Elmshorn. An der Königstraße hat der erste Unverpackt-Laden der Stadt eröffnet. Das Konzept der Initiatoren.
Endlich ist es vollbracht: Elmshorns erster Unverpackt-Laden hat am Donnerstagvormittag an der Kirchenstraße 4 seine Türen für Kunden und Kundinnen geöffnet.
Die ersten Interessenten standen bereits halb zehn vor der Tür, erzählt Barbara Slomka lachend. Und keine zwei Stunden später ist das Geschäft immer noch mit Kundschaft gut gefüllt – wegen Corona ist der Zugang allerdings auf zwölf Personen beschränkt.
Direkt in der Innenstadt gelegen, in der Nähe des Wochenmarktes, gut mit dem Fahrrad oder zu Fuß von der Königstraße aus zu erreichen, ist der „Simpel Unverpacktladen“ der erste seiner Art in der Krückaustadt. Ursprünglich wollte das Team um Katja Antal, Barbara Slomka, Peter Lüders-Bahlmann, Jens Herrendorf und Jannes Meyer mit seinem Unverpackt-Laden bereits im 2020 starten – das hat Corona verhindert, allerdings nie ernsthaft gefährdet.
Der „Simpel Unverpacktladen“ hat sich auf die Fahne geschrieben, den Verpackungsmüll zu reduzieren. Plastik ist zwar vielseitig, leicht und praktisch, aber es ist eines der größten Umweltprobleme unserer Zeit. Gerade bei der Produktion von Plastikmüll ist Deutschland Spitzenreiter in der EU.
Das Konzept des Ladens ist einfach, eben simpel: Viele der Produkte werden in großen Spendern aufbewahrt, sodass sich die Kunden die Ware selbst abfüllen können. Und das funktioniert selbst mit Duschgel und Waschmittel. Die Kunden bringen von zu Hause Vorratsdosen, Papiertüten oder Schraubgläser mit. Im Laden wird das Leergewicht abgezogen. Bezahlt wird nur der Inhalt. Wer keine eigenen Behälter oder Stofftaschen hat, kann im Geschäft welche erwerben oder ausleihen. So fördert das Konzept auch den bedarfsgerechten Einkauf, denn man nimmt nur mit, was man tatsächlich benötigt, wodurch auch Lebensmittelabfälle vermieden werden.
Auf Plastik zu verzichten ist nicht gerade einfach, aber es klappt. Bioläden, Hofläden und Wochenmärkte sind eine gute Anlaufstelle für den Kauf von unverpackten Waren, dort gibt es Obst, Gemüse, Feinkost, Fisch und Fleisch ohne unnötige Verpackung. Genau diese Einkäufe haben Barbara Slomka auf die Idee gebracht. „Da ich Kinder habe, ist es mir nicht nur wichtig, dass Produkte nachhaltig erzeugt und verpackungsarm transportiert werden, sondern dass sie auch alltagstauglich und praktisch angeboten werden“, sagt die Betriebswirtin.
Slomka beginnt, sich mit Nachhaltigkeit zu beschäftigen, liest Artikel über die ersten verpackungsfreien Lebensmittelgeschäfte in Deutschland und wird Kundin solcher Läden in Hamburg. In den sozialen Medien lernt Slomka vor drei Jahren Katja Antal kennen. Die Studienrätin, die ihren Schülern Nachhaltigkeit auch in der Praxis näherbringt, bedauert, dass es keinen verpackungsfreien Supermarkt in der näheren Umgebung gibt. Es kommt eins zum anderen: Innerhalb weniger Wochen finden sich die fünf engagierten Elmshorner mit dem Wunsch zusammen, einen Unverpacktladen in der Stadt zu eröffnen.
Zwei Jahre sammeln sie Ideen und planen, jetzt biegen die Macher auf die Zielgerade ein. Auf 80 Quadratmetern finden sich im Verkaufsraum und in den Regalen aus alten Baustellen-Bohlen eine Auswahl an Molkereiprodukten, Getreide, Reis, Flocken, Gewürze, Backzutaten, Öl und Essig, aber auch Süßes und Salziges sowie Hygiene- und Reinigungsartikel, Naturkosmetik und Literatur zum Thema Nachhaltigkeit. Herkunft und Inhaltsstoffe der Waren sowie die Haltbarkeitsdaten sind gut sichtbar am jeweiligen Spender angebracht.
Obst und Gemüse sind auch im Sortiment. Aber nur regional und saisonal. „Bananen oder Paprika werden Sie bei uns nicht finden, solange sie nicht in Deutschland wachsen“, erklärt Slomka.
Die Jungunternehmer setzten also auf Regionalität, kurze Transportwege, verpackungsfreie Waren und Pfandsystem. So kommt der Kaffee von den Röstlich Coffee Brothers aus Uetersen, Milchprodukte von DeÖko Melkburen aus Lentföhrden, Honig aus Elmshorn, Eier aus Kollmar, Gebäck vom Schümannhof aus Brand-Hörnerkirchen und die Naturkosmetik unter anderem von der Rheinländischen Kräutermagie. Und es gibt auch noch Keramik aus Horst. Doch damit nicht genug: „Wir wollen auch Veranstaltungen und Projekte anbieten, wie etwa Weinverkostungen, Kochworkshops oder Vorträge rund um einen nachhaltigen Lebensstil“, sagt Barbara Slomka.
Das Investitionsvolumen liegt bei etwa 90.000 Euro, inklusive Mobiliar und der Waren, die jetzt in den Regalen stehen. 25.000 Euro Stammkapital haben die fünf zur Gründung der GmbH aus ihren privaten Vermögen beigesteuert. Ein bei den Unverpackt Läden bewährtes Prinzip ist das Crowdfunding. Durch 255 Unterstützer kamen dann 16.000 Euro zusammen, und es kamen auch noch einige private Darlehensgeber hinzu. Das hat den Schub gegeben, einen Businessplan zu entwickeln, um damit dann weitere Gelder bei der Bank zu erhalten, erklärt Slomka.
2014 ging das erste deutsche Geschäft mit ausschließlich losen Waren in Kiel an den Start. Seit 2016 schwappt eine ganze Welle an Unverpacktläden über Deutschland. Dem Berufsverband der Unverpackt-Läden zufolge gibt es 380 Geschäfte, die lose Ware verkaufen, meist in Großstädten. Und weitere 266 Läden seien aktuell in der Planung, so auch in Pinneberg und Quickborn.