Kreis Pinneberg. Die Zahl der Kriminalitätsopfer, die sich an den Weißen Ring wenden, ist rückläufig. Persönliche Betreuung ist dank der Pandemie schwierig.

Das zweite Jahr in Folge ist coronabedingt die Zahl der Kriminalitätsopfer, die vom Weißen Ring betreut werden, zurückgegangen. „Die Zahl betreuter Opfer von Körperverletzungen ist leicht, die von Sexualdelikten stärker zurückgegangen“, berichtet Uwe Kleinig, der Leiter der Außenstelle der Opferhilfsorganisation im Kreis Pinneberg. Er weist jedoch auf eine erschreckende Zunahme dieser Delikte im häuslichen Umfeld hin.

„Coronabedingt haben unsere ehrenamtlichen Team-Mitglieder im vergangenen Jahr etwa nur halb so viel Zeit wie in den Jahren 2018 und 2019 investieren können, um Opfer von Straftaten in schwierigen Situationen zu betreuen“, so Kleinig weiter. Persönliche Treffen und Begleitungen zu behördlichen Terminen hätten vielfach entfallen müssen. Die Mitarbeiter hätten im Vorjahr 1619 Stunden für die Opferbetreuung aufgewendet. Zum Vergleich: 2020 waren es noch 1725 Stunden.

Mehr Stalking-Opfer wenden sich an den Weißen Ring

150 Fälle landeten 2021 auf dem Tisch der Opferhelfer. Das sind 22 Fälle weniger als 2020, 33 weniger als 2019. Die Gesamtzahl setzt sich zusammen aus den 122 neuen Fällen in 2021 und 28 Fällen aus Vorjahren, die noch weiterer Betreuung bedurften. „Es fällt auf, dass sich 18 Opfer von Stalking an uns gewandt haben, im Jahr zuvor waren es 15“, berichtet Kleinig. In diesem Deliktfeld sei seit 2018, als es neun solcher Fälle gab, eine Steigerung zu beobachten. Im Vorjahr waren 14 der Opfer, die sich an die Opferhelfer wandten, Frauen. Vier Mal waren Männer betroffen.

Die meisten Fälle, die der Weiße Ring im vergangenen Jahr betreute, betrafen Körperverletzungen und Sexualdelikte (insgesamt 66 Fälle). 37 Mal – und damit in über der Hälfte der Fälle – ist das Delikt im häuslichen Umfeld durch den Partner verübt worden- „Auch wenn die reinen Deliktzahlen von Körperverletzung und sexualisierter Gewalt rückläufig waren, ist deren Ausführung durch Partner zuhause in häuslicher Gewalt erneut gestiegen“ betont Kleinig. 21 neue Sexualstraftaten, die an den Weißen Ring herangetragen wurden, sind ein auffälliger Rückgang gegenüber 2020, als sich noch 36 Opfer sexueller Gewalt an die Hilfsorganisation wandten. Betrug, Bedrohung und Raub gehören zu den weiteren Delikten, in deren Folge der Weiße Ring Opfern zur Seite stand. „Die Anzahl bei diesen Delikten blieb im Vergleich zu den Vorjahren auf niedrigem Niveau relativ konstant“, sagt der Außenstellenleiter.

Zwölf ehrenamtliche Opferhelfer sind aktiv

In den beiden Pandemiejahren hat der Weiße Ring die doppelte Menge an Schecks für eine anwaltliche Erstberatung – 2021 insgesamt 43 Schecks – und für psychotraumatische Erstberatungen (25) als in den Jahren davor ausgegeben. Das entspricht für 2021 einem Gegenwert von 12.920 Euro. Für finanzielle Hilfen wie Soforthilfen und weiterführende Opferhilfen zur Überbrückung von Tatfolgen wurden knapp 10.000 Euro aufgewendet.

Zwölf ehrenamtliche Teammitglieder sind im Kreis Pinneberg für den Verein aktiv, davon jeweils zur Hälfte Männer und Frauen. Viele sind wie auch Kleinig pensionierte Polizisten oder Kripo-Mitarbeiter. Zwei Helfer, die hauptsächlich Präventionsaufgaben wahrnehmen, waren 2021 pandemiebedingt – wie im Vorjahr auch – seltener im Einsatz als gewohnt. Das betraf laut Kleinig auch die ansonsten so wichtigen persönlichen Kontakte zwischen den Hilfesuchenden und den Ehrenamtlern. „Es gab allerdings wieder viel Verständnis und guten Willen auf beiden Seiten, so dass diverse Kontakte per Telefon, Mail oder auch Messenger bearbeitet werden konnten“, so der Außenstellenleiter.

Laut der Statistik sind 117 Hilfesuchende Frauen, 33 Männer. 118 Personen gehören der Altersgruppe 18 bis 64 Jahre an, zehn sind älter als 65 Jahre. Zwölf Minderjährige waren Klienten der Opferhilfsorganisation, darunter neun Heranwachsende im Alter zwischen 14 und 18 Jahren und drei Kinder. Etwa 22 Prozent der Hilfesuchenden wandten sich auf Empfehlung der Polizei an den Weißen Ring. 85 Mal blieb es bei Beratung und Begleitung, in 65 Fällen leistete der Weiße Ring auch finanzielle Hilfe.

Der Weiße Ring im Kreis sucht noch weitere Opferhelfer, die für ihre Arbeit intensiv ausgebildet werden, sowie Mitglieder und Spender. Interessierte können sich an die Außenstelle Pinneberg des Weißen Rings unter der Handynummer 0151/55 16 46 37 wenden.