Pinneberg. „Klasse musiziert“: 84 Kinder haben an der Hans-Claussen-Schule alle Instrumente kennengelernt. Die Details.
Es hat Monate gedauert, bis der Pinneberger Musikschulleiter Alireza Zare alle Sponsoren gewonnen und Bundesmittel beantragt hatte, um auch in seiner Stadt ein Projekt musikalischer Bildung zu realisieren, das bundesweites Renommee genießt. Die Hans-Claussen-Schule darf „Klasse musiziert“ nun als einzige im Kreis Pinneberg nach dem Monheimer Modell umsetzen. Zwar hat Corona die Anstrengungen zum Teil zunichte gemacht. In der letzten Schulwoche hat aber nun ein Konzert stattgefunden, das die beteiligten Erstklässler, deren Eltern und Lehrerinnen sehr positiv erlebt haben. Ohne die Bürgerstiftung der Volksbank, den Rotary, den Inner Wheel und den Lions Club, ohne Fritz Garben, den Verein Pinneberger Kinder und die Bürgerstiftung Bruno Helms wäre es nicht zustande gekommen.
Pinneberg: Musikinstrumente für mehr als 12.000 Euro
Seit drei Jahren haben die Kinder an der Pinneberger Grundschule nun im Rahmen des Projekts die Gelegenheit, im sogenannten Instrumentenkarussell acht verschiedene Instrumente jeweils für einige Wochen durchzuprobieren: Trommeln, Hörner, Flöten, Zupf- und Streichinstrumente, die eigens dafür angeschafft wurden – für mehr als 12.670 Euro. Im zweiten Schritt darf sich jedes Kind für eines entscheiden und darauf gemeinsam mit den anderen zehn verschiedene Lieder einstudieren. Das Begrüßungs- und das Abschiedslied ist mit Koordination und fantasievollen Bewegungen verbunden.
Bei Weitem geht es bei diesem differenzierten und durchdachten Projekt nicht „nur“ darum, irgendetwas einzustudieren. Das weiß auch die Direktorin der Schule, Katja Beneke, die schnell Feuer fing, als Alireza Zare bei ihr anfragte. Inzwischen macht der dritte Jahrgang Erstklässler mit, 84 Kinder. „Es geht darum, Leidenschaft zu wecken, Begabungen und Fähigkeiten frühzeitig zu entdecken. Und aus Sicht der Kinder geht es auch darum, etwas Verbindendes in der Musik zu erkennen“, sagt sie.
Pinneberg: „Klasse musiziert“ ist kulturelle Bildung
Viele wissenschaftliche Studien haben erwiesen: Die Motorik der Kinder wird durch gemeinsame Musikprojekte positiv beeinflusst, die emotionale Entwicklung gestärkt, die Konzentrationsfähigkeit steigt ebenso wie das Durchhaltevermögen – und das soziale Klima verbessert sich im Allgemeinen.
Überdies erleben die Kinder Musik aktiv. Damit zählt das Projekt „Klasse musiziert“ zur kulturellen Bildung. Die wissenschaftliche Evaluation, die das Monheimer Modell begleitet hat, ergab außerdem: „Eltern und Lehrkräfte erkennen hierin Chancen der Integration von Kindern aus sozialschwachen und migrantischen Milieus.“
Gesa Wedig, Lehrerin einer beteiligten ersten Klasse an der Hans-Claussen-Schule, berichtet aus der Praxis: „Die meisten Kinder haben sich immer darauf gefreut. Allerdings wäre es noch besser gewesen, wenn sie die Instrumente auch hätten mit nach Hause nehmen können, um zu üben und sich damit vertraut zu machen.“ Diese Einschränkung war den Corona-Maßnahmen geschuldet.
Pinneberg: „Großartiges Projekt“ für das Selbstbewusstsein
Aber insgesamt zieht Direktorin Katja Beneke ein positives Resümee: „So ein Konzert, bei dem der Funke überspringt, und das als etwas Erfrischendes und Schönes wahrgenommen wurde, ist eine Höchstleistung. Für das Selbstbewusstsein der Kinder war das Projekt großartig. Denn sie hatten einen gemeinsamen Erfolg.“
Mohammed (7) hält sein Horn fest in der Hand: „Das hat Spaß gemacht! Mein Mund tut weh, als ob ich jemanden geküsst hätte“, sagt er lachend. Auch Joyce (8) hat sich dieses schwierig zu spielende Instrument ausgesucht: „Mir hat es gefallen, Horn zu spielen.“ Zu Hause spielt sie Gitarre, ihr Bruder Keyboard – sie kommt aus einer musikalischen Familie. Alina (7) hat sich eine Trommel ausgesucht, auf der sie zu Hause weiterspielen möchte. Und Omar (7) liebt es zu singen, spielt aber auch gern Keyboard. Mit Feuereifer ist er dabei. Ajan (7) macht das Trommeln am meisten Spaß. Er erinnert sich aber noch immer freudestrahlend an den Kindergarten, wo auch viel gesungen und musiziert wurde.
Pinneberg: „Schule musiziert“ mit Musikschulen entwickelt
Vier Jungs und zwei Mädchen haben das Horn ausgewählt. Aus der Musikschule ist hierfür die Hornistin Kartini Suharto-Martin hier, um sie spielerisch zu unterrichten. Ihre Kollegin Christiane Stein unterrichtet Querflöte und Keyboard. „Das Programm soll zum Reinschnuppern sein, sodass jedes Kind ein Instrument mal fühlen kann und merkt, wozu es Lust hat“, sagt Christiane Stein, die viel Spaß dabei hat, trotz der Anstrengung, den wilden Haufen ruhig zu kriegen.
Um sinnvoll nachzuwirken, ist „Klasse musiziert“ auf mehrere Jahre angelegt. Von Klasse zwei bis vier bietet die Musikschule allen interessierten Kindern kostengünstigen Gruppenunterricht an. Das Problem: Nicht selten kommt es vor, dass Eltern auch geringe Unterrichtskosten nicht aufbringen können. Für solche Kinder gibt es dennoch Möglichkeiten. Erhält so ein Kind später Einzelunterricht, so gibt es Ermäßigung über den Sozialpass.
„Schule musiziert“ wurde in enger Verzahnung mit Musikschulen entwickelt.