Pinneberg/Tornesch. Mit „Moin, Bohne“ haben sich Tornescher Barista auf Pinnebergs Wochenmarkt etabliert. Und sie haben große Pläne.
Der Pinneberger Donnerstags-Wochenmarkt hat Zuwachs bekommen: Vor der Drostei parkt ein liebevoll per Hand umgebauter Kleintransporter zum Aus- und Aufklappen, drinnen ausgestattet mit gemütlichen Holzregalen, als Auslage neben viel versprechenden Tüten ein paar zünftige Kaffeesäcke – und hinterm Tresen zwei glückliche Gesichter: Stefan Haberland (47) und Vladimir Gossmann (29). Sie sind von der Tornescher Kaffeerösterei „Moin, Bohne“ in die Kreisstadt gerollt.
Kaffeeröster aus Tornesch auf Pinneberger Wochenmarkt
Was der Kaffee taugt, ist bereits ringsum zu riechen: Aus ihrer kleinen, exquisiten Rösterei kommen Bohnen, die der Inhaber Stefan Haberland langsam und sortenrein per Hand röstet. Es ist zertifizierter Bio-Kaffee mit tollem Aroma, allerbester Verträglichkeit und einem korrekten Preis-Leistungs-Verhältnis. Vor dreieinhalb Jahren hat der Firmeninhaber damit angefangen, nun kennt er sich bestens aus. Seit gut einem Jahr hat er den jungen Kollegen Gossmann zur Seite, der das ganze Geschäft von A bis Z kennt, weil er sich in der Kaffeeröstereibranche tummelt, seit er 16 Jahre alt ist. Seither hat er so gut wie jeden Job in diesem Metier bekleidet.
In Elmshorn sind sie über den dortigen Wochenmarkt schon richtig bekannt geworden, ihr Kaffee steht in den Regalen der regionalen Hofläden und bei Edeka, sie beliefern aber auch Firmen- und Privatkunden, große Werkstätten, Kanzleien und natürlich die Gastronomie.
Kaffeeröster: Tornescher betreibt Getränkeautomatenfirma
Das hat eine Vorgeschichte, die es verdient, erzählt zu werden. Stefan Haberland wollte nämlich ursprünglich Tischler werden und hatte eine Lehre abgeschlossen. Dann kam alles anders, und seine Gene verlangten nach ihrem Recht. Seine Großeltern hatten nämlich einen Spar-Markt in Hamburg-Iserbrook. Nach dem Krieg waren sie mit ihrem rollenden Tante-Emma-Laden über Land gefahren, um die Leute bis in die entlegensten Ecken der Elbmarsch mit Lebensmitteln zu versorgen. „Das Gen muss bei mir hängen geblieben sein“, sagt jetzt ihr Enkel. Die Großmutter ist recht alt geworden, und als der Großvater nicht mehr konnte, sprangen für kurze Zeit ihr Sohn und seine Brüder ein.
Die Haberlands halten zusammen, so viel ist sicher. Auch Stefan Haberland und sein Bruder Martin, die beide zunächst in Hamburg bei einem großen Getränkeautomaten-Konzern gearbeitet haben. Bis sie die Gelegenheit ergriffen, ein ähnliches, kleineres Unternehmen zu kaufen und sich in Hamburg-Wandsbek selbstständig zu machen, am Anfang noch mit Unterstützung ihres Vaters. Über ihre Firma Haberland Automaten, die seit mittlerweile zehn Jahren in Tornesch sitzt, liefern sie bis heute heiße und kalte Getränke und deren Automaten, Snacks und Wasserspender.
Nach einigen Jahren wollten sie es aber mit etwas Neuem versuchen und kamen auf die Idee, den Kaffee für ihre Automaten einfach selber zu rösten. Als erstes wurde ein holländischer Sechs-Kilo-Röster angeschafft. Dann hatte Haberland das Glück, bei einer Kaffeeverkostung den Deutsch-Russen Vladimir Gossmann kennenzulernen, der das Kaffeerösterei-Business von der Pike auf gelernt hatte und sich ganz gern verändern wollte.
