Kreis Pinneberg. Richtungsstreit zwischen altem und neuem Chef entzweit Norddeutsche Gartenschau. Worum es beim Zoff geht.
Es ist eine Blumen- und Blütenpracht, Gartenarchitektur vom Feinsten, eine botanische Idylle auf 17 Hektar Land: Bis zu 200.000 Besucher kommen pro Jahr ins Arboretum nach Ellerhoop, um inmitten von Themengärten, Biotopen, einheimischen und exotischen Gehölzen ihre Seele baumeln zu lassen, Ruhe zu suchen und Muße zu finden. Doch der Schein trügt. Das Arboretum ist zurzeit ein Ort von Zank und Zwietracht.
Es tobt ein Führungskampf im Vorstand des Förderkreises mit seinen 650 Mitgliedern, der seit zwei Monaten nicht mehr getagt hat. Eine Mitgliederversammlung im Mai, die den neuen Vorsitzenden Herwyn Ehlers, der im Oktober Hans-Dieter Warda abgelöst hat, für drei Jahre im Amt bestätigen sollte, wurde nach tumultartigen Szenen abgebrochen. Die Folgesitzung für Juni wurde ohne neuen Termin abgesagt. Seitdem herrscht Stille in der „Norddeutschen Gartenschau“, deren Richtungsstreit in einem Desaster zu enden droht.
Norddeutsche Gartenschau: Richtungsstreit im Arboretum
Es tobt ein Führungskampf im Vorstand des Förderkreises mit seinen 650 Mitgliedern, der seit zwei Monaten nicht mehr getagt hat. Eine Mitgliederversammlung im Mai, die den neuen Vorsitzenden Herwyn Ehlers, der im Oktober Hans-Dieter Warda abgelöst hat, für drei Jahre im Amt bestätigen sollte, wurde nach tumultartigen Szenen abgebrochen. Die Folgesitzung für Juni wurde ohne neuen Termin abgesagt. Seitdem herrscht Stille in der „Norddeutschen Gartenschau“, deren Richtungsstreit in einem Desaster zu enden droht.
Auch innerhalb der Belegschaft mit seinen 17 Mitarbeitern und elf Gärtnern ist von Ruhe und Frieden nichts zu spüren. Mobbingvorwürfe gegen den gesamten Vorstand werden erhoben. Sogar von einer Klage eines Mitarbeiters ist die Rede. Vorstandsmitglieder sind zurückgetreten.
Norddeutsche Gartenschau: Alter Chef sieht Lebenswerk in Gefahr
Wer Ursachen sucht, bekommt zunächst keine Antworten. Der neue Vorsitzende Ehlers äußert sich erst nach mehrfachen Anfragen. Er werde wohl sein Amt wieder aufgeben, kündigt er an. „Ich werde bei der Wahl wohl nicht wieder antreten.“ Und auch die Kreisverwaltung gibt sich verschlossen. Sie sei „Prof. Warda dankbar“, wie er das Arboretum „zu der Parkanlage in heutiger Schönheit und Bekanntheit“ gemacht habe. Der Kreis, der jährlich 150.000 Euro zum Millionen-Euro-Umsatz des Arboretums beiträgt, lege „höchsten Wert darauf, die Zukunftsfähigkeit des Arboretums mit dem Förderkreis und der oder dem NachfolgerIn von Herrn Prof. Warda zu gestalten“.
Das soll wohl durch die Blume heißen: Warda, der frühere Leiter des Botanischen Gartens in Hamburg und emeritierte Professor für Dendrologie an der Fakultät für Agrarwissenschaften und Landschaftsarchitektur der Fachhochschule Osnabrück, soll endlich abtreten. Doch der 81-Jährige, der seit 1984 in einer Vier-Zimmer-Wohnung im alten Münsterhof wohnt, um den herum er in gut 40 Jahren die Themengärten angelegt hat, denkt nicht daran, Platz zu machen. Nach 25 Jahren als Vorsitzender des Förderkreises ließ er sich im Oktober erneut in den Vorstand wählen. Eine ungültige Wahl, heißt es von seinen Gegnern, weil eine Beisitzerwahl nicht auf der Tagesordnung stand.
