Tornesch. Mit Haushaltsdefizit wird in Schulen, Kitas und Wohnen investiert. Auch die erste Stadtwerke-Fusion des Kreises wird verwirklicht

Die angespannte Haushaltslage wird Politiker und Stadtverwaltung in Tornesch auch 2023 begleiten. Der Mitte Dezember beschlossene Haushalt weist ein Minus von 6,188 Millionen Euro aus. Die Stadt will in diesem Jahr 42,453 Millionen Euro ausgeben, verfügt aber nur über Einnahmen von 36,265 Millionen Euro. Zudem müssen Kredite in Höhe von 10,748 Millionen Euro aufgenommen werden, um die geplanten Investitionen – vor allem in Schulen und Kitas – zu decken. „Die Kommunen sind chronisch unterfinanziert“, sagt Bürgermeisterin Sabine Kählert mit Blick auch auf viele andere Städte und Gemeinden, die mit einem Minus ins neue Haushaltsjahr gestartet sind. Das ist dennoch der Plan:

1. Tornesch am See

Das Projekt Tornesch am See ist in seine Endphase eingetreten. Der Mehrgenerationenplatz mit Fitnessecke, Spielgeräten, Picknick- und Grillplatz sowie Abenteuerspielplatz am See wird voraussichtlich im Mai fertiggestellt. Der Platz soll alle Altersgruppen ansprechen und zu einem Treffpunkt nicht nur für die Menschen werden, die in dem neuen Tornescher Vorzeige-Quartier leben. Wenn alle Arbeiten abgeschlossen sind, sollen Wege rund um den Lüttensee angelegt werden. Die Planungen werden voraussichtlich in diesem Jahr beginnen. Eine Fertigstellung ist allerdings erst 2024 zu erwarten.

Neue Einkaufsmöglichkeiten gleichermaßen für die Bewohner von Tornesch am See wie auch für Menschen, die mit dem Fahrzeug in Richtung Autobahnauffahrt der A 23 unterwegs sind oder aus dieser Richtung kommen, werden 2023 im Bereich Ohlenhoff geschaffen. Dort gibt es bereits einen Penny-Markt sowie einen Getränkeshop. Lidl wird einen neuen und größeren Markt an der Ahrenloher Straße bauen lassen. Zudem soll ein Edeka-Markt entstehen.

Viele Tornescher hätten Edeka in der Stadt vermisst, nachdem der Markt im Bereich des Bahnhofes geschlossen werden musste, weil der Pachtvertrag endete, erklärt die Bürgermeisterin. Für diese Menschen ist demnächst die „Edeka-lose Zeit“ vorbei. Sabine Kählert rechnet mit einer Fertigstellung des gesamten Ohlenhoff-Projekts Mitte 2024.

2. Bike-and-Ride-Anlage

Die Bike-and-Ride-Anlage am Bahnhof ist 2022 noch einmal deutlich umgeplant worden und soll nun 2023 realisiert werden. Dazu haben sich Verwaltung und Politik der Expertise des Nahverkehrsverbundes Schleswig-Holstein (Nah.SH) bedient. Die Servicegesellschaft verfügt über ein erprobtes Standardmodell, das an die Tornescher Verhältnisse angepasst wird. Der Bau soll im Frühjahr oder Sommer beginnen. Für die beiden in 2023 zu errichtenden Standorte auf der Bahnhofswestseite mit etwa 408 Einstellplätzen entstehen Kosten von 1,02 Millionen Euro. Davon werden 75 Prozent gefördert durch die Nah.SH und 20 Prozent durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz. Die Anlagen werden mit Schließfächern am Standort 1 und Sammelschließanlage am Standort 2 ausgerüstet.

Eine weitere Anlage, der sogenannte Standort 3 auf der Bahnhofswestseite mit 66 Stellplätzen, wird anschließend realisiert. Zudem soll es eine bisher nicht vorgesehene WC-Anlage geben. Wer schon einmal einen Eindruck gewinnen will, wie es bald am Tornescher Bahnhof aussieht, kann sich die Anlage in Prisdorf angucken. Die Tornescher können also damit rechnen, dass das viel diskutierte Projekt 2023 endlich zu einem Abschluss gebracht werden kann.

Die Punkte der Agenda in Tornesch für das Jahr 2023.
Die Punkte der Agenda in Tornesch für das Jahr 2023. © Frank Hasse / Hamburger Abendblatt | Frank Hasse

3. Gewerbeparkentwicklung Oha 2

Der Flächennutzungs- und der Bebauungsplan für das Gewerbeprojekt Oha 2 in der Nähe der Autobahnauffahrt wird voraussichtlich 2023 Rechtskraft entwickeln. Die Vermarktung der Flächen, die als Vorgabe der Landesplanung ausschließlich an Unternehmen ab einer Größe von acht Hektar erfolgen kann, läuft – und so könnte im Jahr 2023 durch mögliche Verkaufserlöse noch eine Verbesserung der Haushaltssituation erreicht werden, so die Bürgermeisterin.

