Kreis Pinneberg. Einmal „günstig mit allem“ war gestern. Dönerläden im Kreis Pinneberg rufen neue Preise auf - und klagen über Beschaffungskosten.
Einmal „billig mit allem“ war gestern. Denn sie sind vorbei, die Zeiten, in denen ein schnelles Essen mit einem Fünf-Euro-Döner bestritten werden konnte. An die Zeiten des 3,50-Döners kann sich eh schon niemand mehr erinnern – zumal heute 7,50 Euro für das gefüllte Fladenbrot bei Weitem keine Seltenheit mehr sind.
Fragt sich: Woher kommen diese Preiserhöhungen? Woher kommt die Dönerkrise? Und: Ist das nur im Kreis Pinneberg so? Allein mit der Inflation lassen sich die aktuellen Dönerpreise – nicht nur in Pinneberg – nicht erklären. Auch in Hamburg ziehen die Preise für das ehemalige günstige Essen stark an.
Dönerpreise: Ein Döner für 7,50 Euro – warum das Fladenbrot in der Krise steckt
Das Abendblatt hat deshalb im Kreis bei Ladenbesitzern in Pinneberg, Quickborn, Wedel und Elmshorn nachgefragt. Mit erstaunlichen Antworten. Denn so gut wie alles, was einen Döner ausmacht, ist offenbar teurer geworden.
Das Ehepaar Nejmetin und Imran Kilinc, das den Pinneberger Grill- und Imbissladen „Gazi Antep“ in der Pinneberger Innenstadt führt, macht sich Sorgen um die Zukunft. Auch bei ihnen kostet der Döner mittlerweile 7,50 Euro.
Das „Gazi Antep“ in Pinneberg: „Mal sehen, ob es uns nächstes Jahr noch gibt“
Bei Ihnen habe sich die Stromrechnung von 1500 auf 3000 Euro verdoppelt. „Der Preis für einen Eimer Mayonnaise ist von 15 auf 23 Euro gestiegen. Der Preis für Fleisch von 5,50 auf 8,50 Euro. „Das Chilipulver hier auf dem Tisch hat uns früher 6,50 Euro gekostet – heute zahlen wir zehn Euro“, sagt das Unternehmerpaar. Bei Speiseöl, Pommes und eigentlich allem anderem außer bei Gemüse sei es das gleiche Spiel.
„Die Gäste essen auch immer weniger. Haben zwei Gäste früher zwei Dönerteller bestellt, teilen sie sich heute einen“, sagt Nejmetin Kilinc. „Bisher haben wir noch niemanden entlassen, das wollen wir auch nicht. Wenn es aber so weiter geht – wir wissen nicht, ob es uns nächstes Jahr noch geben wird.“
Dönerladen „Arin Döner“ in Pinneberg: „Ich denke gar nicht mehr an Gewinn“
Der Arin Döner an der Dingstätte hat seinen Dönerpreis von 6,50 auf 7,50 Euro angehoben. „Unsere Stromrechnung lag letztes Jahr bei 2950 Euro, ein Jahr zuvor haben wir noch 1350 Euro bezahlt“, sagt Ladenbesitzer Daskin Ibrahim.
Viele seiner Zutaten seien im Einkaufspreis um 100 Prozent teurer geworden, teilweise sogar noch mehr, erklärt er. „Servietten, früher acht Euro für eine Großpackung, heute 17 Euro. Ein Kilo Pommes normalerweise 9,90 Euro, heute 12,90 Euro“, gibt er Beispiele. Der Preis für sein Dönerfleisch habe sich auch mehr als verdoppelt.
Kunden bleiben weg: „Die müssen ja nicht nur bei mir sparen“
Seien die erhöhten Einkaufspreise nicht genug, würden auch nach und nach die Kunden ausbleiben. „Wir haben jetzt Mittagszeit. Normalerweise kommen um diese Uhrzeit 20 bis 25 Schüler, um mein Schülerangebot zu nutzen. Mittlerweile sind es noch höchstens fünf Schüler pro Tag.“
Daskin Ibrahim hat dafür sogar Verständnis: „Sie müssen ja nicht nur bei mir sparen, vielen Menschen in der Gesellschaft geht es gerade schlecht, keiner hat mehr Geld.“ Wegen der angespannten Lage habe er schon einen Mitarbeiter entlassen müssen. „Ich denke mittlerweile nicht mehr an Gewinn. Ich denke mir nur, hoffentlich mache ich diesen Monat keine Verluste.“
Die „Back Döner Company“ in Wedel: „Wir haben bei der Bank einen Kredit beantragt“
„Schon seit Corona läuft das Geschäft schlecht“, sagt Kelan Usta, Betreiber der Back Döner Company. Das Geschäft liegt am Wedeler Rosengarten. „Damals haben wir Corona-Hilfen bekommen. Aber was für eine Hilfe soll das sein? Wir mussten alles zurückzahlen.“
Nun gebe es die massiven Preiserhöhungen im Einkauf. „Ein Eimer Ketchup hat früher 15 Euro gekostet, heute zahlen wir 25 Euro. Ein Kilo Dönerfleisch kostet mittlerweile 7,50 Euro, normal haben wir immer 5,50 Euro gezahlt.“ Er musste seinen Dönerpreis jetzt von 5,90 auf 6,90 Euro erhöhen.