Warda sieht sein Lebenswerk in Gefahr. Er selbst hatte im Vorjahr seinen Nachfolger Ehlers zur Wahl des Vorsitzenden des Förderkreises vorgeschlagen. Doch nun lässt er kein gutes Haar an seinem „ehemaligen Studenten“, der in Hamburg ein Gartenbau-Unternehmen betreibt. „Ich habe sogar meine Diplomarbeit bei ihm geschrieben“, bestätigt Ehlers. Thema: Garten-Tourismus im Großraum Hamburg.
„Das Arboretum ist nicht sein Ding“, urteilt Warda. Ehlers könne das nicht. Die Gärtner verweigerten ihm den Einsatz, würden Anweisungen nicht befolgen. Viele Weisungen habe es gegeben, berichtet Warda. Viel zu viele. Fast alles, was er aufgebaut hat, habe Ehlers verändern und umgestalten wollen, ärgert sich Warda.
Norddeutsche Gartenschau: Was der neue Chef zum Streit sagt
Als Ehlers den heiligen „weißen Garten“ von Warda angeblich in einen englischen Garten mit Schachbrettmuster habe umwandeln wollen, hat der 81-Jährige den Stab über ihn gebrochen. „Das hat eingeschlagen wie ein Blitz“, ärgert sich Warda. „Und tat weh.“ Auch dass Ehlers im Abendblatt erklärte, das Arboretum zu einem „der zehn schönsten Gärten“ machen zu wollen, war ein Affront für Warda. Das habe er als persönlichen „Angriff“ gewertet. „Einer der zehn schönsten Gärten sind wir längst.“ Das hätten ADAC und die Zeitschrift „Geo“ gerade erst wieder in Reiseführern anerkannt.
Seit Ehlers alles umzumodeln versuche, könne er nicht mehr schlafen, klagt Warda. „Wenn ein Garten funktioniert, muss man ihn in Ruhe lassen“, so Warda. Wer plötzlich neue Bäume dort pflanzen wolle, riskiere den Bestand. „Das verträgt ein Park nicht“, konstatiert Warda.
Ehlers bedauert diese Entwicklung. „Ich würde nie die fachliche Qualität von Warda anzweifeln. Ich habe ja die Begeisterung für Gärten von ihm aufgesogen.“ Doch um dieses mittelständisches Unternehmen mit bis zu 35 Mitarbeitern erfolgreich in die Zukunft zu führen, brauche man „einen perfekten Park auf Top-Niveau, der die Leute begeistert, und zwar jedes Jahr aufs Neue wieder“. Darum müsse es Veränderungen und auch Neues im Park geben. „Das darf natürlich keine Massenveranstaltung, kein Hollywood werden“, so Ehlers. „Aber bis heute habe ich nichts im Arboretum verändert.“ Er liebe die englische Gartenkultur, aber auch die müsse mal verändert werden.
Norddeutsche Gartenschau: Offener Streit bei Mitgliederversammlung
Mit der Aussage, dass das Arboretum einer der zehn schönsten Gartenparks im Land sei, „hat Warda Recht“, sagt Ehlers. Aber er müsse den Gärtnern doch eine Zielvorgabe machen, damit dieses Niveau gehalten und verbessert werde, erklärt er seine Botschaft. Die auch an das Publikum gerichtet gewesen sei, um sie neugierig auf das Arboretum zu machen. Mit den Gärtnern habe er keine Probleme, versichert Ehlers. „Ich bin ja selbst Gärtner aus Leidenschaft.“
Richard Bischoff, Schwiegersohn Wardas und Mitglied des Vorstandes im Förderkreis, beschreibt die Differenzen so: „Herr Ehlers hat eine völlig andere Vorstellung von Gartenbau, die nichts mit dem zu tun hat, was Warda aufgebaut hat.“
Auf der Mitgliederversammlung des Förderkreises in der voll besetzten Diele des Arboretums trat dieser bislang nur intern schwelende Richtungsstreit offen zu Tage. Warda wollte das neue Leitbild vorstellen. Stattdessen habe er losgepoltert und sei Ehlers scharf angegangen, berichten Augenzeugen. „Das war furchtbar“, sagt Elke Schreiber, die stellvertretende Kreispräsidentin, die das Arboretum liebe. „Der war gar nicht mehr zu bremsen. Das hat nichts mit Wardas Verdiensten zu tun, aber dieser Stil geht gar nicht“, findet sie: „Wenn Warda so weitermacht, geht das Arboretum kaputt.“ Einige Mitglieder sollen aus Protest den Saal verlassen haben.
