Pinneberg. Wolfgang J. Domeyer geht nach 35 Jahren Erwachsenenbildung in den Ruhestand. Wie er die Volkshochschule in Pinneberg prägte.
Als Wolfgang J. Domeyer 1988 mit 32 Jahren anfing, war er der jüngste Volkshochschulleiter weit und breit. Jetzt geht der Pinneberger „Mister Volkshochschule“ nach 35 Jahren Engagement für die Erwachsenenbildung in den Ruhestand. Eine bewegte Zeit liegt hinter ihm, in der der gebürtige Nordfriese („Hochdeutsch war meine erste Fremdsprache“) vieles erreichen konnte. Über lange Jahre haben er und seine Mitarbeiter ein gutes, interessantes Programm mit guten Dozenten angeboten, und er konnte ein tragfähiges Netzwerk knüpfen.
Pinneberg: „Mr. Volkshochschule“ geht in den Ruhestand
Das liegt nicht nur an seiner kommunalen Tätigkeit. Domeyer war zwölf Jahre Vorsitzender des Landesverbandes der Volkshochschulen, dessen Ehrenvorsitzender er weiterhin bleibt – und hat insgesamt 21 Jahre lang im Vorstand gearbeitet. Deshalb sieht er klar und deutlich, was funktioniert und wo es weiterhin hapert: „Ich wünsche mir ein Weiterbildungs-Fördergesetz in Schleswig-Holstein“, sagt er mit Nachdruck. In vielen anderen Bundesländern sei das längst durch, hier finde es keine politische Mehrheit.
Nüchtern ist sein Büro im vierten Stock des Rathauses eingerichtet, aber ein Gemälde hängt an der Wand, das einen doppelten Pinneberg-Bezug hat. Zum einen hat es der Maler Rudolph Grothkop gemalt, zum anderen zeigt es Professor Edwin Tauscher, den ersten Leiter der Pinneberger Volkshochschule in den Jahren 1946/47. Jetzt ist Domeyer dabei, die Bücher aus den Regalen zu räumen, denn Ende August ist Schluss. Zur Rührseligkeit neigt er nicht. „Ich gehe mit einem guten Gefühl, denn ich habe in dieser Zeit vieles erlebt und ermöglicht. Die vielen Möglichkeiten und die Gestaltungsfreiheit, die ich hatte, haben mich hier gehalten.“
Nur eines, das bedauert der 67-Jährige sehr, hat es aber nicht zu verantworten: Das 75-jährige Bestehen der Pinneberger Volkshochschule, das hätte er gar zu gern gefeiert. Deshalb ist er extra später in den Ruhestand gegangen und hat noch um zwei Jahre verlängert. Der Umgang mit der Corona-Pandemie hat es verhindert, „40 Leute im Ratssitzungssaal – das ging einfach nicht“.
Domeyer war 34 Jahre lang Chef der Pinneberg Volkshochschule
Parallel zu seiner Tätigkeit in der Volkshochschule hat der studierte Historiker 1995 angefangen, eine Geschichtswerkstatt aufzubauen. Mit seinen rund zehn wackeren Mitstreitern entstanden sieben Bücher, von denen ein Teil noch immer im Pinneberg Museum erhältlich ist, wo die Geschichtswerkstatt maßgeblich am Entstehen wichtiger Ausstellungen beteiligt war. Stets standen bestimmte Kapitel der lokalen Geschichte im Mittelpunkt.
Nun ist die Pinneberger Volkshochschule ein Verein und nicht unter kommunaler Trägerschaft. Domeyer war immer wirtschaftlich verantwortlich und musste ständig um Zuschüsse kämpfen. Das wurde vor 22 Jahren in einem Vertrag geregelt. „Damit sind wir gut gefahren“, sagt er. Wichtig war ihm, neben der ganzen Verwaltungs- und Organisationsarbeit weiter selber als Dozent zu arbeiten.
Anfang der 1990er-Jahre konnte er außerdem erreichen, dass Fachbereichsleiter-Stellen für Sprachen und EDV eingerichtet wurden. Auch die Räumlichkeiten haben sich immer weiter verbessert. Anfangs hatte die Volkshochschule Räume im alten AOK-Gebäude angemietet, dann war sie in den alten Stadtwerken untergebracht. Als das Gebäude abgerissen wurde, wich sie in die Mühlenstraße aus, und 2002 durfte sie dann in das nagelneue Rathaus einziehen, wo sie bis heute ihren Sitz hat.
Pinneberg: Volkshochschul-Chef Domeyer geht in den Ruhestand
In den Neunzigern bot die VHS EDV-Kurse ohne Ende an, „das war damals die beste Wirtschaftsförderung der Kommune. Kleinere Firmen haben viele ihrer Angestellten zu uns geschickt. Heute können die Leute das.“ Dozenten zu finden – für ein Salär, das nicht eben als üppig zu bezeichnen ist – war schon immer schwierig, damals wie heute. Junge Menschen besuchten zwar auch heute noch die VHS, „die werden aber bis zum späteren Nachmittag in der Schule festgehalten.“
Der traurigste Tag war für Wolfgang Domeyer der 16. März 2020. Der Tag, als der Corona-Lockdown alle Türen verschloss. Ausgerechnet „Die Pest im Mittelalter“ war Thema eines Vortrages gewesen, den er hatte halten wollen. „Ich hab’ das nachgeholt.“ Allerdings gab es im Mittelalter noch kein Pinneberg, und auch im Jahr 1640 „stand hier nicht viel“, so Domeyer. Knapp 100 Jahre später seien es immerhin schon 30 Hausstellen gewesen.
Domeyer lebt gerne in Pinneberg. Mit seiner Frau, die in Hamburg als Lehrerin arbeitet. „Die Stadt ist interessant. Sie bietet viele Möglichkeiten und hat eine Bewohnerschaft, die sehr interessiert ist an Weiterbildung“, stellt er fest. Am heutigen Mittwoch wird im Rathausgebäude seine Nachfolgerin vorgestellt.