Kreis Pinneberg. Rechnungen der Bauplaner für das geplante Stück zwischen Tornesch und Hamburg seien falsch, so die Bürgerinitiative. Die Hintergründe.

Die Gegner des geplanten Ausbaus der Autobahn 23 zwischen Tornesch und Hamburg von vier auf sechs Spuren erhoffen sich jetzt Unterstützung von der Landesregierung. Wolfgang Melzer von der Bürgerinitiative für umweltfreundliche Mobilität hat jetzt einen offenen Brief an Umweltminister Tobias Goldschmidt (Grüne) verfasst, in dem er ihn auffordert, das Planungsverfahren sofort zu stoppen. Der Ausbau sei unnötig, sinnlos, zu kostspielig und klimaschädlich.

Statt 600 Millionen Euro für die Erweiterung der A23 zu „verpulvern“, sollte ein „flächendeckendes Mobilitätskonzept in Schleswig-Holstein und der Metropolregion Hamburg“ erarbeitet werden, unter Einbeziehung des bereits vorliegenden Schienengutachtens, fordert Melzer in dem Schreiben.

A23-Ausbau: Deges schätzt Kosten auf 210 Millionen Euro

Damit widerspricht der BI-Mann den Berechnungen der Deutschen Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH (Deges), die für den Bund den Ausbau der A23 plant. Die Deges geht weiter von Kosten von rund 210 Millionen Euro für die beiden zusätzlichen Fahrbahnen auf der 16 Kilometer langen Strecke aus. BI-Sprecher Melzer schätzt dagegen, dass dafür mindestens das Dreifache benötigt würde.

Zudem widerspricht er den Angaben der Deges und denen im Bundesverkehrswegeplans, was die Verkehrsbelastung auf diesem Streckenabschnitt angeht. So hatte die Deges zuletzt im Juni bei einer Planungswerkstatt in Rellingen dargestellt, dass zwischen Pinneberg-Mitte und Halstenbek/Krupunder rund 50.000 Fahrzeuge am Tag in Richtung Hamburg führen und zwischen 44.000 und 47.000 Fahrzeuge am Tag in die andere Richtung. Der Schwerlastverkehr mache dabei zwischen vier und sieben Prozent aus. In Spitzenzeiten, morgens zwischen 6 und 9 Uhr, wären das bis zu 4900 Fahrzeuge je Stunde in Richtung Hamburg und nachmittags zwischen 15 und 17 Uhr bis zu 4600 Fahrzeuge je Stunde in Richtung Heide.

Ausbau der Autobahn steht Klimaschutzzielen entgegen

Melzer hält die Verbindung nur im Berufsverkehr für überlastet, wie er schreibt. Die Kalkulation der Ausbauplanung gehe davon aus, dass der Nutzen des Ausbaus die Kosten um das 2,6-fache übertreffe. Dabei würden etwa 260 Millionen Euro durch die dann erfolgte Einsparung an verlorener Arbeitszeit der Pendler im Stau gegengerechnet werden, so Melzer. „Diese falsch begründete Kalkulation basiert auf einer täglich angenommenen Staulänge von zehn Kilometern auf der A23“, schreibt er. Der Stau müsste in Pinneberg-Nord beginnen und in Eidelstedt enden. Melzer: „Dass diese Staus so nicht existieren, dürfte jedem Nutzer der A23 klar sein.“

Der BI-Mann bezieht sich auf den Koalitionsvertrag von Schwarz-Grün in Kiel, der keine Erweiterung der A23 beinhalte. Auch das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Klimaschutz würde ein solches Projekt nicht stützen. Insofern sei es dringend geboten, dieses Vorhaben wieder aus dem vordringlichen Bedarf im Bundesverkehrswegeplan zu streichen, fordert Melzer. Schließlich sei dieser bundesweite Straßen- und Schienenausbauplan lediglich „eine Richtlinie, kein Gesetz, das zum Handeln zwingt“.

Deges-Sprecher Ulf Evert teilt dazu auf Anfrage mit: „Der Bundesverkehrswegeplan, in dem festgelegt wird, welche Straßen aus- oder neugebaut werden sollen, stellt aufgrund der Überlastung der Strecke einen Bedarf für den Ausbau der A 23 auf drei Spuren je Fahrtrichtung fest.“ Zuständig für diesen Plan sei nach dessen parlamentarischer Verabschiedung das Bundesverkehrsministerium. „Die Deges setzt somit einen demokratisch legitimierten Beschluss mit früher Beteiligung der Öffentlichkeit, auch der Kritiker, um.“