Kreis Pinneberg. Neue Betrugstat gewinnt an Brisanz. Hohe zweistellige Zahl an Fällen im Kreis. Wie die Masche der Täter aussieht.
„Hallo Papa. Mein Mobiltelefon ist kaputt, dies ist die neue Nummer, die du speichern kannst. Bist du heute zu Hause?“ Wer solche oder ähnlich formulierte Nachrichten per WhatsApp von seinen Kindern erhält, sollte Vorsicht walten lassen. Denn Absender ist häufig nicht der eigene Nachwuchs, sondern Straftäter. Immer öfter nutzen Betrüger den Messengerdienst, um ihre ahnungslosen Opfer zu Überweisungen zu veranlassen. „Am Jahresanfang kam es nur zu vereinzelten Fällen. In den vergangenen Wochen und Monaten verzeichnen wir einen stetigen Anstieg“, so Polizeisprecher Lars Brockmann. Für den Kreis Pinneberg gehe die Polizei aktuell von einer hohen zweistelligen Zahl an Fällen aus.
So erhielt am Montag voriger Woche eine 62 Jahre alte Quickbornerin eine WhatsApp ihrer angeblichen Tochter. Diese schrieb ihr, ihr Handy verloren zu haben und bat darum, dass ihre Mutter für sie eine Überweisung von 3200 Euro übernimmt. Dies funktioniere mit dem neuen Handy noch nicht, die Mutter erhalte das Geld dann später zurück.
Polizei Pinneberg: Rufnummern stammen oft aus Datendiebstählen
Ähnlich erging es vorigen Mittwoch einem 55-jährigen Quickborner. In dem Fall bat der angebliche Sohn mit der gleichen Begründung um eine Überweisung von 2000 Euro. In beiden Fällen riefen die Quickborner die bisherige Handynummer ihrer Kinder an, hatten diese am Apparat und enttarnten auf diese Weise den Schwindel.
„Bislang blieb es im Kreis Pinneberg in den meisten Fällen beim Versuch, sodass kein finanzieller Schaden eingetreten ist“, so Brockmann. Allerdings seien in einigen Fällen von den Opfern auch Überweisungen ausgeführt worden. Brockmann: „Auffällig ist, dass die Betrüger ihre Opfer unter dem Vorwand der finanziellen Notlage zu Sofort- oder Echtzeitüberweisungen drängen. Hier besteht keine Chance auf Rückbuchung.“
Die Mobilfunknummern, derer sich die Täter bedienen, stammen nach den Erkenntnissen der Polizei zumeist aus Datendiebstählen im Internet, jedoch auch aus öffentlichen Verzeichnissen. „Bei diesem Betrugsphänomen ist von einer hohen Dunkelziffer auszugehen, da viele Versuchstaten vermutlich gar nicht angezeigt werden, sondern Angeschriebene die Nachricht einfach löschen“, so der Polizeisprecher weiter.
Polizei Pinneberg warnt davor, auf Geldforderungen einzugehen
Die Beamten warnen dringend davor, auf Geldforderungen angeblicher Verwandter, die per Messenger-Dienst eingefordert werden, einzugehen. Auch sollten in derartigen Fällen keinesfalls persönliche Informationen wie etwa Daten oder Kontoverbindungen preisgegeben werden. Brockmann: „Die einfachste Methode, die Echtheit des Kontakts zu überprüfen, ist ein Telefonat oder ein persönliches Gespräch mit der angegebenen Person. Auf keinen Fall sollte man den ,alten’ Kontakt löschen, wie von den Betrügern gefordert.“
Um sich vor derartigen Betrugsversuchen zu schützen, rät die Polizei, keinesfalls seine Handynummer im Internet zu veröffentlichen. Profilfotos etwa auf Facebook sollten zudem nur für die eigenen (echten) Kontakte sichtbar sein, um etwa Rückschlüsse auf familiäre Verhältnisse auszuschließen. Brockmann: „Wir raten zudem in jedem Fall zur Erstattung einer Strafanzeige.“ In keinem Fall sollte jemand auf finanzielle Forderungen eingehen, die per SMS, WhatsApp, Mail oder per Anruf eingehen. Wer es dennoch getan habe, solle sich an seine Bank wenden, um die Möglichkeit einer Rückbuchung prüfen zu lassen.
Polizei Pinnegerg: Täter agieren häufig von Callcentern im Ausland aus
Um die Täter ermitteln zu können, versuchen die Beamten, den Besitzer der verwendeten Handynummer ausfindig zu machen. Hier führt die Spur häufig ins Leere, da anonyme Rufnummern genutzt werden, die im Darknet oder teilweise in Geschäften erworben werden können. Zum Teil werden die verwendeten SIM-Karten auch mit falschen oder Fantasie- Personalien gekauft.
Ein anderer Ermittlungsansatz sind die Kontodaten, auf die das Geld fließt. Brockmann: „Wir stellen fest, dass das Geld nur kurzzeitig auf dem „ersten“ Konto verbleibt und sehr zügig weiter ins Ausland überwiesen wird. Betrüger missbrauchen zum Teil auch unter Vorwänden die Konten leichtgläubiger Bankkunden, die ihre Konten für angebliche Zwecke zum Beispiel für die Marktforschung zur Verfügung stellen.“ Üblich sei es auch, dass Betrüger mit falschen oder gestohlenen Personalien Konten eröffnen und von dort die erlangten Summen ins Ausland transferieren.
Dort kann die Polizei nur dann ermitteln, wenn ein Rechtshilfeersuchen über die Staatsanwaltschaft gestellt und von dem Staat bestätigt wird. Laut Brockmann agieren die Täter häufig von professionellen Callcentern im Ausland aus. Jedoch hätten Ermittlungen auch zu Gruppierungen geführt, die aus Deutschland operieren.