Elmshorn. Ein Foto davon ist im Internet aufgetaucht. Den offiziellen Stellen liegen noch keine Beweise vor. Die Details.
Scheu kannte er wohl nicht: Mitten am Tag soll ein ausgewachsener Wolf durch Elmshorn gelaufen sein. Das legt zumindest ein Foto nahe, das am Wochenende in mehreren Social-Media-Kanälen im Internet veröffentlicht wurde und sich rasant weiterverbreitete. Auf der Aufnahme läuft das Tier an der Wilhelmstraße an einem Sportplatz am Stadtrand entlang. Die Sportanlage der Straße ist gut erkennbar.
Kreis Pinneberg: Wolfssichtung mitten in Elmshorn?
Weder der Stadtverwaltung noch dem Ordnungsamt oder der Polizei liegen bis jetzt Meldungen oder Notrufe zu dieser Sichtung vor. Derweil ist das Bild auch an das Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt, Natur und Digitalisierung nach Kiel geschickt worden, wie Jörg Schmidt-Hilger vom Umweltamt der Krückaustadt im Gespräch mit dem Abendblatt bestätigt. Dort wird das Bild nun verifiziert. Auch ein Wolfsbetreuer ist nach Elmshorn geschickt worden, erklärt Thomas Gall vom Kieler Ministerium.
Dass sich ein Wolf mitten in Elmshorn herumtreibt, bezweifelt Schleswig-Holsteins Wolfsbeauftragter Jens Matzen. Klar komme es vor, dass sich mal ein Wolf verläuft, aber Wölfe meiden den Menschen, und auch in Städten fühlen sie sich nicht wohl. Der Experte vom Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) meint, „das Foto könnte auch manipuliert sein, heute ist im Netz ja alles möglich“. Etwa mit „Deep Fakes“, bei denen ganze Videos manipuliert und aus dem Originalzusammenhang gerissen werden.
Andererseits wurde schon am 7. April ein Wolf in Bokel gesichtet. Entdeckt hatte das Tier ein Landwirt. Von diesem Wolf gibt es ebenfalls Bilder und Videos. Zudem wurden Pfotenabdrücke und Kot gefunden. „Vorerst ist das nur ein C3-Hinweis“, erklärt Matzen. Das heißt, erst nach einer Analyse des Clips und der Fotos sowie einer DNA-Überprüfung des Kots am Senckenberg-Forschungsinstitut in Gelnhausen kann bestätigt werden, ob es sich um das Raubtier handelt.
Kreis Pinneberg: Wolfspopulation in der Region ist gewachsen
Passiert ist in Bokel nichts, denn der Landwirt habe schnell reagiert und seine Tiere in Sicherheit gebracht. Anders sehe es in der Gemeinde Seester aus. Dort hat am Sonntag ein Wolf ein Schaf gerissen, was ein Rissgutachter bereits vor Ort gemeldet und bestätig hat. Forensische Abdrücke des Wolfes sowie das getötete Schaf sind ebenfalls nach Gelnhausen versandt worden. „So können wir feststellen, um welchen Wolf es sich dabei handelt“, sagt Experte Matzen. Erst Ende März fiel in Schenefeld ein Schaf dem Wolf HW01 zum Opfer, wie die Wolfsnachweistabelle Schleswig-Holstein zeigt. Breiten sich Wölfe also immer stärker in Schleswig-Holstein aus?
Die Population habe zugenommen, weiß Matzen zu berichten. Aber es habe „wenige Nutztierrisse gegeben“. Das läge besonders an der Prävention. Bauern wissen mittlerweile, dass sie ihre Weidetiere sicher einzäunen müssen. Gleichwohl ist ein Treffen von Mensch und Wolf durchaus denkbar. Doch Wölfe meiden Menschen, betont der Experte. Niemand sollte versuchen, sich dem Raubtier zu nähern, es anzulocken oder gar zu füttern. Abstand halten hat Priorität. Wer einen Wolf sichtet, sollte das Tier fotografieren und sich Details wie Färbung und Körperbau merken. Und natürlich die Sichtung bei der Wolfs-Hotline des Landes melden. Die Experten sind unter 0174/633 03 35 erreichbar.
Kreis Pinneberg: „Problemwolf“ riss mehr als 50 Nutztiere
In den vergangenen Monaten war es im Kreis eher ruhig um das Thema Wölfe geworden. Der letzte und bislang einzige Wolf, der nachweisbar längere Zeit im Kreis Pinneberg unterwegs war, ist GW 924m gewesen. Der aus Dänemark stammende Rüde hielt sich zwischen Juli 2018 und Spätsommer 2019 in einem Dreieck zwischen Nord-Ostsee-Kanal, A 23 und der A 7 auf. Der „Problemwolf“ soll in mehr als einem Dutzend Fälle als wolfssicher geltende Zäune überwunden und Schafe gerissen haben, nachweislich 40-mal. Durch seine Attacken starben 54 Nutztiere – bis er schließlich zum Abschuss freigegeben wurde.
Monatelang waren Jäger auf der Pirsch nach dem Tier. Sein Ende kam allerdings im Januar 2020 in einem Wald bei Gifhorn (Niedersachsen). Dorthin hatte sich der „Problemwolf“ geschleppt, nachdem er am 6. Januar auf einer Straße bei Ringlah angefahren wurde.