Pinneberg. Stadtführer Peter Russ lüftet als Nachtwächter Otto Klafack bei neuer Tour die Geheimnisse des Fahlts.

Seit 2013 hat der Pinneberger Peter Russ ein Alter Ego. Als Nachtwächter Otto Klafack gibt er historische Führungen durch Pinneberg – die Stadt, die seit seinem ersten Lebensjahr seine Heimat ist. Nachtwächter Klafack, der von 1838 bis 1912 lebte, schaute sich einst ebenso intensiv in der heutigen Kreisstadt um, wie es Russ auch macht. Und am Freitag, 27. Mai, kommt eine neue Facette in seinen meist unterhaltsamen Führungen hinzu – der Fahlt.

Pinneberg: Nachtwächter Otto Klafack führt durch den Stadtwald

Dann beginnt die neue Tour Klafacks in Zusammenarbeit mit dem Pinneberg Museum. Vom Bahnhof (Treffpunkt am Fahlt) geht es um 19 Uhr gut zwei Kilometer durch den Pinneberger Stadtwald. Während des Spaziergangs versorgt Klafack die Teilnehmer mit geschichtlich fundierten Informationen zum Wald, der einst noch Gehege Fahlt hieß. „Der Begriff Fahlt stammt aus dem Altplattdeutschen und bedeutet eingezäunter Platz. Im Grunde ist es also doppelt gemoppelt’“, erklärt Russ, der einen Magister-Abschluss in Geschichte hat und als selbstständiger Museumspädagoge arbeitet.

Früher wurden etwa auch Schweine für die Mast im Waldgebiet gehalten. Allerdings fraßen die Tiere die Jungtriebe der Bäume und Pflanzen weg. In den Bäumen hausten auch Bienenvölker. Das Sammeln von Honig in Wäldern wurde als Zeidlerei bezeichnet.

Um 1900 herum war Pinneberg ein beliebtes Ausflugsziel mit einer schönen Baumlandschaft. Das heutige Hotel Cap Polonio hieß damals noch Hotel Stadt Hamburg, bis es 1909 bei einem Brand völlig zerstört wurde. Nebenan stand einst ein Jägerhaus. „Jährlich hatte Pinneberg etwa 100.000 Besucher bei nicht einmal 5000 Einwohnern. Das ist in etwa ein Verhältnis wie heute in St. Peter Ording“, sagt Russ.

Pinneberg: Geschichte der Stadt lebendig gemacht

Bei seinen Touren trägt er ein möglichst originalgetreues Outfit, also einen alten Mantel und Mütze, sowie Knotenstock, lärmende Ratsche, Tutehorn und Stiefel. Einst führten auch Bahngleise durch den Pinneberger Fahlt. Im Lauf der Jahrzehnte ist der Wald immer kleiner geworden. „Von 1840 bis heute hat sich die Größe des Fahlts halbiert“, sagt der Historiker. Auch das ehemalige Gelände der Ilo-Motorenwerke war einst noch ein vitaler Wald.

Auf seiner Tour, die lustig und informativ sein soll, gibt es viele detaillierte und geschichtlich korrekt einsortierte Details, die ohne einen Fachmann wie Russ im Verborgenen bleiben würden: Was hat es mit der Doppeleiche und dem Gedenkstein mit der Inschrift „Op Ewig Ungedeeld“ auf sich? Was bedeuten die mystischen griechischen Buchstaben auf dem Findling, den vermutlich norwegische Gletscher nach Pinneberg bugsiert haben? Ist der Fahlt ein zentraler Sammelpunkt der alten Germanen nördlich der Elbe? Sind geometrische Rätsel in den Fahlt gepflanzt worden?

Pinneberg: Weitere historische Stadtführungen geplant

„Es gibt von einem unbekannten Autor eine Pinneberg-Chronik aus dem Jahr 1902, die absoluter Dünnsinn ist“, sagt der wiederauferstandene Otto Klafack, der wohl einer der profundesten Kenner der Pinneberger Geschichte ist. In jener Chronik ist von Hexenberg, Hexenkuhle und dem heutigen Bismarck-Denkmal als Opferstein die Rede. Peter Russ hat intensiv recherchiert und wird auf dieser neuen Tour gegen die Fake-News zu Beginn des 20. Jahrhunderts vehement vorgehen.

Überhaupt sind die öffentlichen Stadtrundgänge mit Obernachtwächter Otto Klafack eine kleine Erfolgsgeschichte. Am 17. Juni geht es um das Thema „In Lohn und Brot“, am 8. Juli folgt „Pensionopolis“. Bis zum Herbst sollen es insgesamt acht Touren mit unterschiedlichen Themenschwerpunkten werden. „Es waren seit dem Start 2660 Teilnehmer bei insgesamt 152 Touren dabei“, sagt Peter Russ. Nicht ganz ohne Stolz.

Für acht Euro kann jeder den Anekdoten im Pinneberger Fahlt lauschen und die Historie der Stadt besser verstehen. Peter Russ, der auch für Gruppen, Firmen, Vereine und Privatpersonen Führungen anbietet, bittet um eine vorherige Anmeldung. Der „echte“ Ober-Nachtwächter, der als humorvoll, hilfsbereit und trinkfest galt, hatte bis zu seinem Tod viel zu tun: Er soll insgesamt 22 unterschiedliche Berufe ausgeübt haben, um über die Runden zu kommen.

Anmeldung: Per E-Mal an ONW-Klafack@gmx.de, Telefon: 04101/655 25