Pinneberg. In der Regionalschau gibt es einige Überraschungen. Künstler – Amateure wie Profis – konnten sich anonym bewerben.

Durch die Öffnung der Regionalschau für alle Kunstschaffenden ist in der Drostei eine Ausstellung entstanden, die viele Überraschungen birgt und unbekannten Talenten erstmals ein Forum gibt. Eine fünfköpfige Jury hat anonym Werke von 76 Künstlern dafür ausgewählt – von Jung bis Alt, von Profi bis Amateur.

Die Schülerin Lizann Sorgenfrei beispielsweise offenbart durch ihr Porträt einer „Blauen Frau“, dass sie es womöglich mit Berufsmalern aufnehmen kann. In welch feinen Nuancen von Blau und Rot sie die Schattierungen ihrer Haut herausarbeitet – das macht ihr so schnell niemand nach. Im selben Raum lässt Frank Haamann in einer großformatigen Schwarz-Weiß-Fotografie auf einem leeren Feld „Die drei Nornen“ auftreten, drei Schicksalsfrauen ohne Kopf, halb Vogelscheuchen, halb Kriegsopfer, die eine von ihnen mit einem roten Kreuz vor der Brust. Ein Bild, das die Gegenwart von allein auflädt.

Einen Raum weiter feiert die Leichtigkeit Triumphe: Anja Witt lässt aus zwei überwiegend in Weiß-, Grautönen und Schwarz bearbeiteten Leinwänden einzelne frische Farbtupfer förmlich heraushüpfen. Echte Natur hat Elke Werner in Acrylglaskästen arrangiert: Dort drängen sich Pusteblumen aneinander wie der frische Laich von Fröschen, oder sie knicken, eben noch nach oben gereckt, langsam ein in ihrer schnellen Vergänglichkeit. Nebenan straft Frances Palgrave das Vorurteil Lügen, dass Kunstgewerbe keine Kunst sein könne, denn dies hier ist durchaus als Genrebild zu sehen, auch wenn die beschürzte Figur mit lauter Gemüse in den Händen aus aneinander genähten Stoffresten besteht. Schräg gegenüber widmet sich Claus Reichelt mit einer witzigen Installation aus einer Leiter, bei der die unterste Stufe fehlt, der Flüchtigkeit heißen Liebesverlangens.

Wunderschöne, zarte Effekte haben die für Christiane Schedelgarn typischen Arbeiten aus gefalteten Textilstücken und darin eingelegten Fäden – weiß in Variationen. Von Frauke Petersen hängen zwei großartige räumlich-abstrakte Gemälde im Treppenhaus, die junge Charlotte Zils hat mit einem experimentellen Foto einer Neonröhre Verfremdungseffekte erzielt, und Antonia Haydns etwas melodramatische Arbeiten aus transparenten, teils schwarzen, teils weiß oder roten Herzen („Self-purification“) und ihre String Puppet mit blutrot gefütterten Stofföffnungen zeigen eine große Ungehemmtheit des Ausdrucks und im letzteren Fall ein Überschreiten der Grenze zum Theater.

76 x Kunst aus Norddeutschland 8.5. bis 19.6., Drostei Pinneberg, geöffnet Mi bis So 11.00 bis 17.00. Eintritt 4,-, erm. 2,-