Pinneberg. Integrations- und Sprachkurse sind nicht kostendeckend. VHS-Leiter fordern Erhöhung der Zuschüsse
Obwohl die Volkshochschulen wichtige Integrationsarbeit leisten, klaffen gerade bei ihnen erhebliche Finanzierungslücken bei Integrations- und Berufssprachkursen. Das sagt der Verband der Volkshochschulen. Und fordert eine Erhöhung des Kostenerstattungssatzes von 4,40 auf 6,05 Euro, um kostendeckend arbeiten zu können.
„Die Entgeltsätze sind in keiner Form einträglich“, bestätigt auch Gesine Keßler-Mohr, Leiterin der Pinneberger Volkshochschule. Sie steht mit ihren Kollegen im Kreis Pinneberg im engen Austausch und weiß, dass es überall so aussieht. Die Regierungsfraktionen in Berlin haben im Koalitionsvertrag eine grundlegende Reform der Sprachförderung vereinbart. Erster Schritt ist das Chancen-Aufenthaltsrecht, das zum 1. Januar 2023 in Kraft treten soll. „Diese Entwicklung wird den Reformdruck auf das Gesamtprogramm Sprache nochmals erhöhen“, sagt Gesine Keßler-Mohr.
Reform des Abrechnungssystems
Zu diesem Gesamtpaket gehöre aus Sicht der Volkshochschulen auch eine Reform des Abrechnungssystems mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, kurz BAMF, um die Vorgänge grundlegend zu vereinfachen.
„Die Anforderungen an uns als Träger sind wahnsinnig hoch“, sagt sie. So dürften etwa pensionierte Deutschlehrerinnen nicht ohne eine Zusatzqualifikation des BAMF in diesen Kursen Deutsch unterrichten. „Dabei gibt es kaum noch Fachkräfte auf dem Markt.“ Alles sei zu bürokratisch, die Volkshochschulen müssten Zulassungen für die Dozenten in den Deutsch als Fremdsprache-Kursen beantragen. Das dauere. „Angesichts der hohen Zuwanderung ist das fatal.“
Die VHS Pinneberg hatte 565 Teilnehmer von Januar bis September in Integrations- und Alphabetisierungskursen. „Für das letzte Quartal 2022 planen wir aktuell mit rund 300 Teilnehmenden in neuen Integrations- und Alphakursen“, sagt die VHS-Chefin. 55 Teilnehmer sind in B1- und B2-Berufssprachkursen. Für November und Februar sind zwei weitere Kurse mit insgesamt 40 Plätzen geplant. „Die Kurse sind längst voll, die Wartelisten ewig lang“, sagt sie. Die Teilnehmerzahl in den Gruppen – sie liegt zwischen 20 und 25 – lasse sich nicht erhöhen. „Das sind sehr heterogene Gruppen mit ganz unterschiedlichen Bildungshintergründen.“ Extra Räume anzumieten, komme aufgrund der minimalen Verwaltungspauschale nicht in Frage.
Abbrecher sind ein Risiko
85 berufstätige Zugewanderte in verschiedenen Deutsch-Abendkursen im aktuellen Semester haben keine Möglichkeit, an Vollzeit-Integrationskursen teilzunehmen. Dabei würden sie nur hier die Chance bekommen würden, vernünftig Deutsch zu lernen. „Zusätzlich werden bei uns voraussichtlich 160 Menschen ihren Einbürgerungstest im Jahr 2022 ablegen“, sagt Gesine Keßler-Mohr.
Wenn Kursteilnehmer nicht regelmäßig anwesend sind, erhalten die Träger den ihnen zustehenden Betrag nur anteilig – ein Risiko für die Volkshochschulen. Denn die zugesagten Mittel sind mit Kursbeginn bereits vertraglich gebunden und werden gebraucht, um vereinbarte Honorare sowie bereits entstandene Personal- und alle sonstigen Kosten abdecken zu können.
Eine hohe Fluktuation bestehe bei den ukrainischen Geflüchteten, so Keßler-Mohr. „Vielen gehen zurück in ihre Heimat, brechen die Deutschkurse mittendrin ab. Wir können die Plätze im laufenden Kurs dann nicht anderweitig vergeben. Der finanzielle Ausfall wird uns nicht erstattet. Damit wird es noch unwirtschaftlicher.“ In Alphabetisierungskursen sei das anders geregelt. Hier gebe es eine Garantievergütung – unabhängig von der Abbrecherquote.
Bund finanziert Integrationskurse
Integrationskurse werden durch Mittel des Bundes finanziert. Träger erhalten über das BAMF einen Kostenerstattungssatz, der je Teilnehmer und Unterrichtseinheit (45 Minuten) gezahlt wird. Ein großer Teil der Mittel wird direkt weitergegeben an die überwiegend freiberuflichen Lehrkräfte. Die Höhe des zu zahlenden Honorars wird über eine Honoraruntergrenze durch das BAMF festgelegt.
Den Rest benötigen die Träger, um die pädagogische Leitung, Verwaltung, Miete und die gesamte Infrastruktur zur Durchführung der Integrationskurse zu finanzieren. „Der aktuelle Kostenerstattungssatz reicht aber nicht aus, um den Kostenzuwachs auszugleichen, die geforderten Verwaltungsaufgaben zu bewältigen und weiterhin qualitativ hochwertige Kurse organisieren zu können“, sagt Gesine Keßler-Mohr.
Der Kostenerstattungssatz wurde seit seiner Einführung um 115 Prozent von 2,05 auf 4,40 Euro angehoben. Allerdings wurde auch die Honoraruntergrenze für die Lehrkräfte erhöht. 2007 lag diese noch bei 15 Euro je Unterrichtseinheit, seit 2021 zahlen die Träger mindestens 41 Euro je Kursstunde an Dozenten. Der finanzielle Spielraum, aus dem die Fixkosten getragen werden müssen, ist für die Träger stetig kleiner geworden, moniert der VHS-Verband. Und das bei höheren Ausgaben: Tarife des festangestellten Personals stiegen, IT- und Mietkosten stiegen, Energie wird teurer.