Kreis Pinneberg/Quickborn. Premiere auf Recyclinghof war ein Paradies für Schnäppchenjäger. Taucherhelm, Trommeln, Teleskop – was die Gäste ergattert haben.

Der Andrang war enorm. Noch bevor die großen Tore zum Recyclinghof in der Quickborner Güttloh an der B4 aufgingen, drängelten sich bereits rund 50 Schnäppchenjäger um die besten Plätze. Zum ersten Mal veranstaltete die Gesellschaft für Abfallbehandlung (GAB) des Kreises Pinneberg hier einen Flohmarkt von gut erhaltenen, zum Teil fast neuwertigen Gegenständen, um sie vor dem Müllofen zu bewahren.

„Teilweise sind die Sachen noch originalverpackt und viel zu schade für den Müll“, sagt Natalie Buthmann, die den Quickborner Wertstoffhof leitet. . Daraus sei die Idee, diesen Dingen eine zweite Chance zu geben. „Das sind alles Dinge, die erst in den letzten sechs Wochen bei uns abgegeben wurden. Wir leben nun mal in einer Wegwerfgesellschaft.“

Recyclinghof: Erster Müll-Flohmarkt der GAB lief grandios: „Idee ist Weltklasse!“

Als die Tore aufmachten, war kein Halten mehr. Die Leute strömten zu den Containern und Gitterboxen, wo die Sachen nach ihrem Gebrauch aufgeteilt waren: Haushaltsgegenstände wie Teller, Töpfe, Tassen und ganze Service, Blumenkübel, Kleidung, Schuhe, Spiele, Bücher, Deko-Sachen, Kerzenhalter, Lampen, Uhren und Werkzeuge aller Art. Sogar Straßenschilder gab es zu erwerben.

Da schlug Michaela Belitz aus Quickborn sofort zu. „Mein Sohn und meine Schwiegertochter werden demnächst 30“, sagte sie und verschwand glücklich und zufrieden mit dem Tempo-30-Schild, dass sie gerade für drei Euro erstanden hatte.

Ehepaar Gabriele und Helge Hansen aus Pinneberg erstanden eine alte Wanduhr und ein Rosenthal-Service.
Ehepaar Gabriele und Helge Hansen aus Pinneberg erstanden eine alte Wanduhr und ein Rosenthal-Service. © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Das Ehepaar Hansen war aus Pinneberg gekommen und zunächst recht skeptisch, was sie erwarten würde. „Früher waren wir oft auf Flohmärkten“, sagt Helge Hansen. „Doch heute findet man dort meist nur B-Ware, keine Schnäppchen mehr, weil zu wenige Privatleute die Flohmärkte bestücken.“

Schnäppchenjagd auf Kaffeeservice und Tempo-30-Schild

Doch schon nach wenigen Minuten waren sie erfolgreich und konnten für fünf Euro ein Kaffeeservice von Rosenthal erstehen und eine Wanduhr mit Glockenschlagmechanik für zehn Euro. „Ich bearbeite das Holz, du reparierst das Uhrwerk“, sagte Gabriele Hansen bestimmt zu ihrem Mann, der schmunzelnd erwiderte: „Was bleibt mir anderes übrig?!“

Ihrem Sohn, der sich manchmal über ihre alten Möbel mokiere, sage sie immer: „Unsere Möbel kannst du jedenfalls noch verkaufen.“ Das gelte für die des schwedischen Möbelkonzerns eher nicht. „Wir haben eh’ zu Hause ein kleines Museum“, sagte die Pinneberger Flohmarktexpertin.

GAB-Flohmarkt: Manche schleppten einen ganzen Bollerwagen ab

Einen ganzen Bollerwagen voll Zeug schleppten Zvezdana und Dalibor Adzovic ab, die extra aus Hamburg nach Quickborn gekommen waren. Dazu gehörten mehrere Wanduhren, Messingkübel, Mülleimer, Grill und ein Schifferklavier, das allein 80 Euro gekostet habe, sagte die Hamburgerin, die aus Montenegro stammt.

Zvezdana und Dalibor Adzovic schleppten einen ganzen Bollerwagen mit neuwertigen Sachen ab. Darunter war auch ein Schifferklavier.
Zvezdana und Dalibor Adzovic schleppten einen ganzen Bollerwagen mit neuwertigen Sachen ab. Darunter war auch ein Schifferklavier. © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Ob sie die Sachen behalten oder selbst auf Flohmärkten weiterverkaufen werden, wüssten sie noch nicht, sagte Dalibor Adzovic. „Mal gucken“, und schon waren die Sachen im Kleinbus verstaut.

„Das ist eine ganz tolle Idee, diese Sachen auf dem Flohmarkt zu verkaufen“, befand Jessica Voß, die aus Ellerbek da war. „Die Idee ist Weltklasse.“ Sie habe sich das schon so oft gesagt, wenn sie regelmäßig ihre alten Wertstoffsachen zum Recyclinghof nach Tornesch oder Quickborn bringe, dass manche Dinge dort viel zu schade zum Wegwerfen wären.