Norddeutsche Gartenschau: „Schmuddelige Tricks“
Ein anderer Teilnehmer sagt: „Uns schien es eine ‚covered operation‘ mit einem klaren Ziel: Es roch nach Putsch, nach Staatsstreich, nach Regime-Change, nach feindlicher Übernahme. All die Druckmittel, Nötigungen im Vorfeld, die ‚Säuberungen‘ im Vorstand, das ‚Einfliegen‘ gewisser Leute zur Versammlung, die zur passenden Gelegenheit das Wort ergriffen, all die schmuddeligen Tricks mit denen da geschummelt wurde, all das kannte ich seit Langem. Sagen wir das deutlich: Es stank nach Schwefel.“
Andreas Köhler, als Fachbereichsleiter für Service und Digitalisierung als Vertreter des Kreises dabei, soll sich an die Seite von Ehlers gestellt haben. Er warnte vor dem Plenum, wenn der Förderkreis nicht bald wieder einen tragfähigen Vorstand habe, könnte der Kreis auch den Überlassungsvertrag für das gesamte Areal an den Förderkreis von 1995 zum Jahresende 2024 aufkündigen. Dann fiele der gesamte Besitz und Betrieb an den Kreis zurück. „Tumultartige Szenen“ spielten sich ab, sagt Warda, der seitdem mehrfach den Kreis angeschrieben und an dessen Verantwortung appelliert hat. Auch ein Gespräch bei Landrätin Elfi Heesch hat die Lage nicht beruhigen können.
„Grundlage für die Zukunftsfähigkeit des Arboretums ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Förderkreis, Vorstand und Beschäftigten. Der Kreis als Vertragspartner des Arboretums wird diesen Prozess begleiten“, betont die Kreisverwaltung. Als strategischer Nachteil stellt sich nun heraus, dass der Kreis zwar größter einzelner Zuschussgeber und Eigentümer des Geländes ist, aber nur einfaches Mitglied ohne Sitz im Vorstand. Das soll auf der nächsten Mitgliederversammlung geheilt werden. Vize-Kreispräsidentin Schreiber will für den Vorstand kandidieren. „So wie es jetzt ist, kann es nicht weitergehen“, findet sie.
Norddeutsche Gartenschau: Wer übernimmt die Führung im Vorstand?
Einige plädieren für eine Strukturänderung. Das Arboretum solle künftig von einem hauptamtlichen Geschäftsführer und nicht von einem ehrenamtlichen Vorsitzenden geleitet werden. Zunächst gehe es aber darum: Wer übernimmt die Führung im Vorstand? „Eine Mehrheit im Vorstand“ sei gegen Ehlers, sagen Warda und Bischoff. Warda wollte unbedingt verhindern, dass Ehlers wiedergewählt wird. „Das Ziel habe ich erreicht.“ Andererseits weiß er auch, „dass der Förderkreis eine Spitze braucht, um regierbar zu sein.“ Er sei nun auf der Suche nach einem Nachfolger, der Kreis dem Vernehmen nach auch. Ehlers weiß ebenfalls keinen.
Wilgard Brisch aus Uetersen, die seit 15 Jahren Führungen machte, steht nicht mehr zur Verfügung. Sie hat ihr Amt als Zweite Vorsitzende des Arboretums aufgegeben. Wegen des Führungsstils von Ehlers, sagt sie. Der habe ihr klargemacht, dass nur er das Sagen habe. „Dabei haben der Erste und Zweite Vorsitzende die gleichen Rechte. Da wusste ich, wohin die Reise geht“, sagt die 70-Jährige. Ehlers erinnert sich, dass er die Bewerbung des Lichterfestes zum Indian Summer im Herbst kritisiert habe. „Diese Parkbeleuchtung auf höchstem Niveau hat viele Besucher verdient, auch um die Gärtner für ihre tolle Arbeit zu ehren.“ Da habe die Außendarstellung noch „Entwicklungspotenzial“ gehabt.
Brisch sagt aber auch, dass Warda sie unter Druck gesetzt habe: „Warda hat hier eine große Lebensleistung. Es wäre gut, wenn er sich zur Ruhe setzen würde.“