Uetersen. Nach Scheunenbrand wird das Herrenhaus in Uetersen zur Schaufläche. Langes Erbe wird derweil sicher verpackt.

Der Taschentuchbehälter aus hellblauem Seidentaft ist in säurefreies Seidenpapier gewickelt. Das gute Stück stammt aus den Jahren 1840 bis 1845 und gehört zum Inventar des Museums Langes Tannen in Uetersen. „Seide muss waagerecht gelagert werden und darf nicht geknickt werden“, sagt Restauratorin Cornelia Botha, die seit Juni 2020 im Ruhestand ist. „Sonst bricht es wie Holz.“ Damit auch die mit Satinbändchen besetzten Kanten und die Schleifen an den Ecken überdauern, hat sie es so im Karton befestigt, dass es nicht verrutschen kann. Anschließend muss der Deckel so beschriftet werden, dass auf den ersten Blick klar ist, was sich dahinter verbirgt.

Uetersen: Museum Langes Tannen schafft Platz für Ausstellung

Eine aufwendige Arbeit, die Cornelia Botha ehrenamtlich macht. Die erfahrene Restauratorin hilft Museumsleiterin Ute Harms dabei, Möbel, Silber, Porzellan und Bilder der Familie Lange für die kommenden Monate einzulagern und im Herrenhaus Platz zu schaffen für wechselnde Ausstellungen. Diese Schauen kamen sonst in der benachbarten Museumsscheune unter. Doch die wurde durch Brandstiftung im vergangenen Jahr völlig zerstört. Bis zum Wiederaufbau der abgebrannten Scheune verschwindet das historische Erbe in Kisten und säurefreien Kartons.

Grundstock der Museumseinrichtung ist das überwiegend aus dem 19. Jahrhundert stammende Hausinventar der Familie. „Das präsentieren wir seit 36 Jahren im Herrenhaus“, sagt Harms. Schon damals half ihr Cornelia Botha bei der Einrichtung des Museums. „Ich war bei ihr im Altonaer Museum Volontärin“, sagt die Kunsthistorikerin. Bis heute verbindet die Frauen eine Freundschaft.

Botha hatte zuletzt für die Stiftung Historische Museen Hamburg ein gemeinsames zentrales Depot für das Altonaer Museum, das Museum für Hamburgische Geschichte und das Museum der Arbeit eingerichtet. In dem rund 11.000 Quadratmeter großen Lager in Stellingen können die Museen ihre Sammlungsgegenstände unterbringen.

Uetersen: Zu wenig Personal in den Museen

„Das Problem ist, dass es zu wenig Personal an den Museen gibt, die sich mit der Inventarisierung beschäftigen können“, sagt Botha. Es gebe nicht einmal genügend Leute, um nach dem Umzug alles wieder auszupacken. Auch fehle es oftmals an Schulungen im Umgang mit der Software Digicult, mit der die meisten Museen in Schleswig-Holstein ihre Sammlungen digital aufbereiten und für die Öffentlichkeit zugänglich machen. Eine Aufgabe, die manchmal auch Ute Harms mit ihrem 24-Stunden-Vertrag an ihre Grenzen bringt.

Um sorgsam mit historischem Kulturgut umgehen zu können, braucht es Fachkenntnisse zu verschiedenen Materialien. „Silber wird zum Beispiel am besten in einem speziell imprägnierten Stoff eingeschlagen, damit es nicht mehr so stark anläuft“, sagt Botha. Der ist teuer und nur bei Spezialhändlern erhältlich. Temperatur, Klima, Licht haben Einfluss auf die Gegenstände. Und auch wenn sie professionell verpackt sind, müssen die Depots von Zeit zu Zeit kontrolliert werden, um einschreiten zu können, wenn Teile oxidieren, korrodieren oder von Schädlingen befallen werden.

Als die heute 66-Jährige ihre berufliche Karriere als Restauratorin begann, gab es eine solche Ausbildung noch gar nicht. „Ich bin gelernte Tischlerin, habe dann zweieinhalb Jahre im Altonaer Museum ein Restaurierungspraktikum gemacht“, erzählt die Expertin für Konservierung. Anschließend arbeitete sie in der Konservierungsanstalt des Nationalmuseums Kopenhagen, ehe sie 1978 einen Vertrag für das Altonaer Museum bekam, der aus Sondermitteln für Restaurierungen in Hamburger Museen finanziert wurde. Später initiierte ein Hamburger eine professionelle Ausbildung für Restauratoren, die Botha ebenfalls absolvierte.

Uetersen: Neue Ausstellung in Langes Tannen ab März

Im Uetersener Museum stapeln sich in einem kleinen Raum Hutschachteln, Zylinderkoffer, Kinderkleidung, Bettwäsche, Taufkleider – ja, sogar Unterwäsche – in Regalen, alles fein säuberlich in beschrifteten Kartons verpackt. In einem Schrank ist das Tafelsilber untergebracht, in Schubladen liegt neben Silberbesteck auch eine Suppenkelle gefertigt aus einer exotischen großen Muschel. Bilder in Luftpolsterfolie lehnen an der Wand. Unempfindliches Porzellan und Steinzeug kommen auf den Dachboden.

Für die größeren Möbelstücke kommen nächste Woche auf Museumsstücke spezialisierte Möbelpacker, mit denen Botha bei anderen Projekten schon gute Erfahrungen gemacht hat. Sie bringen einen Teil der Möbel im Schlafzimmer unter. Vitrinen und Wechselrahmen kommen ins Stadtarchiv. Danach rücken die Handwerker an. „Elektriker müssen Lichtschienen verlegen und Maler streichen Wände“, sagt Harms. Außerdem werden die Heizkörper verkleidet. Bis März müssen die Räume hergerichtet sein. Dann stellt die Hamburger Bildhauerin Annette Streyl im Herrenhaus aus.