Kreis Pinneberg. Neues Solarkataster für den Kreis Pinneberg zeigt, welche Dächer welcher Privathäuser geeignet sind. Dazu gibt es kostenlose Beratung.
Das Interesse in der Bevölkerung und auch das Potenzial im Kreis Pinneberg ist groß, wenn es um die Nutzung von Solarenergie geht. Gut 100 Bürgerinnen und Bürger kamen jetzt im Kreishaus zu einer ersten öffentlichen Info-Veranstaltung zum Klima-Dialog zusammen. Hier wurde erstmals das Solarkataster öffentlich vorgestellt.
Bislang schlummert hier nämlich noch ein schlafender Energieriese. Lediglich 1,5 Prozent der für Solarstrom und Solarthermie geeigneten Dachflächen im Kreis Pinneberg seien bislang damit bestückt, sagte Anja Vratny von der Stabsstelle Klimaschutz, Nachhaltigkeit, Mobilität und Energie in der Kreisverwaltung. Demnach könnten noch 98,5 Prozent mit Solarmodulen bestückt werden, mit deren Hilfe die Menschen einen erheblichen Teil ihres Strom-und Wärmebedarfs selbst erzeugen, nutzen oder ins öffentliche Netz einspeisen könnten.
Neues Solarkataster im Internet zeigt, wie geeignet die Dachflächen im Kreis sind
Eine Aufstellung im Internet, die zwei Fachbüros für den Kreis Pinneberg erstellt haben, hat dazu für jede Kommune aufgelistet, wie viel Solarenergie dort bereits installiert ist und wie viel Prozent der Dachflächen noch frei wären. Insgesamt sind es knapp 79.000 Kilowatt-Peak (kWp), die die Solarstromanlagen im Kreis Pinneberg erreichen. KWp beschreibt dabei, welche Höchstleistung in Kilowatt (kW) eine Photovoltaikanlage erbringen kann.
Eine kWp erzeuge rund 1000 kwh Strom im Jahr, sagte Ingo Sell, Energieberater von der Verbraucherzentrale in Elmshorn. Je nach Wetter, Lage und Dachneigung schwanke dieser Wert zwischen 800 und 1100 kwh für 1 kWp. Eine 1kWp-Anlage bräuchte vier bis sechs Quadratmeter Dachfläche. Mit 1000 kwh Solarstrom ließe sich ein Elektrofahrzeug rund 5000 Kilometer weit fahren, sofern der Nutzer es über eine Wallbox selbst aufladen könnte.
Fünf Milliarden kwh Strom ließen sich im Kreis mit Solaranlagen im Jahr erzeugen
Diese Aufstellung zeigt, dass heute etwa 79 Millionen Kilowattstunden Strom auf den Dächern des Kreises von der Sonnenergie erzeugt würden. Damit ließe sich der Energiebedarf von rund 15.000 Haushalten decken. Das ungenutzte Potenzial ist aber noch viel größer, zeigt diese Tabelle des Kreises. Insgesamt ließen sich Solarmodule mit rund 5,3 Millionen kWp auf den Kreisdächern installieren.
5,24 Millionen kWp könnten noch nachgerüstet werden, was einer Stromerzeugung von etwa fünf Milliarden kwh aus regenerativer Energie bedeuten würde. Das noch mögliche Potenzial an Solarstromanlagen reicht in den Kommunen des Kreises demnach von 94 bis über 99 Prozent.
Die kleineren Dörfer haben Potenzial mehr ausgeschöpft als die Städte im Kreis
Am besten bestückt mit Solardächern sind bisher die kleineren Gemeinden. Das sind Groß Offenseth-Aspern (5,5 Prozent), Westerhorn (4,9 Prozent), Hemdingen (3,9 Prozent), Prisdorf (3,4 Prozent), Bokel (3,3 Prozent), Haselau (3,1 Prozent), Brande-Hörnerkirchen und Klein Offenseth-Sparrieshoop (jeweils 3,0 Prozent). Die Städte sind dagegen noch recht solarstromfrei wie Schenefeld (0,7 Prozent), Uetersen (0,8 Prozent), Barmstedt (1,1 Prozent), Elmshorn (1,2 Prozent), Pinneberg und Wedel (jeweils 1,3 Prozent), Quickborn (1,5 Prozent) und Tornesch (1,7 Prozent). Das hat sicherlich auch mit dem Anteil von Eigenheimen in den Kommunen zu tun.
