Kreis Pinneberg. Hamburger Radrennen führt durch Kreis Pinneberg. Dörfer fühlen sich durch Sperrung der Straße teilweise abgehängt.

Der 100-Kilometer-Jedermann-Kurs der Bemer Cyclassics soll in diesem Jahr erstmals auch über Haseldorf, Haselau und Hetlingen führen. Dafür müssen die Straßen für etwa drei Stunden gesperrt werden. Darüber freut sich aber nicht jeder. Die Gemeinden Haseldorf und Haselau fühlen sich zu sehr eingeschränkt und haben angekündigt, gegen die Streckenführung zu klagen.

Cyclassics: Marschdörfer kritisieren Streckenführung des Radrennens

In Haseldorf hat sich der Gemeinderat einstimmig gegen die Route durch sein Dorf ausgesprochen. „Damit wären 80 Prozent der Gemeinde durch die Sperrungen lahmgelegt“, sagt Bürgermeister Daniel Kullig (Bürger für Haseldorf). Die Feuerwache wäre nicht mehr erreichbar und müsste eine alternative Einsatzbereitschaft herstellen. Bäcker, Obst- und Gemüsestand sowie der Hafen könnten zwischen 9 und 12 Uhr nicht erreicht und der Gottesdienst könne nicht mit dem Auto angefahren werden. Zudem muss der Abbau für den Dorfabend, der gemeinsam mit Haselau am Sonnabend vor dem Radrennen begangen wird, auf den Nachmittag verschoben werden. „Ich habe eine alternative Route vorgeschlagen, die für uns nur leichte Einschränkungen bringen würde“, sagt er.

Radrennfahrer seien grundsätzlich nicht nur beliebt, so Kullig. Im Dorf befürchteten nun einige, die bereits bei Radrennfahrern beliebte Strecke durch die Marsch könnte für Trainingszwecke noch stärker frequentiert werden. Kullig selbst sieht in dem Event auch eine Chance: In Holm, wo die Strecke schon seit Jahren durchgehe, hätten die Cyclassics Volksfestcharakter. „Die Straße ist gut gesäumt, man trifft sich zum Frühschoppen und zu einer Grillwurst.“ Grundsätzlich finde er, sollten Sportveranstaltungen unterstützt und akzeptiert werden. Doch in Haseldorf würden die Vorbehalte überwiegen. In einem Gemeinderatsbeschluss wurde daher das Amt Geest und Marsch Südholstein (Gums) beauftragt, die rechtlichen Möglichkeiten zu prüfen, die Trasse zu verhindern. Dafür stellt die Gemeinde Haseldorf 2000 Euro zur Verfügung.

Cyclassics: Haselaus Bürgermeister ist „entsetzt“

Veranstalter ist die Stadt Hamburg. Sie hat von Kreis und Gemeinden Stellungnahmen eingeholt. „Es gab mehrere Gespräche mit dem Veranstalter“, sagt Bürgermeister Kullig. Unterm Strich seien sie darauf hinausgelaufen, dass alle Einwände mit dem Verweis auf die internationale Strahlkraft des Großsportevents verpufften. „Es ärgert manchen, dass die Stadt Hamburg über den Kreis Pinneberg entscheidet.“

Haselaus Bürgermeister Peter Bröker (CDU): „Wir sind entsetzt, dass wir 20 Tage vor der Veranstaltung noch nicht wissen, ob die Cyclassics durch unser Dorf durchführen oder nicht.“ Alle Feuerwehren müssten sich organisieren. Der landwirtschaftliche und private Verkehr käme zum Erliegen. „Wir haben nur eine Straße und wenn die gesperrt wird, sind wir total abgeschnitten.“ Den Beschluss wolle man im Zweifel per einstweiliger Verfügung verhindern.

Die Gaststätte Jägerkrug Hohenhorst in Haselau wird an diesem Tag geschlossen bleiben. „Der Tag Urlaub ist nicht freiwillig. Selbst wenn die Straßen ab 13 Uhr wieder freigegeben werden, ist das Mittagsgeschäft für uns verloren“, sagt Ulrike Wulff, die den Familienbetrieb mit ihrem Mann führt. „Wir haben hier nur eine Hauptstraße. Eine Umleitung ist nicht möglich.“ Einmal wäre so eine Veranstaltung tragbar, aber nicht jedes Jahr. „Wir sind – gerade nach Corona – auf die Einnahmen angewiesen“, sagt sie.

Cyclassics: Werden Marschdörfer wegen des Radrennens abgehängt?

Schon 2021 sollten die Cyclassics durch Haselau führen. „Wir hatten eine Diamantene Hochzeit als Veranstaltung bei uns. Die älteren Gastgeber waren sehr aufgewühlt, weil sie nicht wussten, ob die Feier mit 80 Gästen stattfinden kann. Die Einladungen waren schon verschickt.“ Am Ende wurden die Cyclassics wegen Corona abgesagt und die Feier konnte stattfinden.

In Hetlingen wird das Event dagegen positiv gesehen. „Wir haben der Veranstaltung von Anfang an zugestimmt“, sagt Bürgermeister Michael Rahn (Freie Wahlgemeinschaft). „Wenn wir in Deutschland Veranstaltungen wie diese wollen, müssen auch mal Straßen dafür gesperrt werden.“ Gemeinsam mit dem Veranstalter habe man überlegt, wie man für Sicherheit sorgen könne und die Feuerwehr im Falle eines Einsatzes schnell zum Einsatzort käme. „Wir werden für die Zeit der Sperrung eine Gruppe in der Wache positionieren.“

Gums-Amtsdirektor Rainer Jürgensen wartet noch auf den offiziellen Bescheid des Veranstalters über Streckenführung und Auflagen. Erst dann könne er im Auftrag der Gemeinden Haseldorf und Haselau Rechtsmittel gegen die Streckenführung einlegen. Doch die Zeit drängt. Die Veranstaltung ist für den 21. August angekündigt. Die Route soll von der Straße Alsterglacis in Hamburg über Schenefeld, Appen, Uetersen und Elmshorn in die Seestermüher Marsch führen. Von Seester nach Neuendeich über die Drehbrücke geht es nach Haselau, Haseldorf, Hetlingen und Holm und über die B 431 Richtung Wedel, Blankenese und Altona zur Mönckebergstraße.