Die Zeitverzögerung ist der Pandemie geschuldet. „Ich hätte gern bereits 2022 Kaufverträge unterzeichnet, aber es ergaben sich noch Änderungen, die von der Unternehmensseite Prüfungen erforderten“, so die Verwaltungsleiterin. Vor einem Jahr war noch das dritte Quartal 2022 genannt worden. Allerdings läuft die Erschließungsplanung für das 26 Hektar große Gebiet Oha 2 bereits. Damit es flott vorangeht, soll die Erschließung und die Ansiedelung der Unternehmen parallel erfolgen. Die Spekulationen, an der Autobahn ein Großklinikum anzusiedeln, ist – wenn sie überhaupt jemals einen ernsthaften Hintergrund gehabt haben – mit der Entscheidung für die beiden verbliebenen Standortkandidaten Elmshorn oder Pinneberg vom Tisch.

4. Ortskerngestaltung

Durch Corona hat das Projekt Ortskerngestaltung eine unfreiwillige Pause eingelegt. Die eigentlich nach einer Öffentlichkeitsveranstaltung vorgesehene Onlinebeteiligung wurde kurzerhand in Abstimmung mit den Planern vorgeschaltet. Zusammen mit der dann im Sommer in Präsenz durchgeführten Bürgerbeteiligung liegen nunmehr zahlreiche Vorschläge vor, die in ein Aufgabenpapier für ein Investorenauswahlverfahren aufgenommen werden sollen. Gemeinsam mit Politikern, Verwaltung und Bürgern soll ein Ortskern entwickelt werden, der eine hohe Aufenthaltsqualität bietet.

Bei der Ortskernentwicklung geht es zunächst um das Gebiet an der Willy-Meyer-Straße und der Uetersener Straße. Ein Ort zum Verweilen soll der Ortskern werden. Die bereits bestehenden Geschäfte werden in die Planung mit einbezogen, so die Verwaltungschefin. Von Vorteil ist dabei, dass der Stadt ein Großteil der Grundstücke gehört.

Verkauft wurde zwischenzeitlich das Gebäude der alten Post. Auf dem Grundstück soll ein Ärztehaus errichtet werden. Gewünscht wird die Sicherung des bestehenden Angebots und die Erweiterung um Fachärzte. Leider fehlt die Versorgung in den Fachbereichen Kardiologie und Dermatologie, die lange Jahre vorhanden war. Zudem gelte es, dem „demografischen Wandel“ unter der Ärzteschaft vorzubeugen und eine gute Versorgung zu sichern.

5. Rathaus

Eine Millionen Euro ist für dieses Projekt im Haushalt eingestellt worden. Diese Summe war immer wieder von einem in das darauffolgende Jahr für andere wichtige Projekte im Bereich Betreuung oder Schule eingesetzt worden. Doch 2023 soll nun das Vorhaben angegangen werden. Zwar möge sie den Retro-Charme des ehemaligen Schleswag-Gebäudes, so Sabine Kählert, doch es besteht dringender Handlungsbedarf. Die Netzwerkverkabelung stammt aus den 70er-Jahren. Dach und Sitzungssaal müssen saniert, Brandschutz, Fassadendämmung, Netzwerk ertüchtigt und in Medientechnik investiert werden. Die Verwaltung ist gesetzlich gefordert, das Online-Angebot auf- und auszubauen. Dafür ist diese Maßnahme nunmehr dringend umzusetzen. Die Modernisierung ist ferner notwendig, um grundsätzlich attraktivere Arbeitsplätze für junge Bewerber zu bieten.

6. Schulen

Durch das stetige Wachstum Torneschs steigen auch die Schülerzahlen. Zudem gilt ab 2025 die Verpflichtung zur Ganztagsbetreuung an den Schulen. Folge: Die Stadt muss kräftig im Schulbereich investieren.

Nach einer langwierigen Diskussion ist ein neuer Standort für die Johannes-Schwennesen-Schule gefunden worden, denn an dem bisherigen Standort gibt es nicht ausreichend Platz zur Erweiterung. Praktisch auf der gegenüberliegenden Seite des Sportplatzes der Klaus-Groth-Schule am Esinger Weg soll neu gebaut werden. Erste Schätzungen haben einen Finanzbedarf von 30 Millionen Euro für eine vierzügige Schule sowie Sporthalle ergeben. Mit einem neuen Flächennutzungs- und Bebauungsplan soll in 2023 eine Grundlage geschaffen werden.

