Quickborn. Ein besonderes Musikprogramm soll Pfingsten das Henri-Goldstein-Haus im Himmelmoor erfüllen. Wo es noch Karten gibt.

Es dürfte das ergreifendste Konzert dieser Tage in der Region werden: Der Träger- und Förderverein des Henri-Goldstein-Hauses im Quickborner Himmelmoor lädt zum ersten Mal in die noch weitgehend im Originalzustand erhaltenen Räume zu einem Konzert ein.

Am Pfingstmontag spielt der Komponist und Musiker Stefan Schäfer mit seinen Kollegen vom Orchester der Hamburger Staatsoper in dem Gebäude an der Himmelmoorstraße, in dem während des Zweiten Weltkriegs etwa 50 jüdische Kriegsgefangene auf engstem Raum unter Zwang leben und von morgens bis abends im Moor Torf stechen mussten.

Ort des Leidens soll mit Musik erfüllt werden

„Wir wollen diese Räume, in denen die Menschen so viel Leid ertragen mussten, mit Musik und Freude erfüllen“, begründet der Fördervereinsvorsitzende Jens-Olaf Nuckel diese Premiere im Goldstein-Haus. „Hier drin haben die Gefangenen auch ihre jüdischen Feste und Feiertage zelebriert.“ Wer herein komme, den befalle sofort eine Art Grummeln und Schamgefühl. „Es würde mich freuen, wenn es uns gelingt, dass die Atmosphäre des Raumes eine neue Bedeutung gewinnt.“

Das Gebäude ist vollständig intakt und fast noch im ursprünglichen Zustand, mit dem alten Bollerofen mitten im sehr niedrigen Raum, den Etagenbetten aus Metall, den Latrinen in einem Nebenraum. Erst im März ist das rote Backsteinhaus, das nach dem belgischen, jüdischen Kriegsgefangenen Henri Goldstein benannt ist, offiziell zur NS-Gedenkstätte in Schleswig-Holstein erklärt worden. Staatssekretär Oliver Grundei überbrachte seinerzeit nicht nur die offizielle Urkunde, sondern auch einem Förderbescheid über 200.000 Euro vom Land. „Das soll der Grundstock für den Aufbau einer Gedenkstätte sein“, sagte er.

Insasse Henri Goldstein hat seine Erinnerungen an das Himmelmoor aufgeschrieben.
Insasse Henri Goldstein hat seine Erinnerungen an das Himmelmoor aufgeschrieben. © Burkhard Fuchs | Burkhard Fuchs

Im sogenannten Arbeitslager 1416, wie es damals hieß, waren in den letzten Kriegsjahren etwa 50 jüdische Gefangene aus Belgien und Frankreich untergebracht, die täglich unter Zwang 15 Kubikmeter Torf im Himmelmoor zu stechen hatten. Goldstein war hier etwa ein dreiviertel Jahr untergebracht, bis er dort mit seinen Mithäftlingen Anfang Mai 1945 von den britischen Truppen befreit wurde.

Der Kontrabassist der Hamburger Philharmoniker Schäfer hat seit vielen Jahren eine enge Verbindung zu Quickborn. So war er vor etwa 20 Jahren einige Jahre der Vorsitzende des Vereins der Freunde der Kammermusik. Für das ganz besondere Konzert in den historischen Räumen am Himmelmoor wird er seine eigene Komposition „Die Glieder der Kette“ spielen.

Memoiren von Goldstein dienen dem Komponisten als Inspiration

Genau so hatte Goldstein fast 50 Jahre nach Kriegsende seine Erfahrungen in seiner fünfjährigen Kriegsgefangenschaft in deutschen Lagern in seinen Erinnerungen beschrieben. „Les maillons de la chaîne“, die Glieder der Kette, betitelte er seine Memoiren. „Als ich sie damals gelesen habe, war das meine Inspiration für dieses Werk“, erklärt Schäfer. Bei den späteren Aufführungen habe er immer das Himmelmoor als Hintergrund im Kopf gehabt, erklärt der Musiker. Allerdings in tiefblauen, dunkelbraunen Tönen, sagt er.

Dieses bereits mit viel Erfolg in der Hamburger Staatsoper aufgeführte Werk wird nun da erklingen, wo es hingehöre. „Es soll keine Auferstehung der Geschichte sein. Wir wollen an das Schicksal dieser Menschen erinnern und dazu beitragen, dass sie nicht vergessen werden“, sagt Schäfer über seine Beweggründe. Neben dem „Glieder der Kette“-Werk werde er als eine Uraufführung hierzulande die Melodie vorspielen, die ein litauischer Geiger erdachte und die erstmals 1890 in einer Warschauer Kirche erklang, die die Nazis später zerstören sollten. „Übrig geblieben ist nur diese Melodie. Sie passt hier gut hin“, ist Schäfer überzeugt.

Acht Musiker werden auf einer kleinen Bühne im Goldstein-Haus vorspielen, kündigt der Musiker an. Er werde in diesem „Ensemble Acht“ von einigen Kollegen und Kolleginnen der Hamburger Staatsoper begleitet. Im Raum werden etwa 90 Zuhörer einen bestuhlten Platz haben, sagt Veranstalter Nuckel.

Noch seien etwa 30 Karten im Vorverkauf (20 Euro für Erwachsene, zehn Euro für Jugendliche) in der Buchhandlung Galensa (Am Freibad 3a) zu erwerben. Möglicherweise werde es auch noch vor Ort einige Restkarten geben.

Konzert: „Die Glieder der Kette“ mit dem Ensemble Acht um Stefan Schäfer vom Philharmonischen Orchester, Montag, 6. Juni, 16 Uhr im Henri-Goldstein-Haus, Himmelmoorstraße 4-6 in Quickborn. Eintritt 20 Euro.