Elmshorn. Feuerwehr und THW üben am Sonntag das Verschließen der sogenannten Stöpen. Warum solche Übungen wichtig sind.
Die Orkane in Norddeutschland Mitte Februar zeigten wieder einmal, welche Naturgewalten möglich sind. Trotz aller Schutzmaßnahmen in Elmshorn – wie beispielsweise das Sperrwerk, die zweite Deichlinie entlang des Flusses und Ausweichflächen – bleibt die Krückaustadt von Hochwasser bedroht.
Elmshorn: Katastrophenschützer proben für den Ernstfall
Wenn Katastrophen drohen oder eintreten, muss alles schnell gehen und trotzdem optimal aufeinander abgestimmt sein. Daher haben bei einer Sturmflut-Übung, der sogenannten Stöpenübung, mehr als 60 Einsatzkräfte am Sonntagmorgen den Ernstfall in Elmshorn geprobt und Hunderte Sandsäcke gestapelt sowie das sichere Verschließen der Stöpen, also der Deichscharten in Deichen und Hochwasserschutzwänden, trainiert. Dabei wurde auch das Zusammenspiel von der Freiwilligen Feuerwehr und dem Ortsverband des Technischen Hilfswerks (THW) getestet. Beide Organisationen sind fester Bestandteil des Katastrophenschutzes. Das Amt für Stadtentwicklung und Umwelt hatte die diesjährige Deichverteidigungsübung organisiert.
„Die Zivilschutzübung dient dazu, sich mit den Örtlichkeiten und Handlungsabläufen vertraut zu machen. Dies trägt zum schnellen und geordneten Handeln im Einzellfall bei und ist notwendig, um die Sicherheit der Bevölkerung gewährleisten zu können“, erklärt Wasserbauingenieurin Sabine Landt vom Amt für Stadtentwicklung und Umwelt. Geschlossen wurden die Stöpen, für die die Feuerwehr im Falle einer schweren Sturmflut primär zuständig ist – darunter die größte wie die am Wedenkamp und kleinere wie die am Eingang zum Aldi-Markt. Dort, wo sonst Kunden im Einkaufszentrum westlich des Wedenkamps, zwischen Sandberg und Krückau flanieren, war am Sonntag kein Durchkommen mehr. Für die großangelegte Übung wurden zahlreiche Straßen stundenlang voll gesperrt – auch für den Fuß- und Radverkehr.
Elmshorn: Deichverteidigung soll regelmäßig geübt werden
Auf rund 600 Kilometern erstreckt sich die zweite Deichlinie entlang der Westküste Schleswig-Holsteins und den Elbmarschen in den Kreisen Dithmarschen, Steinburg, Pinneberg und Nordfriesland. Um den Verkehr hinter der Seedeichlinie zu erleichtern, werden die Mitteldeiche mit Stöpen durchbrochen. Die verschließbaren Durchlässe im Deich können jederzeit durch angrenzend gelagerte Bohlen verschlossen werden: In zwei Reihen werden die dicken Bohlen aus Holz oder Aluminium in die seitlichen Stützmauern eingehängt, und der Zwischenraum wird zusätzlich mit Folien und Sand gefüllt. Das Füllmaterial kommt vom Betriebshof. „Mist mit Stroh gemischt geht auch“, erklärt Michael Kanarski. „Im Notfall nehmen wir alles, was wir kriegen können“, so der stellvertretende Wehrführer.
64.500 leere Säcke stehen den Helfern zur Verfügung. Gefüllt werden sie an einer Sandsackmaschine, die das THW Elmshorn mitgebracht hat. Routinierte Kräfte schaffen 3500 Säcke pro Stunde, vier bis fünf Kilo wiegt dann so ein Sack. Eine schweißtreibende Arbeit, wäre Gefahr im Verzug. Doch am Wedenkamp läuft alles sehr ruhig ab, denn es handelt sich um eine Ausbildungsveranstaltung, betont Landt. Und diese zu organisieren war zwingend notwendig. „Lange Zeit ist nichts passiert, weil bei Hochwassergefahr in Elmshorn bisher immer alles gut gelaufen ist“, erklärt Landt die Tatsache, dass die letzte Übung dieser Art 2012 stattgefunden hat. Das solle sich jetzt ändern. Der Hochwasserschutzbeauftragten, die seit 2020 für die Stadt arbeitet, schwebt vor, diese Deichverteidigungsübung alle zwei bis drei Jahre zu wiederholen.
