Quickborn. Ungewöhnliche Maßnahme: Stadtjugendpflege Quickborn lässt Jugendliche Unterstand an Ricarda-Huch-Straße verschönern.

Der eher unscheinbare Bolzplatz an der Ricarda-Huch-Straße in Quickborn-Heide ist jetzt um eine Attraktion reicher. So haben Jugendliche den erst vor gut einem Jahr fertiggestellten Unterstand in ein Kunstwerk aus zahlreichen bunten Graffiti verwandelt. „Die Jugendlichen haben das mit so viel Herzblut und Idealismus gemacht. Das ist einfach großartig“, freut sich Stadtjugendpflegerin Birgit Hesse über das Engagement der Graffiti-Künstler Julian Wex (23), Lorenz Fieg (22) und Marc Clausen, der zurzeit in Spanien ist.

„Das passt genau in unser Konzept, das kreative Potenzial der Jugendlichen zu stärken und ihre Eigenverantwortung zu fördern“, erklärt Birgit Hesse. Angefangen hatte es vor etwa zwei Jahren mit einer Beteiligungsaktion der Jugendlichen in diesem Quartier in Quickborn-Heide. Hier im äußersten Osten Quickborns in der Nähe des AKN-Bahnhofs Meeschensee, einem Neubaugebiet mit zwei Kindergärten und einem Waldkindergarten, wurden die Jugendlichen gefragt, was sie sich denn am sehnlichsten wünschten.

Dabei sei herausgekommen, sie hätten gerne einen Unterstand am Bolzplatz, wo sie sich auch bei Regen und schlechtem Wetter treffen könnten. Diesen Wunsch erfüllte die Stadtjugendpflege dann den Jugendlichen, die sich hier gerne mit einer Gruppe von 15 Jungen und Mädchen regelmäßig hier treffen würden, so Hesse.

Der Holzbau war den Jugendlichen zu trist – sie wollten es bunter

Doch dann war den Jugendlichen der nackte Holzbau zu trist. Sie wollten ihn gern in ihrem Sinne bemalt und verschönert wissen, erläutert die Stadtjugendpflegerin. Und so entstand die Initiative von Marc, Julian und Lorenz, die hier von klein auf an gewohnt haben. „Lorenz und ich sind hier schon in den Waldkindergarten gegangen. Das ist unsere zweite Heimat“, erzählt Julian Wex.

Beide haben sich seit Jahren der Graffiti-Kunst verschrieben. „Wir malen schon seit Kindheitstagen mit Stiften und später mit Spraydosen unsere kleinen Kunstwerke“, sagt Julian Wex. „Das habe ich von meiner Großmutter. Die hat auch immer gerne gekrickelt, wie sie das genannt hat.“ Auch am Computer illustrierten sie heute ihre Bilder. Julian lässt sich dabei gerne von Vorbildern wie den japanischen Mangas inspirieren. „Am liebsten male und spraye ich Reptilien“, sagt er. Während Lorenz eher drauflos male und spraye und so im Laufe des kreativen Schaffens seine bunten Kunstwerke in die richtige Form bringt.

Dass sie hier großflächig und noch dazu ganz legal ihre Graffiti auf die Holzwände sprühen konnten, sei natürlich ein großes Geschenk gewesen. „Wir hatten täglich mit dem Eingreifen von Nachbarn und vielleicht sogar der Polizei gerechnet“, sagt Julian Wex. Doch ganz im Gegenteil hätten sie große Unterstützung und nur positive Resonanz aus der Nachbarschaft erfahren. „Die Kinder und Jugendlichen waren total begeistert“, berichtet Julian. Einige hätten zunächst erst ein paar Tage staunend und ungläubig zugeschaut, bis sie dann ihre Vorschläge und Wünsche von Motiven wie aus dem Videospiel Super-Mario, bunten Blümchen oder Halloween-Figuren ins Spiel brachten, die die drei Graffiti-Künstler dann farbenfroh umsetzten. „Jetzt finden alle, dass das total cool aussieht“, so Lorenz Fieg.

Die Sprayer haben auch schon Bekanntschaft mit der Polizei gemacht

Erfahrungen, dass ihre Kunst nicht immer und überall gut ankommt, haben Julian und Lorenz auch gemacht. So hatten sie in einer kalten Januarnacht eine Autobahnbrücke besprüht und sind im Anschluss von der Polizei festgenommen worden. „Wir wurden in Handschellen abgeführt, in Zellen gesteckt und mussten unsere Fingerabdrücke abgeben. Das volle Programm der strengen Gesetzeshüter also“, erinnert sich Julian Wex.

Sie konnten sich dann mit dem Eigentümer auf Wiedergutmachung der Sachbeschädigung einigen, der auf eine Anzeige verzichtete. So wurde die Straftat nicht weiter verfolgt. „Trotzdem sind wir noch in der Verbrecherkartei.“

Umso begeisterter waren sie, als sie davon hörten, hier in Quickborn-Heide ganz legal ihre Graffiti-Sprühkunst anwenden und ihrer Kreativität freien Lauf lassen zu können. „Öffentliche Leinwände finde ich großartig“, sagt Julian Wex. Jeder, der daran vorbeilaufe oder –fahre, könne die „positive Energie“, die die Bilder ausstrahlten, aufsaugen und so seinen Tag verschönern, ist er überzeugt. „Menschen unterschiedlicher Klassen und Herkunft sehen die Bilder, werden zum Nachdenken angeregt oder können die Kunstwerke einfach nur still auf sich wirken lassen und genießen.“

Die Quickborner Stadtjugendpflege versucht, diese Kunstform weiter zu unterstützen, kündigt Hesse an. So gab es bereits Mülltonnen und Stromkästen, die die Jugendlichen mit Graffiti besprühen konnten. Und demnächst wird es wieder ein großflächiges Werk wie das an der Ricarda-Huch-Straße entstandene geben..