Pinneberg. Ruhestand: Nach fast 30 Jahren verabschiedet sich die Leiterin vom Pinneberg Museum, das sie aufgebaut hat.

Nach fast 30 Jahren als Direktorin des Pinneberg-Museums lernte Ina Duggen-Below (65) zum Ende gleich zwei Extreme kennen: einen Riesenerfolg und zwei niederschmetternde Pleiten. In die Duckomenta-Ausstellung strömten beeindruckende 1200 Besucher, dagegen versanken ihre beiden langjährig vorbereiteten, sehr besonderen Ausstellungen über die Pinneberger Schriftstellerin Sophie Wörishöffer und die Malerin Clara Sievers nahezu unbemerkt in den monatelangen Corona-Verboten. Als Direktorin verabschiedet sich die gebürtige Kielerin nun im Mai in den Ruhestand. Ohne ihr Können, ihre Beharrlichkeit und ihren Charme – so viel ist sicher – würde es das Pinneberg Museum heute wohl nicht geben.

Pinneberg Museum: 30 Jahre Arbeit für die Stadtgeschichte

Zurück blickt sie auf Höhen und Tiefen, eine kontinuierliche Aufwärts-Entwicklung des kleinen Stadt-Museums bei gleichbleibend mickrigem Etat. „Ich bin heilfroh, dass es hier weitergehen soll“: Dieser Satz von Ina Duggen-Below zum Ende ihres Berufslebens ist charakteristisch für den Stellenwert, den das Haus über Jahrzehnte in der Stadt hatte. Im Haushalt lief die Finanzierung unter dem heiklen Titel „freiwillige Leistungen“, was bedeutete: Jedes Jahr aufs Neue konnten die Lampen an der Dingstätte 25 einfach wieder ausgehen.

Als junge Frau war Ina Duggen-Below nach einer Ausbildung als Schriftmalerin, dem Abitur auf dem zweiten Bildungsweg und einem Studium der Kunstpädagogik viel versprechend gestartet. Erst bekam sie die Chance, die Museumspädagogik, die damals noch in den Kinderschuhen steckte, am Braunschweiger Landesmuseum aufzubauen, danach hatte sie wieder freie Hand, um am dortigen Herzog Anton Ulrich Museum das gleiche zu tun. Sie nahm danach teil an einem interkulturellen Forschungsprojekt an der Kunsthochschule, gemeinsam mit einer indonesischen Hochschule.

Irgendwann zog es sie wieder in den Norden. Am Pinneberger Geschwister-Scholl-Haus begann Ina Duggen-Below als Kulturpädagogin auf einer halben Stelle, und weil sie zur richtigen Zeit am richtigen Ort die richtigen Leute traf, bekam sie dann ihre zweite halbe Stelle in dem hier zu gründenden Museum dazu. Ihren heutigen Posten, der im Jahr 2000 zu einer Vollzeitstelle wurde. Der einzigen bis heute. Damals war eine kleine Sammlung von Pinnebergensien zu betreuen. Ein Raum stand zur Verfügung, mit Reproanlage und Fotoapparat. Das war’s. Die übrigen Räume wurden von der Ballettschule, der Volkshochschule, der Musikschule und der Frauenberatung genutzt. Das Museum war ein kleines Anhängsel.

Pinneberg Museum: Geschichte der Stadt wieder sichtbar machen

„Ich habe bald vor mir gesehen, wie es hier werden könnte. Und da ich stur und beharrlich bin, wollte ich es dann partout“, erinnert sie sich. „Das hat nicht allen gefallen.“ Bald nach ihrem Start lernte sie Wolfgang Domeyer und Klaus May kennen, zwei passionierte Historiker, die in der Pinneberger Geschichte sehr bewandert sind und ihr so manche Tür öffneten. „Sonst wär’s schwer geworden“, sagt sie. Gemeinsam traten sie an, um dem allgemeinen Urteil, das von historischer Bausubstanz und Struktur weitgehend leer geräumte Pinneberg habe doch keine Geschichte, mit einem Bollwerk an Wissen und Dokumenten entgegen zu treten.

Ihr erstes gemeinsames Projekt: die Stoffsammlung ähnlich wie in einem aufgeschlagenen Geschichtsbuch an die Wand zu bringen, mit Fakten gespickt und chronologisch geordnet. Aber Ina Duggen-Below wusste auch, dass in einer touristenfreien Stadt Sonderausstellungen mindestens ebenso wichtig sind, denn „wir bedienen hier immer wieder die Pinneberger.“ Wechselausstellungen wurden aus Themen der stadtgeschichtlichen Dauerschau aufgegriffen und vertieft, die Menschen der Stadt wurden oft mit einbezogen, „das Haus sollte identitätsstiftend werden“, sagt die Direktorin. Auch den Pinneberger Aspekten des Nationalsozialismus widmete sie sich wiederholt.

Zwar gab es etliche Versuche, ein anderes, neues Publikum ins Haus zu locken, was beispielsweise 2012 mit der sommerlichen Präsentation privater Schätze eines chinesischen Kunstsammlers auch gelang – mit über 600 Besuchern an nur vier Tagen. Aber überwiegend kamen dieselben Menschen, „stetig steigende Besucherzahlen sind eine Illusion“, hat sie festgestellt. Als letzten solchen Akzent setzt die Direktorin die Einführung akustischer Museumsführer (Audioguides) in einfacher Sprache.

Pinneberg Museum bezieht die Menschen in der Stadt mit ein

Über die Zeit folgte eine Sonderausstellung der anderen, begleitet von Aufrufen an die Pinneberger, auf dem eigenen Dachboden Fotos zu suchen, Geschichten zu erzählen, Leihgaben zur Verfügung zu stellen – in der Hoffnung, dass es gelegentlich zu einer Schenkung kommt. Auch den Pinneberger Handwerkern erwies sie wiederholt die Ehre. „Die Sammlung wuchs. Aber am meisten wuchs sie durch Herrn Fielmann. Ich habe ihm gestern einen persönlichen Dankesbrief geschrieben“, sagt sie. Seit 20 Jahren hat der regional so engagierte Optiker kontinuierlich dazu beigetragen, die Sammlung des Pinneberg Museums durch Schenkungen aufzuwerten und zu vergrößern – vertreten durch seinen engen Berater, den vielfach bewanderten und erfahrenen Kunsthistoriker Jürgen Ostwald.

Mit dem Nachlass des Pinneberger Künstlers Günther Thiersch fing diese segensreiche Zusammenarbeit an. Dessen Witwe wusste nicht, was sie mit den vielen Bildern zuhause tun sollte – und Fielmann kaufte sie nach und nach für das Museum an. Er sollte nicht der letzte Künstler bleiben, dessen Werk diesen Weg ging. Zuletzt bewilligte die Stadt die Stelle einer Volontärin in Gestalt von Jana Stoppel, die viele wichtige Impulse ins Haus brachte und gerade eine aufwendige Ausstellung vorbereitet. Gemeinsam mit einer Abiturientin, die hier ihr freiwilliges soziales Jahr absolviere, seien momentan vier Generationen präsent; den Dialog untereinander erlebt Ina Duggen-Below als ständige Bereicherung. Beim Wandern, im Schrebergarten oder beim Gang ins Ottenser Stadtteilarchiv wird sie sich künftig bestimmt gern daran erinnern.