Elmshorn. Keine Zweifel mehr: Gutachter bestätigen Echtheit des Wolfsfotos, das an der Wilhelmstraße entstanden ist. Was nun passiert.
Wolf oder nicht Wolf? Über diese Frage rätselt die ganze Region, seit sich ein Foto aus Elmshorn in rasender Geschwindigkeit im Internet verbreitet hat. Die Aufnahme soll zeigen, wie das Tier am westlichen Stadtrand an der Wilhelmstraße entlang läuft. Zudem gab es Meldungen über einen Nutztierriss in Seester und eine Sichtung in Bokel. Nach all diesen Hinweisen gibt es nun tatsächlich Gewissheit: Offenbar streift ein Wolf durch den Kreis Pinneberg. Das bestätigen sowohl Thomas Gall aus dem Kieler Umweltministerium als auch der Wolfsbetreuer und Rissgutachter in Schleswig-Holstein, Jens Matzen.
Nachdem es anfänglich vom Wolfsbetreuer noch hieß, das Foto aus Elmshorn werde nicht auf seine Glaubwürdigkeit überprüft, da der Urheber unbekannt sei und es sich um eine Manipulation handeln könne, wurde nun doch ein Wolfsbetreuer nach Elmshorn geschickt (das Abendblatt berichtete). Bestätigt wurde der Aufnahmeort, um sicherzustellen, dass das Foto auch tatsächlich an dem angegebenen Ort entstanden ist. Überdies hat sich inzwischen auch die Urheberin des Bildes bei Jens Matzen gemeldet.
Experten sicher: Das Foto zeigt einen Wolf in Elmshorn
Die Elmshornerin die ungenannt bleiben will, wurde durch einen Bericht im Radio auf die Karriere ihres Bildes aufmerksam. Bekanntlich wurde das Foto am Wochenende in mehreren Social-Media-Kanälen im Internet veröffentlicht. Laut Urheberin habe sie die Aufnahme am Sonnabend um 11.53 Uhr aus einem Fahrzeug gemacht.
Das Foto wurde nun auch an die TU-Dresden geschickt und von Mecklenburg-Vorpommerns Wolfsexperten Dr. Norman Stier untersucht. Der Forstzoologe verfolgt die Wanderweg der grauen Jäger seit Jahren akribisch und übernimmt beim Wolfsmonitoring in Schleswig-Holstein die Endbegutachtung. Er klassifiziert bei Meldungen, ob es sich um einen Wolf handelt oder nicht. „Es ist ein eindeutiger C1-Nachweis, sprich: ein Wolf“, erklärt nun Matzen. Informationen über die Identität, Herkunft und Geschlecht des Tieres seien über das Foto allerdings nicht möglich.
Indes mehren sich die Meldungen über Wolfsaktivitäten im Kreis Pinneberg. Nach einer Wolfssichtung in Bokel und dem Riss eines Schafes in Seester am vergangenen Wochenende stellt sich vielen Menschen die Frage, ob es einen direkten Zusammenhang zwischen diesen Meldungen und der Sichtung in Elmshorn gibt. Denn immer wieder sind viele beunruhigt, wenn sie von Wölfen hören, die Schafe reißen und Menschen in Angst und Schrecken versetzen.
In Schleswig-Holstein leben keine Wolfs-Rudel
Die Orte der Wolfssichtungen liegen im Kreis Pinneberg dicht beieinander. Ein Wolf kann pro Tag bis zu 100 Kilometer laufen. Auch die Autobahn zwischen Bokel und Elmshorn stelle für den Langstreckenläufer kein Hindernis dar, denn es sind Tunneldurchlässe vorhanden, die das Tier nutzen kann.
„Es wäre sehr spekulativ, jetzt anzunehmen, dass es sich um das gleiche Tier handelt. Dazu wissen wir noch zu wenig“, sagt Experte Matzen. Mit einem eindeutigen Ergebnis kann erst Mitte nächster Woche gerechnet werden, wenn die Ergebnisse aus dem Senckenberg-Forschungsinstitut in Gelnhausen vorliegen. Dorthin wurden Anfang der Woche die Fotos und Videoaufnahmen aus Bokel sowie Proben des Schafrisses und Kot aus Seester geschickt.
Während laut Monitoring im Jahr 2020/21 genau 157 Wolfsrudel, 27 Wolfspaare und 19 residente Einzelwölfe in Deutschland ansässig waren, ist den Behörden in Schleswig-Holstein kein Rudel oder ein sesshaftes Einzeltier bekannt. Das Hauptvorkommen der Wölfe liegt derzeit im östlichen Teil Deutschlands im nordöstlichen Sachsen und südlichen Brandenburg.
Wer einen Wolf sieht muss Abstand halten
Jetzt beginne allerdings die Jahreszeit, in der Jungtiere sich von den Eltern trennen und auf langen Wanderungen vom Süden her kommend ein eigenes Territorium suchen, erklärt Matzen. Schleswig-Holstein sei aber „so zersiedelt und zerschnitten, dass wir derzeit vor allem Durchgangsgebiet für Wölfe sind. Einzeltiere haben sich bei uns immer nur zeitweise aufgehalten.“ Ein Indiz dafür: Von Schleswig-Holstein aus wanderten umherstreifende Wölfe mehrfach schon nach Dänemark ein.
Wer einen Wolf sichtet, sollte das Tier fotografieren, sich Details wie Färbung und Körperbau merken und die Sichtung bei der Expertenhotline unter 0174/633 03 345 melden. Wölfe meiden Menschen, sagt Matzen. Niemand sollte versuchen, sich dem Tier zu nähern, es anzulocken oder gar zu füttern. Sollte sich ein Tier dennoch nähern, dürfe man keinesfalls weglaufen, rät der Experte. Denn das könnte den Raubinstinkt des Tieres wecken, ein Angriff sei möglich. Sinnvoll sei es, laut zu werden und in die Hände zu klatschen. Mann sollte sich umdrehen und den Weg möglichst ruhig zurück gehen. Hunde müssen in so einer Situation unbedingt angeleint bleiben.