Elmshorn: Stöpen schützen die Stadt vor dem Hochwasser
Elf Stöpen gibt es in Elmshorn: Zehn im Stadtgebiet, eine an der Krückau. Die Wasserbauingenieurin Sabine Landt kennt jede einzelne von ihnen und weiß, wie es um ihre Beschaffenheit steht. Es gibt Anpassungsbedarf, erklärt die Expertin, denn seit zehn Jahren habe sich viel geändert. So mussten jetzt einige Dammbalken erneuert sowie weiteres Material und Werkzeug angepasst werden, die Bohlenhäuser neu sortiert und Beschriftungen verbessert werden. „Da war auch viel Kleinkram dabei“, resümiert Wehrführerin Britta Stender. „Aber jetzt kennt jeder alle Stöpen und weiß genau, was er zu tun hat, wenn der Ernstfall eintritt“, so Stender.
Der Aufbau der großen Stöpe im Verlauf des Wedenkamps dauert etwa 45 Minuten. Das Schließen der kleinen Stöpen wie beispielsweise der am Aldi-Discounter nur etwa 15 Minuten, sagt Karnarski. Der Deichdurchlass hätte früher im Ernstfall mit Holzbohlen und Sandsäcken geschlossen werden müssen. Jetzt werden Sperren aus selbstdichtenden Aluminium-Planken aufgebaut, damit kein Flutwasser von der Krückau über die Straße in die Stadt fließen kann.
Elmshorn: Stöpen sind jetzt in einem sicheren Umstand
Die Wedenkamp-Stöpe mit einer Länge von 10,80 Metern ist ein Durchlass für Autos durch den Norddeich der Krückau, der sich vom Wedenkamp bis zum Sperrwerk an der Mündung zieht. Er dient seit 1969 als zweite Deichlinie als Schutz, falls das Sperrwerk oder der Landesschutzdeich an der Elbe brechen. Auch die Außenwand des neuen Aldi-Discounters gehört zur Deichlinie
Nach Angaben der Experten sind die Stöpen jetzt aktuell in einem sicheren Zustand und bereit, schweren Sturmfluten zu trotzen. Und heute arbeitet die Stadt Elmshorn in regionalen Kooperationen laufend daran, die Schutzmaßnahmen regelmäßig zu unterhalten und anzupassen. Dabei haben die Verantwortlichen die Gefahr durch die Nordsee ebenso im Blick wie intensive Niederschläge und deren Ableitung. „Wir können und wollen uns nicht vor jedem Szenario schützen. Den beherrschbaren Risiken begegnen wir mit geeigneten Maßnahmen, und auf unbeherrschbare wollen wir bestmöglich vorbereitet sein“, sagt die Wasserbauingenieurin.
Elmshorn: Stadt hat ein neues Hochwasserschutzkonzept
Auf Grundlage vorangegangener Klimaforschungsprojekte wie Klimazug-Nord („Klimawandel in Regionen zukunftsfähig gestalten“) und Karel („Klima-Anpassung des Regenwassernetzes von Elmshorn und Umland“) hat die Stadt ein Hochwasserschutzkonzept ausarbeiten lassen. Hamburger Experten haben ein Szenario durchgespielt, in dem ein Küsten- und Flusshochwasser kombiniert werden. Darin bleibt das Sperrwerk 35 Stunden geschlossen. „Es wird von einem „maximalen Zufluss der Schöpfwerke sowie einem statistisch alle 100 Jahre auftretendem Abfluss aus dem Einzugsgebiet ausgegangen“, erklärt Landt.
Das Ergebnis: Der Wasserstand im Bereich des Hafens würde nahezu zwei Meter unter dem in Elmshorn gemessenen maximalen Pegelwert der Sturmflut 1962 liegen. Durch den Schutz des Sperrwerks, auch unter Berücksichtigung eines technischen Versagens oder Deichbruches an der Elbe, sei das Eintreten derartiger Höhen wie im Februar 1962 statistisch „im Bereich des Unmöglichen“, sagt die Expertin. „Eine Flutkatastrophe wie in 1962 wird sich in Elmshorn nie wiederholen, denn das Krückausperrwerk schützt Elmshorn, und die Deiche reichen aus..