In der Fritz-Reuter-Schule soll, wenn alles nach Plan verläuft, nach den Sommerferien 2023 mit dem Bau einer Mensa begonnen werden. Ferner soll in diesem Jahr die Sanierung der Klaus-Groth-Schule (KGST) begonnen werden. Im Altbau muss eine brandschutzrechtliche Sanierung erfolgen. Außerdem entstehen in den beiden oberen Stockwerken moderne großflächige Lernflächen für die Lernenden.

Durch Restfördermittel aus dem Schulbauförderprogramm „Impuls“ sind die beiden Kommunen des Schulverbandes Tornesch und Uetersen in die Lage versetzt, den Zeitraum der brandschutzrechtlich umfangreichen Sanierung zu Kosten von 4,6 Millionen Euro schneller umzusetzen. Alle daran Beteiligten arbeiten mit Hochdruck an der zeitlich vorgegebenen Fertigstellung, die mit dem Auslaufen des Förderprogramms vorgegeben ist.

Im Zuge der Digitalisierung der Schulen läuft bereits jetzt der Ausbau des Glasfasernetzes rund um die KGST. Nach Abschluss der Verlegearbeiten kann dann mit der Verlegung von Leitungen und Anschlüssen in der Schule begonnen werden, als Voraussetzung für die Anschaffung von interaktiven Displays zum Lernen.

7. Schaffung von Wohnraum

Ein innovatives Wohnprojekt für Senioren wird in Tornesch mit dem „Luisen Carré“ realisiert. 46 Eigentumswohnungen sollen im Bereich Wilhelmstraße 13 bis 15 entstehen. Der Grundstein ist im Dezember von der Bürgermeisterin gelegt worden. Das Angebot zielt auf wohlhabende Senioren. Motto: Ruhestand mit Stil. Die hotelähnlichen Servicewohnungen sind verkehrsgünstig gelegen in der Nähe des Bahnhofs und sollen Mitte 2024 bezugsfertig sein. Die Bürgermeisterin hofft, dass sich der eine oder andere der zukünftigen Bewohner als Vorlese-Oma und -Opa in Tornesch engagiert. In der Nähe des Luisen Carré befindet sich ein Kindergarten.

Und an der Friedrichstraße sind Mehrfamilienhäuser mit 70 Wohneinheiten sowie Einfamilienhäuser mit bis zu zehn Wohneinheiten in Planung. Am Gärtnerweg und Bockhorn entstehen vorwiegend Reihenhäuser mit bis zu 15 Wohneinheiten. Außerdem soll durch Nachverdichtung weiterer Wohnraum entstehen.

8. Kindergärten

Was für die Schulen gilt, gilt auch für die Kindergärten. Es werden zusätzliche Plätze benötigt. Ältere Tornescher haben ihre Häuser verkauft und sind in das Neubaugebiet am See gezogen. In die freigewordenen Immobilien sind junge Familien eingezogen, die ihren Nachwuchs betreut wissen wollen. Folge: Tornesch muss kräftig in den Kita-Ausbau investieren. Die Erweiterung des Wabe-Kindergartens, Pommernstraße 99, um 50 Plätze kostet 1,17 Millionen Euro. Die Kita Wachsbleicherweg wird saniert und um eine Krippengruppe erweitert, Kosten: 1,8 Millionen Euro. Und an die Awo-Seepferdchen-Kita, Am Seepferdchen 1, werden Räume für zwei Gruppen angebaut, geschätzte Kosten 1,8 Millionen Euro.

9. Fusion Stadtwerke Tornesch
und Pinneberg

Das war ein Paukenschlag, als Sabine Kählert und ihre Amtskollegin aus Pinneberg, Urte Steinberg, im November die Aufnahme von konkreten Verhandlungen über eine Fusion der Stadtwerke Tornesch und Pinneberg verkündeten. Gemeinsam sollen die Herausforderungen der Zukunft auf dem Energiemarkt gemeistert werden. Bis Ende 2023 wollen die beiden die Gespräche zu einem erfolgreichen Ende gebracht haben. Im Kreis Pinneberg wäre es die erste Fusion. Bundesweit gibt es allerdings bereits mehrere ähnliche Projekte. Für die Kunden soll sich jedenfalls nichts ändern, betont Sabine Kählert. Die Versorgungssicherheit sei gewährleistet. Und es wird auch nach der Fusion die Tornescher Geschäftsstelle, Esinger Straße 1, als Anlaufstelle für die Kunden geben.