Seester/Neuendorf. Die Nebenflüsse der Elbe verschlicken zunehmend. Auf der Krückau musste bei Ebbe mehrfach der Fährbetrieb eingestellt werden.
Bei Ebbe ist die Krückau kaum mehr als ein Rinnsal. An den Ufern links und rechts wird Schlamm sichtbar. Fast wirkt es, als können man das andere Ufer zu Fuß erreichen. „Die zunehmende Verschlickung macht das Übersetzen mit der Fähre immer schwieriger“, sagt Norbert Gülicher, Sprecher im Verein Kronsnest. Ein Team aus Ehrenamtlichen betreibt zwischen Mai und Oktober den Fährbetrieb zwischen Seester im Kreis Pinneberg und Neuendorf im Kreis Steinburg – mit Deutschlands kleinster Personenfähre, wie der Verein wirbt.
Das Ausbaggern der Elbe ist offiziell abgeschlossen, die Fahrrinne um bis zu 1,90 Meter vertieft. Damit können nun auch Schiffe mit einem Tiefgang von bis zu 14,50 Meter den Hamburger Hafen anlaufen. Gut für die Wirtschaft. Doch als Folge verschlicken die Nebenflüsse zunehmend, denn es werden immer mehr Sedimente hineingetragen, so die Fährbetreiber.
Fähre Kronsnest hat mit Verschlickung der Krückau zu kämpfen
„Das Fließverhalten der Elbe hat sich geändert. Der Strom fließt schneller“, sagt Norbert Gülicher. Je tiefer ihr Bett, desto mehr Wasser bewegt sie. Das wirkt sich auch auf die Wasserstände aus. Der Gezeitenstrom hinterlässt nicht nur in der Krückau immer deutlichere Spuren. „Bei Flut drückt das Wasser schneller und stärker stromaufwärts, spült Sediment und Schlick aus der Nordsee in den Fluss und seine Nebenarme“, erklärt er.
Bei Ebbe dagegen fließt es langsamer und sinkt stärker, eingetragenes Material wird nicht mehr abtransportiert. Die Folge: Die Flachwasserbereiche verschlicken und fallen trocken. Ganze Seitenarme verlanden. „Wir haben große Probleme, mussten schon mehrmals den Fährbetrieb einstellen und auf steigendes Wasser warten“, sagt Gülicher. Für wartende Gäste sei das unschön, der Verein hat zunehmend Arbeit, muss in immer kürzeren Abständen den Schlick mit Schaufeln oder Pumpen beseitigen.
Fähre Kronsnest: Saisonstart ist für den 1. Mai geplant
Der Unterlauf der Krückau zwischen Elmshorn und der Einmündung in die Elbe ist als Bundeswasserstraße ausgewiesen. Da er aber nicht mehr kommerziell genutzt wird, gibt es keine betriebliche Notwendigkeit, die Krückau auszubaggern. „Um den Schlick zu beseitigen, haben wir auch schon unsere Feuerwehr gebeten, ihre Übung zu uns zu verlegen“, sagt Gülicher. Aber die könnten nicht immer anrücken. Am Wochenende etwa war Großeinsatz für den Verein, um alles für den Saisonstart am 1. Mai vorzubereiten.
Danach pendelt die „Hol Över“ wieder zwischen Seester und Neuendorf. Die 27. Fährsaison wird mit einem Gottesdienst von Pastorin Mirjam Kull von der St. Nikolai-Kirchengemeinde Elmshorn eröffnet – nach zwei Jahren Corona-Pause. Das Läuten der Fährglocke und der Ruf „Hol Över“ sind der Startschuss. Begleitet wird das Spektakel mit einem Programm, wenn auch in abgespeckter Form auf der Seester-Seite. „Wir verzichten auf Bühne und Stände und werden nur Kuchen verkaufen“, sagt Gülicher. Dafür gebe es auf Neuendorfer-Seite erstmals einen Kunsthandwerkermarkt. Und auch die Raststätte „Sööte Eck“ öffnet.
Fähre Kronsnest: Seit 30 Jahren kümmert sich ein Verein um die Fähre
Der Verein selbst existiert schon seit 30 Jahren. Aus wirtschaftlichen Gründen war der Fährbetrieb im Jahr 1968 eingestellt worden. Am 1. Juni 1992 gründete sich in Neuendorf der „Verein zur Förderung und Erhaltung der historischen Kronsnester Fähre als Denkmal auf dem Wasser“ und belebte den Fährbetrieb als Touristenattraktion wieder. Mit einem großen Fest zu beiden Seiten des Flusses wurde die Fähre am 1. Mai 1993 eingeweiht und der Fährbetrieb wieder aufgenommen. Seither wird der Auftakt der Saison bei der kleinsten Fähre Deutschlands gefeiert.
Bei Hochwasser ist die Krückau an dieser Stelle rund 40 Meter breit. Dann erspart die Fähre vielen eine Überlandfahrt von etwa 20 Kilometern. An gut besuchten Tagen setzt der Kahn bis zu 80-mal über den Elbe-Nebenfluss. Bis zu sieben Fahrgäste und Räder können pro Überfahrt transportiert werden. So setzen die ehrenamtlichen Fährleute durchschnittlich 7000 Menschen im Jahr über.
„Wir haben für die nächste Saison 48 Dienste zu vergeben und freuen uns über Helfer“, sagt Gülicher. Die müssen anpacken können. Zum einen nimmt die Zahl der schweren Elektroräder zu, die ins Boot gehoben werden müssen. Zum anderen ist das Wriggen, wie das Übersetzen mit Hilfe eines Riemens genannt wird, auch anstrengend. Da auch Fahrkarten verkauft und beim Ein- und Aussteigen geholfen wird, werden die Dienste zu zweit besetzt. Bislang gibt es zehn Fährleute, darunter auch Frauen. Trotz Anstrengung, es lohne sich mitzumachen, findet Gülicher. Bei schönem Wetter sei es wie im Urlaub.