein liefern künftig etwa 100 Gigawattstunden (GWh) Strom und 400 GWh Wärme an ihre rund 25.000 Kunden in Pinneberg und Tornesch. Das Stromnetz ist 1100 Kilometer lang, das Wärmenetz 47 Kilometer. 3800 Terakubikmeter Trinkwasser fließen pro Jahr durch die 725 Kilometer Wasserleitungen.