Jeder Bürger könnte mit Hilfe des Solarkatasters im Internet rasch abklären, wie geeignet das Dach seines Hauses für Begrünung, Solarstrom oder Solarwärme wäre. Manuel Gottschick und Sanna-Lena Stauzebach von der beauftragten Consultingfirma OFC stellten das Programm im Kreishaus den interessierten 100 Zuhörern dar. Sie hätten mit ihrer „sehr aufwendigen und genauen Modellierung“ für alle Gebäude im Kreis Pinneberg Himmelsrichtung, Dachneigung und Verschattung dabei berücksichtigt. „Auch wenn unser Tool eine Ersteinschätzung ist und nicht jeden Einzelfall abbilden kann“, betonte Beraterin Stauzebach.
Das Programm dazu im Internet soll für alle einfach zu bedienen sein
Dafür aber sei ihr Programm relativ einfach zu bedienen, sozusagen seniorengerecht, betonte Berater Gottschick. Er habe dazu seine Mutter befragt und die sei damit gut klargekommen. So könne jeder Nutzer seine Adresse angeben und schnell feststellen, ob das Dach oder der Parkplatz für Fotovoltaik nicht, bedingt, etwas oder „hervorragend geeignet“ sei.
Dazu sollte er oder sie noch angeben, ob er oder sie bereits ein Elektrofahrzeug fährt, mit einer Wärmepumpe heizt, wann der meiste Strom verbraucht wird und wie viel des Strom- oder Wärmebedarfs mit einer solchen Anlage abgedeckt werden sollten.
Nur 1,5 Prozent aller geeigneten Dachflächen im Kreis Pinneberg genutzt
Ein Blick von oben auf das große Gelände der Kreisverwaltung in Elmshorn zum Beispiel weist auf dieser Internetkarte zahlreiche dunkle grüne Flächen aus, auf denen Solarstromanlagen ganz „hervorragend“ funktionieren würden.
Die Verbraucherzentrale biete dazu allen Interessierten für sie kostenfreie Beratungen an, erklärte Energieberater Sell. Diese könnten persönlich oder auch telefonisch ablaufen. Dabei würde es um die mögliche Größe und Kosten solcher Anlagen ebenso gehen wie um die technischen Voraussetzungen, mögliche Fördergelder, die Statik und Ausrichtung des Hauses und wie die Leitungen vom Dach zum Stromspeicher oder die Heizungsanlage im Keller geführt werden könnten.
Verbraucherzentrale: Auch Dächer in Ost-West-Richtung sind gut geeignet
Das geschehe meist über die Außenfassade, erklärte Sell und machte den Bürgern Mut: „Heute braucht das Dach nicht mehr in Richtung Süden ausgerichtet sein. Auch Ost-West-Richtungen sind für Solaranlagen gut geeignet.“
Über das ganze Jahr gesehen könnte eine PV-Anlage je nach Anzahl der Module bis zu 70 Prozent des Strombedarfs decken. Im Sommer liege dieser Wert noch weit darüber, im Winter sinke er auf 20 bis 35 Prozent, erläuterte der Berater von der Verbraucherzentrale weiter.
Bis zu 70 Prozent des Strombedarfs ließen sich damit decken
Wer heute seinen Solarstrom teilweise selbst verbraucht und den überschüssigen Strom ins öffentliche Netz einspeist, bekäme zwischen 7,1 und 8,2 Cent je kwh, je nachdem, ob seine Anlage größer oder kleiner als 10 kWp ist. Wer den Solarstrom vollständig ins Netz abgibt, weil er ihn nicht selbst verbrauchen kann, erhält nach Sells Angaben zwischen 10,9 und 13,0 Cent je kwh. Diese Vergütungen seien dann für 20 Jahre festgeschrieben.
Dies sei nur der Auftakt des Klima-Dialogs gewesen, sagte Robin Rieprich, der die Stabsstelle Klimaschutz, Nachhaltigkeit, Mobilität und Energie in der Kreisverwaltung leitet. „Wir werden die Solaroffensive im Kreis Pinneberg weiterführen.“
Nähere Informationen und das Solarkataster unter: https://mein-dach-kann-mehr.de/kreis-pinneberg/
Beratungstermine bei der Verbraucherzentrale können telefonisch unter 0800/809 802 400 oder unter 0431 / 59 09 940 vereinbart werden.