Kreis Pinneberg. Kommission fordert Maßnahmen vom Flughafen und der Hamburger Politik. Zunehmende Belästigungen nach 23 Uhr.

Zunehmende Starts und Landungen, aber das immer öfter nach der eigentlichen Nachtruhe ab 23 Uhr: Der Flughafen Hamburg hat mittlerweile zwar erst wieder 80 Prozent seiner Auslastung aus dem Jahr 2019 – also vor der Pandemie – erreicht. Doch da es wegen der bekannten Personalprobleme derzeit bei der Abwicklung der Flüge zu erheblichen Verzögerungen kommt, steigt die Lärmbelästigung für die Menschen im Umland wie zum Beispiel in den Städten Quickborn und Norderstedt und auch in der Gemeinde Hasloh, die eigentlich durch die nächtliche Beschränkung geschützt werden sollten.

Flughafen: Immer mehr Starts und Landungen nach 23 Uhr

Laut Fluglärmschutzkommission sind bis zum 23. Juni 59 Starts und 208 Landungen nach 23 Uhr erfolgt. Auch für den Juli, wenn die Hamburger in die Sommerferien gehen beziehungsweise fliegen, werden vergleichbare, mutmaßlich aber noch weitaus höhere Zahlen erwartet.

„Die Zahl der Flugverspätungen nach 23 Uhr ist viel zu hoch“, kritisiert die Fluglärmschutzkommission. Deren Vorsitzende ist Elke Christina Roeder, Oberbürgermeisterin von Norderstedt. „Es ist unstrittig, dass der Flughafen in Hamburg und auch die Luftfahrtgesellschaften wirtschaftlich betrieben werden müssen und dass die Krisensituation für alle weiterhin herausfordernd ist“, sagt sie. „Dennoch muss auch vom Airport Hamburg und den Fluggesellschaften die Gesundheit der Menschen, die im Umfeld des Flughafens leben und die vom Lärm direkt betroffen sind, Rechnung getragen werden. Und natürlich muss auch die Gesundheit derer, die im Luftfahrtsektor arbeiten, geschützt werden. Deswegen sehen wir nun dringenden Handlungsbedarf.“

Die Vorsitzende der Fluglärmschutzkommission, Norderstedts Oberbürgermeisterin Elke Christina Roeder (M.), mit der Fluglärmschutzbeauftragten Gudrun Pieroh-Joußen und dem stv. Vorsitzenden, Gebhardt Kraft.
Die Vorsitzende der Fluglärmschutzkommission, Norderstedts Oberbürgermeisterin Elke Christina Roeder (M.), mit der Fluglärmschutzbeauftragten Gudrun Pieroh-Joußen und dem stv. Vorsitzenden, Gebhardt Kraft. © Stadt Norderstedt | Stadt Norderstedt

Flughafen: Maßnahmen zur Lärmreduzierung greifen nicht

Zur Erinnerung: 2018 waren die Lärmbelastungen bereits einmal vergleichbar, damals wurden mehrere Maßnahmen vereinbart und umgesetzt. Dazu gehörte die Einstellung von mehr Personal für die Abwicklung der Flüge, sodass die Zahl der Verspätungen schon 2019 deutlich zurückging. Für betroffene Privathaushalte, die sich in den Flugschneisen befinden, wurden wiederholt Förderungen beim Einbau von Schallschutzfenstern und Schalldämmlüftern möglich gemacht.

Doch weil rund um den Flughafen jetzt wieder ein Personalnotstand herrscht, greifen die damaligen Maßnahmen nicht mehr. „Die überwiegende Anzahl der Vertreterinnen und Vertreter der vom Fluglärm betroffenen Städte und Gemeinden beurteilten die jetzige Situation als sehr kritisch“, teilt die Kommission nach ihrer jüngsten Sitzung mit. Nun wird vom Flughafenbetreiber eine „deutliche Verbesserung“ gewünscht. Nur so könne „die Gesundheit der im Umfeld des Flughafens lebenden Menschen gesichert bleiben“.

Flughafen: Kommission hat keine Weisungsbefugnis

Auf der nächsten Sitzung im Oktober wird die Fluglärmschutzbeauftragte Gudrun Pieroh-Joußen der Kommission erneut einen Antrag auf Änderung der Verspätungsregelung vorlegen. „Dies ist dringend notwendig.“ Sie hat das 2017 schon einmal gemacht. Damals, im Dezember, beschloss das Gremium bereits mit großer Mehrheit: Starts bis 23 Uhr müssen von den Gesellschaften vorher der Fluglärmschutzbeauftragten glaubhaft als unvermeidbar aufgezeigt werden und nicht erst anschließend. Bei Landungen wäre die Frist 23.30 Uhr. Die Kommission kann allerdings nur Empfehlungen ausgeben. Und so wurde der Beschluss vom Senat und der Wirtschaftsbehörde nicht umgesetzt – auch unter Verweis auf wirtschaftliche Zwänge am Airport.

Auch der neue Koalitionsvertrag in Hamburg bestätigte die alte Regelung: Von 23 bis 24 Uhr sind nur Starts und Landungen des Linien- und Pauschalreiseverkehrs erlaubt, wenn die ursprüngliche Zeit vor 23 Uhr lag. Nach 24 Uhr muss eine Ausnahmegenehmigung der Beauftragten vorliegen. Ausnahmen gelten unter anderem für medizinische Hilfsflüge wie etwa dringende Transporte für Organtransplantationen.

Wie realistisch es ist, dass eine Empfehlung der Kommission diesmal in politischem Handeln mündet, ist unklar. Zur jetzigen Situation sagt Gudrun Pieroh-Joußen nur eines: „Das System ist so durcheinander, faktisch ist es eine Betriebszeitverlängerung.“