Haseldorf. Zwei Männer aus dem Ort haben den Haseldorfer Hof gekauft. Nun suchen sie einen Pächter für das mehr als 100 Jahre alte Gasthaus.
Früher, als der Haseldorfer Hof noch Schinkenkrug hieß, kamen die Bauern vom Feld, um dort am Abend zusammen einen Schnaps zu kippen oder nebenan im großen Ballsaal auf dem geduldigen Parkett zu tanzen. Das taten sie auch noch, als er so hieß wie heute: Haseldorfer Hof. Nachdem das mehr als 100 Jahre alte Gasthaus vor zwei Jahren als letztes Lokal im Ort geschlossen worden war, hat es jetzt wieder eine Zukunft.
Zwei Haseldorfer haben den Gasthof gekauft: der Karosseriebauer Peter Nickels und der Immobilienvermieter Helmut Ehlers. Sie suchen einen Pächter. „Ein richtiger Familienbetrieb wär am schönsten“, sagt Nickels, der seit 40 Jahren im Ort wohnt.
Haseldorfer Hof: 63 Hochzeiten wurden 2019 noch im Landgasthof gefeiert
Freundlich und geschmackvoll wirken die Räume im Landhausstil. Die Wände sind in einem Himmelstürkis gestrichen, die Möbel aus poliertem Holz, die Polster sind in warmem Himbeerrot und die blumigen Vorhänge in Rot und Blau gehalten. Auf den Fluren stehen Bauernschränke, an den Wänden reihen sich historische Haseldorf-Fotografien aneinander, und gegenüber den Toilettenspiegeln wird die Wand von einer William-Morris-Tapete geadelt. Ja, die bisherige Besitzerin Jacqueline Prinzessin von Schoenaich-Carolath-Schilden hatte Geschmack.
„Es soll wieder so werden, wie es mal war. Alle sollen sich hier treffen können!“ Davon träumt Helmut Ehlers und schaut schräg hinübe auf die andere Seite der Hauptstraße, wo hinter dem Reetdach eines verfallenden Hauses das zierliche Kupfertürmchen der ehrwürdigen, 800 Jahre alten St.-Gabriels-Kirche hervorlugt. Die älteste Kirche im Kreis Pinneberg und der Gasthof – sie waren mehr als hundert Jahre lang eine Art Einheit. Dass die Gaststätte jetzt zwei Jahre geschlossen hatte, hat nicht nur Helmut Ehlers und Peter Nickels geschmerzt. Etwa zeitgleich hatten die Betreiber des Deichhofes aufgehört – seitdem gibt es in Haseldorf, einem der beliebtesten Hamburger Naherholungsziele, keine nennenswerte Gastronomie mehr.
Haseldorfer Hof stand nach Trennung des Besitzerehepaares leer
Nachdem sich das Besitzer-Ehepaar, Udo Prinz von Schoenaich-Carolath-Schilden und seine Frau, getrennt hatten und einige ihrer Immobilien den Besitzer gewechselt haben, nehmen die Dinge jetzt wieder eine für Haseldorf erfreuliche Wende. Das an der Hauptstraßenecke liegende Landhaus Holst, ein ganz besonderer Laden mit überaus geschmackvollen französischen und englischen Wohn-Accessoires, hat wieder aufgemacht. Und bald wird wohl auch Haseldorfs wichtigstes Restaurant, das ja eine Art Institution war, seine Türen wieder öffnen.
Über dem Gasthof befindet sich übrigens eine Wohnung, und hinten dran ein weiteres Haus mit sieben Zimmern. Das Personal könnte dort also gegebenenfalls gleich mit wohnen, der Pächter ebenfalls.
Noch 2019 wurden im Haseldorfer Hof 63 Hochzeiten gefeiert, das Hochzeitszimmer mit seinem entzückenden Interieur sieht aus wie frisch eingerichtet, und auch der Gasthof wirkt nicht in die Jahre gekommen. Wer ihn übernimmt, kann eigentlich sofort wieder aufmachen. Die Edelstahlküche ist geräumig, es gibt intakte Kühlräume, Geschirr, Töpfe, Pfannen – alles da, das Inventar ist weitgehend unverbraucht und im zeitlosen Landhausstil gehalten, die teuren Holzfenster in gutem Zustand. Der Festsaal mit Musikanlage und Beamerleinwand auch, nur das Parkett muss ein bisschen repariert werden.
Gebäude wurde auch im Leerstand durchgeheizt
„Wir wollen hier wieder Ü40- und Ü50-Partys haben, so wie früher mittwochs bis Mitternacht getanzt wurde. Und auch einen Mittagstisch hätten wir gern“, sagt Helmut Ehlers. Der Angelverein könne hier tagen, die Skatbrüder könnten sich treffen, Fußballer und Wassersportler einkehren, und der Prinz könne mal wieder auf ein Bier rüberkommen. Nicht nur zum Kinderfasching.
„Alle fragen schon, wann wir wieder aufmachen“, sagt Ehlers. Aber er selber wird nicht den Kochlöffel schwingen. Der letzte Betreiber habe sehr gut gekocht, drei Köche und drei Servicekräfte beschäftigt – die vielen Gäste, die zu jeder Jahreszeit kamen, um im Gastraum oder Wintergarten zu essen, sollten zufrieden sein, um wiederzukommen. Und das taten sie. Bälle wurden hier veranstaltet, Sportlerfeste gefeiert, Konfirmationen und weitere Familienfeiern.
„Die Gemeinde wartet nur darauf, dass hier wieder aufgemacht wird. Einen Probestammtisch gab es schon“, sagt Ehlers. Die Vorbesitzerin hat das Gebäude zwei Jahre durchgeheizt, weshalb alles in so tadellosem Zustand ist. „Stefan Nickels und ich haben uns zusammengesetzt, weil wir uns gesagt haben: Wir können den Haseldorfer Hof nicht sterben lassen“, sagt Ehlers. „Neu baut sowas ja niemand mehr“, fügt Nickels hinzu. „Und das hier war der letzte Landgasthof im Ort.“
Anfangs habe er noch 1,2 Millionen Euro kosten sollen, was in der Coronazeit keinen Gastronomen gelockt hat. Sie haben ihn dann um einiges günstiger bekommen. Der künftige Pächter könne den Gasthof nach zehn Jahren übernehmen, einen Reibach wollten sie damit nicht machen, sagen die beiden. Wegen der Kapitalertragssteuer müssten sie so lange mit dem Weiterverkauf warten, sagt Ehlers. Und mit der Gastronomie könne es nach dem zweiten Corona-Winter eigentlich ja nur noch bergauf gehen. Fehlt lediglich ein Gastronom, der den Schritt wagt.
Kontakt: ehlers@haseldorfer-hof.de oder Telefon: 0171/600 52 77