Kaffeeröster: Nachhaltige Produkte, nachhaltiger Service
Zum Thema Direktverkauf sagt Experte Gossmann: „Mein Opa hat noch seine Tiere auf dem Markt verkauft. Ich habe da einiges erleben dürfen.“ Seit 1999 lebt er in Deutschland. Er und Haberland haben nämlich gemein, „dass wir uns nicht zu fein dafür sind, auf dem Markt zu stehen. Mit Vladimir passte das halt. Wir sind nicht klassisch steif. Wir versuchen, mit den Menschen zusammenzuwachsen“, sagt der Chef. In Elmshorn haben sie ein gutes Jahr auf dem Markt gestanden. Mit Blick auf Pinneberg sagt er: „Jetzt wollen wir es woanders probieren.“
Nachhaltig ist ihr Service bei allen Großkunden und bei der Gastronomie. Denn dort liefern sie Großgebinde in verschließbaren Tonnen, die sie auch wieder abholen. Ein Mehrwegsystem ohne jeden Müll. „Es bringt Spaß zu sehen, dass die Leute wertschätzen, was man macht“, sagt Haberland. „Die Begeisterung unserer Kunden ist für uns das Allerschönste.“
Nun sei das Kaffeerösten ja kein Hexenwerk, sagt Vladimir Gussmann, der mit dieser Arbeit „eine Tradition weiterführen“ möchte. Klar ist der Kaffee oder Espresso von „Moin, Bohne“ etwas teurer als Industriekaffee. „Wir möchten aber die Preise so halten, dass jeder ihn sich leisten kann“, sagt Haberland. Ein Blick auf die Preisliste bestätigt das, zwei 250-Gramm-Pakete Bio-Espresso für 8,90 Euro – da gibt’s für viele Kunden nicht so viel zu meckern.
Kaffeeröster: Äthiopischer oder mexikanischer Kaffee
Längst wissen sie, dass die Kaffeebohnen aus Äthiopien sehr viel sanfter schmecken als die aus Mexiko. Dass Bohnen für Filterkaffee bei 210, die für Espresso bei 220 Grad geröstet werden sollten. Zwischen 16 und 21 Minuten pro Vorgang (Zum Vergleich: Industriekaffee wird pro Durchlauf durchschnittlich zwei Minuten geröstet) gönnen die Tornescher ihren Bohnen. Bei Ex-und-Hopp-Röstungen werden die gerösteten Bohnen mit Wasser heruntergekühlt, was das Gewicht steigert. Ein Kilo Moin-Bohne-Kaffee wiegt nach der Röstung noch 800 Gramm, weil er in Ruhe abkühlen darf.
Etliche weitere Unterschiede würden die Qualität von Spitzenkaffee ausmachen. Wird für Billigkaffee geerntet, werden dabei die Kaffeebäume ruiniert, weil unreife und reife Bohnen, Zweige, Steine und Vogelnester mit abgerissen werden. „Bei uns werden nur die reifen Bohnen gepflückt“, sagt Gossmann. Was bei „Moin, Bohne“ in die Tüte kommt, werde komplett auf Pestizidrückstände geprüft und sei deshalb wirklich „Bio“.
Kaffeeröster: Neue Projekte und Kaffee-Sorte geplant
Abgesehen davon, dass die Haberlands gemeinsam mit acht weiteren Teilhabern aus Deutschland und Italien in der Dominikanischen Republik eine eigene Plantage aufbauen, die in zwei, drei Jahren nennenswerte Erträge liefern wird, wollen sie im Laufe dieses Jahres noch einen neuen Kaffee ins Sortiment aufnehmen. Er kommt aus Nicaragua, heißt Flores del Café und wird ausschließlich von Frauen erwirtschaftet. „Diese Frauen möchten wir unterstützen, außerdem wollen wir mit dem Verkauf Frauenhäuser vor Ort fördern“, sagt Gossmann.
Zeitlich begrenzt hatten sie so einen Projektkaffee bereits mit dem „Starken Hans“ verkauft und damit Kiezkneipen wie das Hans-Albers-Eck oder La Paloma am Hafen unterstützt, das Feuerschiff oder auch Tattoo-Studios – Menschen eben, die durch die Pandemie gebeutelt wurden. Davon wurde auch „Moin, Bohne“ nicht verschont, denn der Abnehmerzweig Gastronomie tritt seit Monaten auf der Stelle. Ihren Optimismus kann das aber nicht schmälern. Sobald die Pandemie abebbt, wollen sie Barista- und Röstschulungen anbieten, Kaffee verkosten oder sogar mal eine Lesung mit Röstung veranstalten. Die Ideen werden ihnen so schnell nicht ausgehen.
Infos und Bestellungen: Donnerstags auf dem Pinneberger Wochenmarkt und im Internet unter: www.moinbohne.de