Schlagzeug, Teleskop, Taucherhelm. Manche Sachen waren originalverpackt

Das dachten und fragten sich auch an diesem Nachmittag die Schnäppchenjäger, wenn sie das vollständige Schlagzeug sahen oder das originalverpackte Weltallteleskop bestaunten oder den Taucherhelm entdeckten, der aus der Romanfigur von Jules Verne „20.000 Meilen unter dem Meer“ von Kapitän Nemo und seinem Nautilus-U-Boot entstammen könnte.

Ein Schnäppchenjäger ergatterte diesen Taucherhelm, der jetzt seinen Garten in Quickborn verschönern soll.
Ein Schnäppchenjäger ergatterte diesen Taucherhelm, der jetzt seinen Garten in Quickborn verschönern soll. © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Den schleppte ein Mann aus Quickborn ab, der nicht so gern seinen Namen verraten wollte, vielleicht auch, weil er das Ding von 50 auf 40 Euro heruntergehandelt hatte. „Das kommt jetzt bei uns als Deko in den Garten.“

Erlös des GAB-Flohmarktes geht an Wildtierrettung

Einen guten Zweck hatte der erste Flohmarkt auf dem Quickborner Wertstoffhof auch noch. Der Erlös kommt dem Verein „Wildtierrettung Hasloh-Tangstedt“ zu Gute. „Wir retten seit zwei Jahren junge Rehkitze, Hasen oder am Boden brütende Vögel vor dem Mähdrescher“, erklärte Thorsten Schneidewind, der als Jäger dem Verein angehört.

Daniel Kaatz (links) und Thorsten Schneidewind vom Verein für Wildtierrettung Hasloh-Tangstedt mit einer Flugdrohne, mit der sie mittels einer Wärmebildkamera junge Rehkitze aufspüren, die im Frühjahr auf den zu mähenden Feldern oft im hohen Gras versteckt sind.
Daniel Kaatz (links) und Thorsten Schneidewind vom Verein für Wildtierrettung Hasloh-Tangstedt mit einer Flugdrohne, mit der sie mittels einer Wärmebildkamera junge Rehkitze aufspüren, die im Frühjahr auf den zu mähenden Feldern oft im hohen Gras versteckt sind. © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Mit drei Wärmebildkameras, die sie mit fliegenden Drohnen von Mai bis Juni 50 Meter über die Felder kreisen ließen, spürten sie die im Gras versteckten Tiere auf, bevor die Felder gemäht werden.

Pro Jahr rettet der Verein etwa 50 bis 60 Tiere

Auf diese Weise würden sie jedes Jahr 50 bis 60 Tiere vor Verletzungen oder gar dem Tod bewahren. Denn frisch geborenen Rehkitzen fehle noch der Fluchttrieb, sodass sie völlig schutzlos jeder Gefahr ausgesetzt seien, wenn sie nicht vorher entdeckt und in kleinen Taschen an den Rand der Felder gesetzt würden, bis die Wiese abgemäht sei.

Die Reh-Mutter, die Ricke, habe sie extra dort allein zurückgelassen, weil die jungen Rehkitze keinerlei Geruch ausstrahlten und so kein Jagdobjekt für Füchse seien, erklärt Daniel Kaatz vom Wildtierrettungsverein. Nach ihrer Rettungsaktion würden das Muttertier und ihre Jungen sich schnell wieder vereinen.

Susanne Flor handelte mit den Schnäppchenjägern die Preise aus.
Susanne Flor handelte mit den Schnäppchenjägern die Preise aus. © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Ihre Arbeit sei nicht nur anstrengend und zeitaufwendig, weil sie sechs Wochen lang täglich von 4 Uhr morgens bis 7.30 Uhr mit freiwilligen Helfern und den Flugdrohnen nach versteckten Tieren im Gras suchten, sagt Schneidewind, der als selbstständiger Gartenbauer sich die Arbeitszeit selbst einteilen kann.

GAB-Flohmarkt auf Recyclinghof: Großer Erfolg schreit nach Wiederholung

Aber die Wärmebildkameras, die um die 10.000 Euro kosteten, müssten gewartet und regelmäßig überholt werden. Die Helfer müssten als Drohnenpiloten ausgebildet, Akkus ersetzt, spezielle Taschen zum Schutz der Tiere gekauft und auch noch sonstige Dinge für die Rettung der Tiere angeschafft werden. „Dafür können wir den Erlös von diesem Flohmarkt gut gebrauchen.“

Natalie Buthmann, die den Quickborner Wertstoffhof leitet: „Viele Dinge, die bei uns abgegeben werden, sind wie neu und viel zu schade für den Müll.“
Natalie Buthmann, die den Quickborner Wertstoffhof leitet: „Viele Dinge, die bei uns abgegeben werden, sind wie neu und viel zu schade für den Müll.“ © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Bei dieser großen Resonanz, die dieser erste Flohmarkt auf dem Recyclinghof in Quickborn erfahren hat, wird es bestimmt bald eine Wiederholung dieser Aktion geben. „Das ist echte Kreislaufwirtschaft. Wir fördern hier Wiederverwendung und Recycling“, sagt GAB-Sprecher Julian Jenkel.