Zwei Mitarbeiter entlassen, Kredit bei der Bank beantragt
Auch er merke deutlich, dass die Menschen weniger Kaufkraft haben würden. Kelan Usta backt auch eigenes Brot und verkauft es in seinem Laden. Doch sogar dieses sehr günstige Produkt werde kaum mehr gekauft.
„Das Brot kostet 1,40 Euro. Normalerweise verkaufen wir davon 50 Stück am Tag. Mittlerweile gehen täglich gerade mal fünf Stück über die Ladentheke. Die Menschen haben nicht einmal mehr das Geld für dieses Brot“, sagt er. Er habe leider schon zwei seiner drei Mitarbeiter entlassen müssen. „Wir haben bei der Bank einen Kredit beantragt, wenn wir den nicht bekommen, werden wir wohl schließen müssen.“
„Istanbul Kebabhaus“ in Elmshorn: „Der Döner müsste über zehn Euro kosten“
Das Kebabhaus in der Elmshorner Bahnhofsstraße habe viel Laufkundschaft, so Chef Yakub Kilinc, deshalb könnten sie sich bislang noch über Wasser halten. Doch auch sie würden unter den massiven Preiserhöhungen leiden.
„Der Preis von Frittenöl ist von 9,90 Euro für zehn Liter, auf fast 28 Euro gestiegen“, sagt Kilinc. „Wir backen auch unser Dönerbrot selbst – der Mehlpreis ist von 42 Cent pro Kilo auf mehr als einen Euro angestiegen. Dönerfleisch: von 3,90 Euro pro Kilo auf nun acht Euro. Sogar Kartoffeln – früher zahlten wir für zehn Kilogramm Kartoffeln neun, heute 17 Euro.“
Betreiber will den Laden wegen steigender Preise aufgeben
Yakub Kilinc hat den Preis für seinen Döner von sechs auf sieben Euro angehoben. „Unsere Kosten haben sich verdoppelt, eigentlich müsste der Döner mehr als zehn Euro kosten, aber das bezahlt doch keiner für einen Döner“, sagt er.
Wegen der immer schlimmer werdenden Lag, habe sich der Ladenbesitzer entschlossen, den Laden aufzugeben. „Meine Familie führt den Betrieb seit 34 Jahren, und wir waren immer zufrieden. Ich stehe sieben Tage die Woche für zwölf Stunden im Laden. Es lohnt sich einfach nicht mehr, so viel in das Geschäft zu investieren“, so der Chef. Er sei auch sauer auf die Politiker: „Alle reden von 6,1 Prozent Inflation – ich sehe hier eher Preissteigerungen von 100 bis 300 Prozent.“
„Anatolien-Döner“ in Elmshorn: „Der Dönerverkauf lohnt sich nicht“
Diese Einschätzung teilt sein Elmshorner Kollege Suat Kocak. Er ist Chef des „Anatolien-Döners“ am Hainholzer Damm. Miete, Strom, Gas und auch die Einkäufe seien sehr teuer geworden. Sein Einkaufspreis für Fleisch sei von 5,30 auf fast sieben Euro gestiegen. Verpackungsmaterial sei ebenfalls um 20 Prozent teurer geworden.
„Am schlimmsten ist es bei Speiseöl. Der Preis für zehn Liter Sonnenblumenöl ist von 17 auf 40 Euro gestiegen. Deshalb sind wir auf Rapsöl umgestiegen. Doch auch hier zahlen wir 25 Euro für zehn Liter. Das waren auch einmal eher neun bis zehn Euro. „Wir haben unseren Dönerpreis jetzt auf sieben Euro angehoben, eigentlich müssten wir zehn Euro verlangen, aber das können wir nicht machen.“
Er habe viele Stammkunden, merke aber, wie auch sie immer seltener zu ihm kommen würden. „Früher haben Stammkunden teilweise vier- oder fünfmal die Woche bei uns gegessen – heute kommen sie vielleicht noch ein- oder zweimal.“ Er verliere trotzdem nicht die Zuversicht: „Wir hoffen, dass die Preise irgendwann wieder fallen und die Situation sich wieder bessert. Im Moment lohnt sich der Dönerverkauf nicht wirklich.“
„Zilan Döner“ in Quickborn: „Für uns sind die erhöhten Preise kein Problem“
Der einzige vom Abendblatt angesprochene Dönerbetrieb, der angibt, nicht so sehr unter den Preiserhöhungen zu leiden, ist der Zilan Döner am Quickborner Bahnhof. „Alle Preise sind in etwa zehn bis zwanzig Prozent angestiegen, das stimmt. Aber für uns stellt es noch nicht so das große Problem dar“, sagt Ladenbesitzerin Besine Sürün.
Ihr Problem bestünde gerade eher an den fehlenden Kunden. „Gegenüber am S-Bahnhof ist eine große Baustelle, wir haben die Hoffnung, dass nach der Fertigstellung mehr Kunden zu uns kommen“, so Sürün. Auch sie würde wohl ab August ihre Preise erhöhen, könnten aber noch nicht sagen, um wie viel.
Der Vorsitzende des Bundesverbands für Schnellgastronomie und Imbissbetriebe, Jürgen Kasper sagt, dass die Preise in fast allen Bereichen angestiegen wären, gerade bei Speiseöl wäre es eine ganze Zeit lang dramatisch gewesen. „Es kann schon sein, dass die Preise teilweise um 100 Prozent gestiegen sind, dass die Preise sich allerdings verdreifacht haben, kann ich so nicht bestätigen“, sagt Kasper.